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Vertikalzelle: teleZeitung-archiv
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Inhaltsverzeichnis
Der
unaufhaltsame Aufstieg des Alois Seidlmeier
Der
Parsberger-Jedermannn
Dabei gewesen: Alica Keys
Im Theater
"Der Tölpel
ist gefährlich"
"Immer
an der Wand lang"
'Richard,
Richard über alles'
"Meine
Tochter hat recht getan"
'Banditen in
Regensburg'
"Wir sind eine
muntere Gesellschaft ..."
"..neue
Katastrophen..."
Die Präsidentinnen
'Die Hölle, das Idyll'
".... der das Weinen nicht gelernt."
Der
Spielplan 2004 - 2005
"Für Geld tu' ich gar
manches"
BRITNEY bei TOP OF THE
POPS
"Ha, des Jammers Maß
ist voll"
"Da ekelte mich der
holde Sang"
"... und treiben
mit Entsetzen Scherz"
Allmächt' na, su a G'werch
!
"Una voce poco fa"
Kultur ist Hefe im Teig
Scharfe Kritik am geplanten Kulturabbau bei ARD und ZDF
Orchestermusiker oft durch Lautstärke geschädigt
Anklage gegen
'Dorfrichter Adam'
Verbotene Liebe
Zu Roß! Daß ich dich rette!
Ioan Holender bleibt Direktor der Wiener Staatsoper bis 2010
Luk Perceval wird Hausregisseur an Berliner Schaubühne
Staatstheater Nürnberg startet mit drei Premieren
"[...] der eine schläft, der andre wacht [...]"
La
Traviata an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover
Debatte über ein
NS-Drama in Erlangen
Verliert die Deutsche Staatsoper unter den Linden Barenboim
"Ich
kenne Eure Macht .... Ihr kennt die meine nicht"
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Der unaufhaltsame Aufstieg des Alois Seidlmeier |
25.07.04 |
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Ist er das, der neue
Generalmusikdirektor am Theater Regensburg ?
Von wegen ein alter Kracher - nein, er ist ganz jung - 35
erst und er dirigierte schon 'La Traviata', 'Das schlaue
Füchslein', 'Der Graf von Luxemburg', 'Der
Liebestrank', 'Madame Butterfly' und die Galakonzerte zum
175jährigen Jubiläum des Coburger Theaters.
Mit 10 Jahren wurde Alois Seidlmeier Sängerknabe bei den
Regensburger Domspatzen. Durch eine umfangreiche Ausbildung
u. a. in Klavier, Gesang, Posaune und Orgel wurde er hier
gefördert, wobei der in Landsberg am Lech Geborene seinen
ersten Klavierunterricht schon im Alter von 5 Jahren
erhielt.
Nach einem Kirchenmusikstudium in Regensburg wechselte er an
die Hochschule für Musik Würzburg und studierte dort Gesang
und Dirigieren.
1997 begann er in Würzburg als Ballettrepetitor, dann war er
1998 Ballett- und Solorepetitor auch in Würzburg, 1999 dann
dort Solorepetitor - der Mann kann also Klavier spielen,
kann mit Sängern atmen, kennt die Klippen der Partien, ein
richtiger deutscher Kapellmeister also.
2000 war er bereits Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung
in Würzburg, 2001 dort 1. Kapellmeister. Seit 2002 1.
Kapellmeister in Coburg. Seit 2003 ist er Musikalischer
Oberleiter in Coburg.
Damit hat Alois Seidlmeier ja wohl die Regensburger Weihen:
Er ist gebürtiger Bayer, war Regensburger Domspatz und
studierte an der Regensburger Kirchenmusikschule.
Das dürfte doch wohl auch alles dem Oberbürgermeister
gefallen und
diese Vita einer Ernennung zum GMD nicht im Wege stehen.
Wenn er jetzt noch am 24.09.04 den 'Fidelio', die erste
Produktion der Spielzeit 2004/2005 in Regensburg gut
meistert, dann kann er diese Partitur guten Gewissens am
29.10.04 in Coburg nachdirigieren.
