.... am 18. März
1813 geboren
Er engagierte sich sozial und politisch. Er begrüßte die
Märzrevolution von 1848, nahm aber wie der im gleichen Jahr -
1813 -
geborene Richard Wagner eine grundsätzlich loyale Haltung zur
Regierungsform der Monarchie ein.
1849 kandidierte er erfolglos für die Frankfurter
Nationalversammlung. Radikalen demokratischen
Forderungen stand er immer skeptisch gegenüber.
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In seinen Werken schilderte er oft tragische, schicksalhafte
Verkettungen von Ereignissen und machte die sozialen Probleme
seiner Zeit zum Thema, schrieb aber auch 'Agnes Bernauer', 'Gyges
und sein Ring' sowie 'Die Nibelungen'.
Mit scharfen Worten wandte er sich gegen die Dichtung seines
Zeitgenossen Adalbert Stifter, die er als leere Idylle empfand.
Kontroversen ging der als aufbrausend geltende Hebbel selten aus
dem Weg.
Als der von ihm oftmals kritisierte Heinrich Laube Direktor des
Wiener Burgtheaters wurde, hatte seine Frau Christine darunter
zu leiden; sie bekam, wenn überhaupt, nur noch kleine Rollen.
Auch zu den österreichischen Theatergrößen wie Franz Grillparzer
fand Hebbel keinen Zugang.
Zu Schillers 'Kabale' notierte er am 14. März 1847 in seinem
Tagebuch, er sei überrascht gewesen 'von der grenzenlosen
Nichtigkeit dieses Stücks'.
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Goebbels sah - in seinen Aufzeichnungen von 1924 - in Hebbel
einen Teil der von ihm ausgestellten Gruppierung:
Goethe, Schiller, Hebbel wie bei den Musikern Mozart, Beethoven,
Wagner sei bei den beiden jeweils Erstgenannten 'das naive und
sentimentale Grundelement noch in höchster Kristallisierung
vorhanden'.
Hebbel und Wagner ragten nach Meinung des
Reichspropagandaministers in die Zivilisationsepoche hinein, die
damalige Generation habe noch um dauernde Lebensformen wie zu
ihrer Zeit Wagner und Hebbel wie auch Hauptmann gekämpft.
Er sah Beethoven, Schiller, Wagner, Hebbel beispielhaft als
Größen der Zeiten - Goethe dagegen sei kein Vorbild, da völlig
einmalig gewesen.
Hebbels größter Erfolg war das 1843 entstandene Drama 'Maria
Magdalena'.
Es richtet sich gegen bürgerliche Vorurteile, das häufig
verzweifelte Streiten weiblicher Hauptfiguren im
Geschlechterkampf.
Bemerkungen_zur_Einfuehrung_'Maria_Magdalena'_Theater_Regensburg.htm
Bemerkungen_zu_'Maria_Magdalena'_Theater_Regensburg.htm
Am 9. Mai 1848 notierte
Hebbel in seinem Tagebuch für den Vortag:
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Gestern Abend
brachte das K.K. Hofburg-Theater meine 'Maria
Magdalena', unverkürzt und unverändert. Das Stück
war eine Bildungsprobe für das Wiener Publikum, es
fand aber den ungeteiltesten Beifall und machte auch
nicht in dem unbedenklichsten seiner Momente die
Prüderie rege. Der Grund ist einfach darin zu
suchen, dass das Stück ein darstellendes ist, dass
es nicht, wie dies z.B. in Laubes sonst sehr
verdienstlichen 'Karlsschülern' geschieht, ein durch
den Witz zusammengesetztes Mosaikbild gibt, dass es
zeigt, was aus- und durcheinander folgt, nicht, was
sich nach- und nebeneinander ereignet. Denn kein
Mensch ist so blöde, dass er sich gegen die
Notwendigkeit auflehnte; da das Wesen der
Darstellung nun aber eben in der Veranschaulichung
der Notwendigkeit besteht, so ist sie des Erfolges
sicher, was den Hauptpunkt betrifft, und es handelt
sich nur noch darum , o die Anerkennung, die ihr
nicht versagt werden kann, in der Form der Liebe
oder des bloßen Respekts hervortritt. In meinem Fall
waren Respekt und Liebe gemischt.
[...]
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Hebbel war herausragender Dramatiker des deutschen
Realismus. In seinen Werken entspringt die Schuld nicht
mehr dem Guten und Bösen, nicht mehr den
Standesunterschieden - wie in Schillers 'Kabale und
Liebe' oder Lessings 'Emilia Galotti' - sondern hat
ihren Ursprung in der bürgerlichen Gesellschaft selbst.
Sein soziales Drama 'Maria Magdalena' übt Kritik an den
Verhältnissen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Das Leben nach den damaligen Vorstellungen und den
Zwängen der Zeit, in einigermaßen geordneten Bahnen
ablaufen zu lassen, den Schein zu wahren, musste den
Menschen genügen. Alles, was außen vor war, ergab
zwangsläufig die Erkenntnis 'ich verstehe die Welt nicht
mehr.'
Das BE hatte dieses Werk in seinem 'Pavillon' im
Spielpan.
