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Thema des Tages
Jules Massenets 'Werther'
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am 16. Februar 1892 in Wien uraufgeführt
Auf dem Weg von Bayreuth kam er 1885 durch Wetzlar.
Die Stadt nahm ihn ein, der 'Werther' lag noch nicht einmal 100 Jahre
zurück - spürbar die Atmosphäre die Goethes Briefroman hinterlassen
hatte, zumal er auch das Haus besichtigte, in dem der 'Werther'
entstanden war.
Beeindruckt von der Liebesgeschichte sah er die Situation in deutlichen
Bildern vor sich, schloss die Komposition schon im Frühsommer 1887 ab.
Sein Angebot an die Pariser Opéra Comique wurde von der Intendanz
zurückgewiesen, man hatte eine neue 'Manon' erwartet, die ja gerade 1884
herausgekommen war.
Das Stück blieb liegen, bis die Wiener Hofoper sich für den 'Werther'
interessierte und ihn 1892 in den Spielplan nahm.
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Massenet entwickelte für jedes seiner Musikwerke eine spezielle
Musiksprache - von der 'Manon' über die klassische Tragödie des 'Cid'
zum das Musical vorausahnenden 'Don Quichotte' bis hin zur Märchenoper 'Cendrillon'.
Was Richard Wagner abgelehnt hatte, nämlich das von Adolphe Sax
erfundene und 1846 patentierte Saxophon für seine Kompositionen zu
benutzen, war für Massenet eine Möglichkeit, eine besondere Farbe in
seine Musik zu bringen.
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Es dauerte lange, bis deutsche Bühnen sich der Oper in größerem Rahmen
annahmen. War es die Scheu vor dem Werk, das man verkleinert sah, da man
es mit Musik umgab. Auf die Idee die angebliche Schärfe zu nehmen und
wie bei Goethes 'Faust' auf 'Margarethe' in 'Charlotte' umzubenennen,
kam man nicht.
Es war das Wenige an Handlung, das abschreckte und die Ressentiments,
einem Sprechstück Musik zu unterlegen.
Dass kein deutscher Tondichter auf die Idee kam, den 'Werther'-Stoff zu
verwenden, mag auch hier mit der Pietät gegenüber dem großen
Erstlingswerk des Genies Goethe zusammenhängen.
Romanische Komponisten hatten weniger Probleme, Verdi nahm 'Die Räuber',
'Don Karlos' als Vorlage, 'Kabale' als 'Luisa Miller' - Rossini meinte,
am 'Tell' nicht vorbeikommen zu können.
1892 folgte zwar in der Reihe der den 'Werther' aufführenden Theater
schon Weimar, aber erst 1907 sah man ihn in Berlin.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll
bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes
oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz,
in Anspruch.
Dieter Hansing
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