Ob es ihm aber gelingt, der Stadt Regensburg Geld für die
Verstärkung
des Orchesters 'aus den Rippen zu leiern', bleibt abzuwarten.
Immerhin ist an der finanziellen Unterversorgung des
Regensburger Orchesters GMD Guido-Johannes Rumstadt nach
eigenem Bekunden gescheitert.
Alois Seidlmeier wird aber erstmal GMD in Regensburg werden
wollen und zunächst einigen Abstrichen zustimmen, er ist ja
doch auch schon wieder auf dem Sprung. Ein paar Jahre
Erfahrung sammeln hier in der Stadt und dann wird der
unaufhaltsame Aufstieg des Alois Seidlmeier anderswo
weitergehen. Spätestes in fünf Jahren muss er wieder
gewechselt haben.
(dh) |
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Burgspiele Parsberg
23.7.04 |
Der Parsberger Jedermann |
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In der Oberpfalz lebt ein Mann, ganz
erfolgreich, auch in Geldgeschäften, ein Bänker wohl.
Freinderln hat er manche und a Gpusi aus der Stod. Das hält
ihn auf Trab und so geht alles auf die Dauer über seine
physischen Verhältnisse. Es kommt wie es kommen muss, durch
die Buhlschaft nur Bewegung in einer bestimmten Richtung, zu
gutes Essen und Trinken - Herzinfarkt ist das Ergebnis.
S’Mutterl kommt und mahnt den Woilden, an die Ewigkeit zu
denken, aber der schlägt alle Warnungen in den Wind, feiert.
Dann geht’s halt nimmer weiter und kein Irdischer begleitet
ihn auf dem letzten Weg.
Das Stück bekommt durch das Parsberger Gemeide-Ensemble eine
besondere Note, denn die Bewohner begleiten mit ihrer
eigenen Oberpfälzer Sprache den Jeder-Mann bei seinem Leben
und Sterben.
Es ist wie im richtigen Leben, nicht irgendein Fest-Spiel
mit angereisten Stars, sondern der Zuschauer sieht eine
Darstellung einer alltäglichen Möglichkeit, die sich überall
abspielt.
Wozu Staffage mit fürstlichen Statisten, wozu Namen, die
nichts bringen, wozu Ellen Schwiers, wozu Senta Berger, wozu
Veronica Ferres – ist eine Schüdel als Buhlschaft am Haus.
Und was wird die ohne Premierensorge und dräuenden Regen im
Laufe der Vorstellungen für ein Superweib noch werden.
Wie sie da gleich - durch die geschickte
Dramaturgie – an den Anfang gestellt, prall im Liegestuhl
sich räkelt, Journale liest, Sekt schlürft. Dann beim
stückgerechten Auftritt: sie ist der Vamp par excellence.
Kein Jedermann, der nicht auf die reinfällt. Beine von unten
bis nach
oben ins Uferlose. Busen, was ist der von der Christine
Neubauer schon.
Und wie sie abgeht: der Schrei. Manch Sopran wäre froh, er
könnte den
als hohes 'h' verkaufen.
Die Frau gehört auf die Bühne. Es ist jedem Intendanten – an
erster Stelle - Ernö Weil in Regensburg - nur anzuraten,
Angelika Schüdel zumindest als Gast zu verpflichten.
'Der nackte Wahnsinn' – die Belinda, 'Out of Order' - die
Krankenschwester oder die Frau des Ministers oder in Feydeau–Stücken
– sie käme glänzend zur Geltung. Und sie zöge die
Bevölkerung ins Regensburger Theater.
Und sonst ist 'die Schüdel' auf 'Reportage' für den BR, lebt
von den über
die GEZ eingesammelten Gebühren und in Podiumsdiskussionen
schlägt sie liebend gern eine Bresche für 'Die
Präsidentinnen' von Werner Schwab.
Mathias Ferstl, der betuchte Jedermann aus der Gemeinde. Ein
smarter Typ – wie sie heute so sind – schon mit 30 an der
Börse, begleitet von seinem guten Gesell Roland Lehner.