Announcement 'Berliner Ensemble'
Zitat
MARIA MAGDALENA von Friedrich Hebbel
Ein bürgerliches Trauerspiel
Mit: Roman Kaminski (Meister Anton, ein Tischlermeister), Claudia
Burckhardt (Seine Frau), Larissa Fuchs (Klara, seine Tochter), Marko
Schmidt (Karl, sein Sohn), Andy Klinger (Leonhard), Felix Tittel (Ein
Sekretär), Stephan Schäfer (Adam, Ein Gerichtsdiener), Detlef Lutz
(Wolfram, ein Kaufmann)
Inszenierung: Nicole Felden
Bühne: Katrin Kersten
Kostüme: Julia Schweizer
Musik: Valentin Butt
Dramaturgie: Dietmar Böck
Dauer: 1h 50 Minuten (ohne Pause)
Roman Kaminksi, Detlef Lutz, Larissa Fuchs, Felix Tittel
Claudia Burckhardt, Roman Kaminski, Larissa Fuchs
Die Frau des Tischlermeisters Anton stirbt, als ihr Sohn Karl fälschlich
des Diebstahls verdächtigt und ins Gefängnis geworfen wird. Der Sohn war
der Familie durch das Misstrauen des Vaters längst entfremdet, nun sagt
sich sein Vater von dem „Dieb“ und „Muttermörder“ endgültig los. Ihm
bleibt jetzt nur seine Tochter Klara, die er auf seine halsstarrige
Wohlanständigkeit einschwört. Klaras Verlobter Leonhard nutzt den
Familien-Skandal, um die wenig lukrative Heirat abzusagen. Doch Klara
ist bereits schwanger und ihr Vater droht mit Selbstmord, wenn auch sie
der Familie Schande macht. Die Heimkehr ihrer alten Jugendliebe läßt
Klara wieder hoffen... Mit seinem 1843 entstandenen Stück tritt Hebbel
den Beweis an, daß „auch im eingeschränktesten Kreis eine
zerschmetternde Tragik möglich ist“. Hebbel schildert eine erdrückend
enge Atmosphäre, in der die Angst vor Schande und gesellschaftlichem
Abstieg ihre Opfer fordert.
Zitatende
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Der Raum des Pavillons am BE nicht viel größer 10 x 5
Meter - im Bühnenjahrbuch sind leider keine Abmessungen
veröffentlicht - mit je zwei Podien an der Längsseite
und je zwei an den Querseiten. Auf den stark überhöhten
Stufen Stühle für das Publikum an der einen Längsseite
und den beiden Querseiten - die andere Längsseite,
ebenfalls mit Stühlen bestückt - dient dem Ensemble als
Spielfläche - ein Verhandlungsraum, in dem 'Gericht'
gehalten wird.
Das Stück, auf eine Stunde und fünfzig Minuten
zusammengestrichen, verliert dadurch die notwendige
Breite, um den Gang der Handlung dem unwissenden
Publikum darstellen zu können, es lacht an Stellen, die,
aus dem Gesamt-Zusammenhang gerissen, offensichtlich
nicht deutlich genug 'rüber' gebracht werden können. Es
findet ein mehr oder weniger permanentes 'dämliches'
Gekicher im Publikum statt, was dokumentiert:
'Keine Ahnung!'
Dass hier eigentlich die Situation um 1840 dargestellt
werden soll, kann so nicht funktionieren, wenn Sohn Karl
- kraftvoller Charakterdarsteller in modischer
Motorrad-Lederjacke und dunklen Jeans - sich mit einem
normalen Feuerzeug eine Zigarette anzünden will, der
neue Kassierer Leonhard - ein smartes - rollengemäß auf
seinen Vorteil bedachtes - 'Bürscherl' (die Frisur:
seitlich zwei Finger breit über den Ohren gekapptes
Haar, oben ein üppiger Lockenkopf), der auf einer
elektrischen Rechenmaschine seine Kolonnen runteraddiert
und auf dem Kontrollstreifen nachsieht, wie viel Steuern
Meister Anton wohl zu zahlen hat - eigentlich müsste er
das im Kopf haben, meint er selber.
Wieder einmal krampfiges ins Heute Gezerre.
Die Mutter typengerecht eine in die Jahre gekommene
Sentimentale, Meister Anton durchgängig ruppig,
dominanter Väterspieler, so deutlich, dass man ihm das
Schlusswort, er verstünde die Welt nicht mehr, kaum
abnehmen kann.
Der jugendliche Liebhaber als 'Secretair' Friedrich,
Kaufmann Wolfram und Gerichtsdiener Adam - Nebenrollen
entsprechend aus dem Ensemble besetzt.
Die Trägerin der Titelrolle - keine Verhuschte, der
Schrift nicht fähige Tochter aus der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts, sondern eine normale Heutige, der mal
gegen die Vernunft die Hormone durchgingen und sich mit
dem 'Striezi' Leonhard einließ, mit den Folgen:
'so was kommt von so was'.
Klaras 'heirate mich' war 1845 sicherlich in Verbindung
mit einem Kniefall vor dem Verführer nachvollziehbar -
heute gibt es Babyklappen, allein Erziehende,
Adoptionsmöglichkeiten - der Staat ist glücklich über
jedes Kind.
Aber mitten im 19. Jahrhundert?
Das ganze Problem einer außerehelichen Schwangerschaft,
der Schwur auf die Hand der toten Mutter, dem Vater
'keine Schande' zu machen, Klaras zwanghaftes Haften an
der von ihr so gesehenen Notwendigkeit einer
Eheschließung, der Selbstmord, weil die Verheiratung vor
der Geburt es ungewollten Kindes nicht zustande kommt,
in Form eines Sprungs in den Dorfbrunnen - passt nicht
zum Feuerzeug, nicht zur elektrischen Rechenmaschine.
Warum also auch an 'Peymanns bunter Bühne' das Negieren
des Bildungsauftrages zu Lasten des Steuerzahlers - hier
die Darstellung der Situation der Frau im 19.
Jahrhundert, umgeben vom Klein-Klein der Familie und der
Gesellschaft?
Hat er das nötig?
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