Bildungsmisere        
       
 
 

 


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zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Kulturkampf

 


   ... 23. Mai 1887

Bismarck sah den Börsenkrach von 1873 vor sich, der den bis dahin deutlichen Aufschwung der Wirtschaft plötzlich unterbrach.
Aktienkurse verfielen, Firmen gingen in Konkurs.
Der Glaube an das freie Spiel der Kräfte war deutlich erschüttert.
Hinzu kam das Aufflammen einer neuen Form des Antisemitismus, gebunden an die Spekulationen der Juden an den Börsen.

Hier meinte Bismarck den einen Feind im Land zu erkennen, dem er die Katholiken als zweite Gefahr hinzugesellte. Beides Minderheiten in einem protestantischen Preußen.

Die Ressentiments gegen Juden und deren Aktivitäten hinderten Bismarck nicht, Gerson Bleichröder mit der Verwaltung seines Vermögens betraut zu halten.

Die Situation ähnelte der in Bayreuth von 1882 als Wager, der den Juden grundsätzlich kritisch gegenüber stand, dann aber doch Hermann Levi, dem Sohn eines Rabbiners, die Leitung der Uraufführung des 'Parsifal' übertrug.

Die vor der Reichsgründung ins Leben gerufene Zentrumspartei war als katholisch geprägter Agitationszirkel für Bismarck insofern gefährlich, als Mitglieder und Wähler aus allen Schichten der Bevölkerung stammten.
Es standen sich hier also wieder einmal Katholiken und Protestanten gegenüber.

Die katholisch geprägten Länder Polen, Österreich und Frankreich sowie die bayerischen Partikularisten waren nach seiner Meinung 'Reichsfeinde' des preußisch-protestantischen Kaisertums, die nach Meinung des Reichskanzlers eine Bekämpfung der nationalen Einheit zum Ziel hatten.

Rudolph Virchow benutzte den Begriff 'Kulturkampf' anlässlich einer Rede im Abgeordnetenhaus, er meinte damit die Schikanen, von Bismarck in die Wege geleitet, das Vordringen der Katholiken im Regierungsapparat und Institutionen des Staates und der Gesellschaft zu beschränken und zu verhindern.

Zog sich diese Auseinandersetzung auch über lange Zeit hin und führte zu Einschränkungen deren Möglichkeiten, so musste die katholische Kirche, vertreten durch Papst Leo XIII., die Bismarckschen Vorgaben bestätigen, dass der Staat für das Schließen von Ehen zuständig ist, dass Priester sich in politischen Angelegenheiten neutral zu verhalten haben und dass die Schulaufsicht nicht der Kirche zukommt.

Die später langsam aufgehobenen antikatholischen Gesetze brachten doch keine Verbesserung des Klimas, die Stimmung zwischen Katholiken und preußischem Staat blieb noch lange belastet.

 

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Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

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Dieter Hansing