Anrührend der Schuldknecht Hans Lang, mit seiner Frau Jutta
und den Kindern Lily und Robin Dobner, der seinen Kredit
nicht zurückzahlen kann, der arme Nachbar Franz Sellner, dem
die kleine Münze nicht reicht, Hausvogt Michael Palmer, der
Koch Günter Pflüger, der so gerne Reste von vorhergehenden
Malzeiten verwerten würde, der dicke Vetter Karl-Ernst
Dobner, der dünne Vetter Alfred Weigl, der Mammon Mathias
Zajgier – von der Regie gleich an den Anfang der Vorstellung
mit auf die Bühne gebracht und ohne den oft sehr
prätentiösen Auftritt mit Schatztruhe, auch kein teigig
mopserter Glatzkopf, sondern ein glattes Zigrettenbürscherl.
Und dann: selbstgefällig der Teufel Hans Wiesmüller (einem
Fleisch-Klops-Ketten-Betreiber (sieben Mal in Regensburg),
der sich so häufig im
Regional Fernsehen bei Werbespots selbst inszeniert, dass er
in der Bevölkerung schon den Spitznamen 'Staatsschauspieler'
trägt) nicht unähnlich sehend.
Sanft, Jedermanns Mutter Anni Pöller, die guten Werke Tanja
Walter und der Glaube Susanne Freitag - als allegorische
Figuren nicht wie in alter Art erst spät aufs Stichwort
auftretend, sondern von vornherein durch die Regie in den
Ablauf eingebunden.
Alle im Ensemble im Spiel völlig selbstverständlich und
natürlich, auch
ohne falsches Pathos und ohne laienhaftes Gehake und
Gestottere. Mal verspricht sich einer, aber welcher
Parsberger plappert nicht mal Ungereimtes.
Routiniert durch 'seine tägliche Arbeit' der Tod Manfred
Janikulla. Hart und unerbittlich, in der Sprache markant,
kraftvoll, beeindruckend auch nach 10 Jahren, da er die
Rolle verkörperte. Das schwarze Gewand, der Zylinder – der
Totengräber aller, immer und überall.
Als Regisseur gelingt Janikulla durch Toneinspielungen eine
spannende und mit Bildeinblendungen von Ackermann, Esser,
9/11, Bagdad im Kugelhagel eine sehr heutige Darstellung des
alten Hofmannsthal-Stückes, konsequente und logische
Personenführung, ohne aufzusetzen und nicht den Fehler
vieler jetziger Regisseure machend, sich selbst zu
inszenieren und nicht dem Stück zu dienen.
Eine solche Pleite wie mit der Rössl-Inszenierung in
Regensburg wäre ihm sicher nicht passiert. Warum holt Ernö
Weil nicht Manfred Janikulla
als Regisseur an das Theater
Regensburg? Hier wäre der durch sein Wissen und Können ein
Zugpferd für das Ensemble – erinnert sei an die quälende
Arbeit und das unbefriedigende Ergebnis der 'Schweig Bub' –
Produktion.
Und darüber hinaus bringt er – als einer der ihren - die
Bevölkerung ins Theater.
Aber das wird - wie im Falle Angelika Schüdel - wohl wegen
Snobismus nicht realisiert. Es könnte ja einer mehr Erfolg
haben als so mancher hergelaufene Regisseur, dem der
Intendant oder der Oberspielleiter was versprochen haben.
Jedermann in Parsberg. Ein spannender Abend mit Blitz und
Donner am nachtschwarzen Himmel. Ein paar Tropfen fielen,
aber der befürchtete Platzregen blieb aus.
Eine sehenswerte und ehrliche Produktion der Bevölkerung von
Parsberg.
(dh)
www.burgspiele-parsberg.de
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Dabei gewesen: |
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Museumsplatz BONN
02. 07. 2004 |
ALICIA
KEYS |
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Einen
gelungenen und teilweise überraschenden Auftritt im Rahmen
ihrer EuropaTournee bot die "Princess of New York" zum
zweiten Mal innerhalb kürzerer Zeit ihren deutschen Fans und
schlug das Tagebuch ("Diary") zu ihrer gleichnamigen CD auf
Auf die Open-Air-Bühne kam sie mit dem obligatorischen Hut,
ihrem tief in das Gesicht gezogenen Markenzeichen, auf die
Bühne und sang "My Diary". Nachdem Alicia (sprich: Alyschah)
etwa eineinhalb Stunden auf sich warten lies. Eben so, wie
es sich (leider) für eine heutige Pop-Größe gehört!
Die 6000 Besucher aller Altersgruppen - ein jeder bezahlte
den absolut stolzen Eintrittspreis von € 45,70 (!) -
entdeckten ganz neue Varianten der New Yorkerin. die bisher
durch ihre Bescheidenheit und natürlich ihre künstlerische
Ader auffiel.
Als sie 2001/2002 die Popszene eroberte, ja zum Musik-Olymp
aufstieg, und in Sachen Awards (5 Grammys, World Music Award)
kräftig abräumte, war sie etwas Besonderes: Eine damals
20jährige, die bereits mit 14 Jahren eigene Titel
komponierte und sogar am Piano selbst vorträgt. Wann hatte
es das schon einmal gegeben? Und ihre Vielseitigkeit
besticht. Sie gibt sich als Pianistin, als Dirigentin von
Beethovens Neunter (!) als Hommage an das Bonner Publikum
und nicht zuletzt als Conferenciere Also eine echte
Ausnahmekünstlerin. Und man nimmt ihr alle diese Rollen ab!
Schön, wie Alicia das Publikum mit einbezog. Dafür hat sie
ein Händchen, ohne dabei übertrieben und aufgezogen zu
wirken. Zum Beispiel, als sie dem Publikum das Lied "If I
ain't got you" widmet. Ihre einnehmende Natürlichkeit blitzt
förmlich aus ihren Augen, wenn sie sich dem Publikum
zuwendet. Und wer kann ihrem coolen, manchmal
subtil-anrüchigen und doch zugleich offenem Charme
widerstehen?
Ja, der Blues hat es ihr angetan. Viele Songs kommen so
rüber, dass man meinte, sie führt eine Jam Session auf und
improvisiert von Augenblick zu Augenblick. Auch eine
Reggae-Einlage gab sie zum Besten ("Need some spirituality!").
Natürlich durfte ihr erster Welterfolg "Fallin"' nicht
fehlen.
Der Höhepunkt war mit Sicherheit ihre Performance auf (!)
dem Piano."We need some red lights" sagt sie und klettert
galant auf das schwarze Instrument, um sich, dort angelangt,
auf den Rücken zu legen. Alicia singt mit
ihrer tiefen, angenehmen Stimme: "Slow it down, take it
easy, take your time. Slow it down, baby.
Don't rush tonight!" - Und dann... spielt sie das
Piano von oben liegend, auf dem Ellenbogen abgestützt, so
dass es einem doch einigermaßen die Sprache verschlug!.
Unter dem Beifall aller gab sie "You don't know my name" als
Zugabe. Also diejenige Live-Version des Musikvideos, in dem
sie eine Imbiss-Bedienung spielt und später mit einem
Besucher per Handy anbandelt. Hier kommt die Freude zum
Vorschein, die sie erlebt, als sie die nun imaginäre
Situation auf der Bühne nachspielt. Es wird offensichtlich,
dass ein Konzert mit ihr in erster Linie nur Spaß machen
soll, wie sie einmal selbst beteuerte.
Manchmal fehlten jedoch einige lockere Songs, um in dem
melancholischbluesträchtigen Konzert deutlichere Akzente zu
setzen. Es gab Phasen, da "schaltete" man ab und wartete
darauf, dass auf der Bühne endlich wieder etwas passiert.
Nach dem "offiziellen" Teil tobte aber das Publikum so sehr,
dass sich die Künstlerin erneut auf die Bühne begab und
allen klar machte, dass sie. die selbstbewusste Alicia, noch
etwas zu sagen hatte. In der Zugabe "That World" besang die
die Hoffnung. dass unsere Welt einmal frei von Zwängen und
Schranken aller Art sein sollte ("We don't need no troubles!").
Als Fazit bleibt: Wenn Alicia ihr Talent und ihre so
angenehm zurückhaltende Prominenz weiter pflegt. wird man
neugierig bleiben auf das, was sie uns in der Zukunft auf
ihre ganz spezielle Art und Weise noch so alles mitzuteilen
hat. Und vor allem wie. "' OH |
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Im Theater |
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Theater Regensburg
30.06.04 |
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Da saßen
Herrschaften – zwei Damen und ein Herr - wohl gewandet in
der Proszeniumsloge links. Aufrecht sitzend und konzentriert folgten Sie dem
Brecht’schen Spiel 'Im Dickicht der Städte'.
Auf der rechten
Seite in der rechten Prozeniumsloge lümmelten die
Chefdramaturgin Friederike Bernau und der Oberspielleiter
Schauspiel Michael Bleiziffer. Die Arme auf der Brüstung
ausgebreitet, den Kopf auf
die Arme gelegt. Gelegentlich sah
man aus
dem Parkett das jeansbehoste Knie des Oberspielleiters sich
über die Brüstung erheben. Ein deutliches Zeichen der 'Führungsriege' vom Theater Regensburg. In
'bester' Erinnerung ist ja das Auftreten der Friederike
Bernau bei der konzertanten Hugenottenaufführung, die dem
scheidenden GMD Guido Johannes Rumstadt die Möglichkeit zum
Üben gab, um das Stück dann in Frankfurt wohl präpariert
nachzudirigieren.
Schon am 29.6.04 waren Darsteller vom Theater Erlangen im 'Macbeth'
den Regensburger Theaterbesuchern
vorgestellt worden.
War Denis Larisch am 29.6.04 u.a. 'Banquo',
war er heute 'George Garga'; wie auch gestern Winni Wittkopp
u.a. Duncan und
heute 'John Garga' war.
Gestern 'Macbeth' als sehenswertes
Puppenspiel und heute 'Im Dickicht der Städte' als 'normales
Schauspiel'. Beide wie die anderen DarstellerInnen intensiv und
damit überzeugend in der Gestaltung ihrer Rollen. Der
Einheitsraum der 'Dickicht-Bühne', die wechselnden Szenen
nur durch positionierte Stühle abgegrenzt. Brecht mit nichts.
Allerdings verschleißt sich der Raum im Laufe eines
111-minütigen Abends, während beim 'Macbeth' die Puppenbühne
den Blick auf das Wichtige lenkt und dadurch die
Aufmerksamkeit nicht zerfließt.
Die
beiden 'Führungskräfte' Friederike Bernau und Michael
Bleiziffer
mussten ja wohl oder übel feststellen, dass vom Theater
Erlangen zu den Theatertagen an der Donau Inszenierungen
entsandt wurden, die vom Regensburger Theater zur Zeit so nicht geboten werden können.
(dh)
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Pietro
Mascagni
Cavalleria Rusticana
Ruggiero Leoncavallo
Der Bajazzo |
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Theater
Regensburg
13.06.04 |
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"Der Tölpel ist
gefährlich" |
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Wahres
Leben, Verismo, wollte das Publikum am Ende des 19.
Jahrhundes auf der Bühne sehen. Die Schnörkel der Opera
seria, der Opera buffa Donizettis, Rossinis, Bellinis aus
dem Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts waren
abgespielt. Auch die große Oper à la Meyerbeer, Berlioz und
auch das Mystische, Dunkle, Um-Erlösung-Ringende in den
Musikdramen Richard Wagners war gerade den Italienern zu
viel. Verdi
war ihr Komponist, aber auch er mit seiner Welt der Helden
Othello, Manrico, Alfredo, Riccardo war nicht mehr
jedermanns Geschmack.
Ruggiero Leoncavallo und Pietro Mascagni stießen so in eine
Lücke, gemäß den Worten im Prolog zum Bajazzo "Heut schöpfet
der Dichter kühn aus dem wirklichen Leben schaurige
Wahrheit". Beide setzten auf das Leben der Straße, die
schonungslose, wahrheitsgetreue Darstellung der Wirklichkeit
und um das Exemplarische deutlich zu machen, wählten sie -
wie später auch Puccini in ’Der Mantel’ - möglichst krasse
Fälle.
Der junge Bauer, der die Tänzerin vom Zirkus liebt und
mitsamt dem
jungen Lover vom eifersüchtigen alternden Ehemann umgebracht
wird
oder der aus dem Militärdienst zurückgekehrte junge Soldat,
der nach der jungen Frau des Fuhrunternehmers giert, aber
ein Verhältnis mit einer jungen Bäuerin hatte, was nicht
ohne Folgen blieb.
Der Erfolg der Cavalleria 1890 in Rom führte zu einer Welle
von Nachahmungen. Die Darstellung von Liebe, Verführung,
Rache, Mord und Totschlag, eingeflochtene Ständchen und
symphonische Zwischenspiele mit einer Spielzeit von 1,5
Stunden brachte 1893 einen Wettbewerb auch in Deutschland
unter der Schirmherrschaft von Ernst August von
Sachsen-Coburg zustande. Sieger waren der Komponist Josef
Forster mit seiner ’Rose von Pontevedra’ und der
zweitplazierte Paul Umlauft mit
seiner ’Evanthia’ – beide in Gera 1893 uraufgeführt.
Angespornt von Pietro Mascagnis Erfolg bei dem 1890 vom
Verleger Sonzogno veranstalteten Wettbewerb schrieb Ruggiero
Leoncavallo
seinen ’Bajazzo’, im Gegensatz zur Cavalleria, die als
Einakter gefordert war, als zweiteiliges Stück. Auch hier
ein Intermezzo, auch hier ein Gesangsstück eingebettet in
das Vorspiel. Auch der Bajazzo wird zum Welterfolg.
Beide Komponisten litten unter diesen Erfolgen, sie konnten
daran mit
ihren übrigen Werken nicht anknüpfen. Leoncavallo schrieb im
Auftrag von Kaiser Wilhelm II. eine Oper zur Ehre des Hauses
Hohenzollern: 'Der Roland von Berlin'. "Das schöne Werk
konnte sich leider nicht in unserem Spielplan behaupten"
schrieb die Berliner Hofoper nach der Uraufführung 1904 an
den Komponisten.
Während die Cavalleria als durchgängige Oper in einem
Ambiente der sizilianischen Landschaft bleibt, fügte
Leoncavallo in seinem Bajazzo in einem Allerweltsschauplatz
das Spiel der Gaukler auf der Bühne als Commedia dell’arte
ein wobei das Rollenschema bei der Cavalleria
mit der gängigen Regel übereinstimmt, wie sie George
Bernhard Shaw in einem Bonmot ausdrückte: "Tenor will mit
Sopran ins Bett, Bariton hindert sie daran." Im Gegensatz
hierzu ist im Bajazzo der Tenor die tragische Partie,
umgeben von zwei Baritonen als Liebhaber, der abgewiesene
Charakter-oder Italienische-Bariton Tonio und der
melancholisch, lyrische Bariton Silvio.
Der rituelle Zweikampf zwischen Alfio und Turridu ist in der
Cavalleria die Gegenüberstellung von Recht der Ehe Alfio /
Lola und Unrecht in der Tat des Ehebruchs Turriddu /Lola
bzw. des Verführung von Santuzza durch Turiddu. Dieser fällt
im Zweikampf mit Alfio wegen seiner nach christlicher
Überzeugung begangener Untaten, nicht jedoch weil - wie in
Giovanni Carmelo Verga’s Novelle von 1890 vorgegeben - Alfio
im Sand ins Gesicht wirft und den Blicklosen aus purer
Rachsucht dann absticht.
Die christlichen Züge sind nur scheinbar, denn der Text
dokumentiert heidnische Züge. Schon in der Siciliana wird
deutlich, dass Turiddu nicht nach dem "ird’schen Jammertal"
auf das Himmelreich mit seinen angeblichen Vorzügen hofft,
sondern sich mit dem: "wer dir vom Mund Küsse darf nippen,
trägt nach dem Paradiese kein Verlangen" ganz dem Jetzt hin
gibt. Und wie Sigmund auf Walhall verzichten will, sähe er
dort nicht Sieglinde, bevorzugt Turiddu mit dem "ohne
Zaudern eilt’ ich zur Hölle, fänd’ ich im Paradies nicht
dein holdes Antlitz." die leibliche, irdische Lust und
schlägt aus ein "Mein Heil ruht in Maria."
Auch der Chor geht anlässlich des Osterfestes ganz irdisch
auf den Blütenzauber des beginnenden Frühlings und nicht auf
die Geschichte der Kreuzigung und Auferstehung von Jesus
ein.
Santuzza hat nach christlicher Vorstellung gesündigt, sich
Turiddu, in der Überzeugung eigener und Turiddus Liebe ohne
den Segen der kirchlichen Eheschließung hingegeben zu haben.
Die Folgen dieser Handlung sind offensichtlich und
ausgestoßen aus der Dorfgemeinschaft nimmt auch sie Rache,
indem sie Alfio die Untreue seiner Frau Lola aufdeckt. Sie
wie
auch Alfio handeln nicht nach kirchlichem Gebot, da sie sich
zudem der Sünde der Rache schuldig machen.
Der Bajazzo hat eine d’Albert’s Tiefland ähnelnde
Geschichte als Grundidee. Ein Macho, schon mittleren Alters,
nimmt eine Frau aus ihrem sozialen Elend bei sich auf, er,
der dann schneller Alternde, an seine
Ruhe denkende, hat in Nedda das lebensfrohe und
liebebedürftige junge Ding
an seiner Seite. Sie besingt das
freie Leben der Vögel, in Silvio
findet sie ein heimliches Glück. Er gibt ihr, was sie sucht,
aber sie sei
auch verantwortlich für die Liebe, die er zur ihr empfindet.
Auch hier ein Macho, der unschuldig ist, die Frau ist
verantwortlich. Dann wird die
Bühne zur Realität. Der Tod kommt für Nedda und ihren
Liebhaber durch die Hand Canios.
Beide Stücke ’Die sizilianische Bauernehre’ und ‘Der
Bajazzo’ können
durch die Grundlinie der Handlungen mit Liebe, Eifersucht,
Neid und
Rache in einer Verbindung gesehen werden. ’Blutige Ostern’
nannte Dietrich Hilsdorf seine grandiose Inszenierung der
beiden Opern 1993
im Staatstheater Wiesbaden. Die Handlung aus der Cavalleria
wird im Bajazzo fortgesetzt, hier sind Santuzza und Alfio
unter den Zuschauern des Dramas auf der Komödiantenbühne im
Bajazzo. So wie Hilsdorf einen Faden von der Cavalleria in
den Bajazzo spann, schrieb schon Edmund von Freyhold eine
Weiterführung der Story, in der dann nicht nur Santuzza,
sondern auch Lola ein Kind von Turriddu hat, was wiederum
katastrophale Verwicklungen hervorbringt.
Auch Regisseurin
Tatjana Gürbaca versucht in Regensburg ähnliches. Über das
Bühnenbild von Ingrid Erb wird optisch der gleiche Raum
hergestellt. Eine Schräge, unterirdische Keller überdeckend,
aus denen über Schächte und zu öffnende Roste Teile des
Chores steigen. Was dort unten zu suchen ist, bleibt der
Definition des Zuschauers überlassen. Sind es alte
Luftschutzkeller in denen Champignons angepflanzt werden
oder gar die Vorboten der Gefangenen-Auftritte der
Fidelio-Inszenierung in der nächsten Spielzeit? Niemand kann
es sagen. Diese Cavalleria-Bajazzo-Bühnenbild-Schräge ist
seitlich und rückwärts mit sängerunfreundlichem Stoff
ausgehängt. Die Regisseurin hat allerdings Erbarmen und holt
die Darsteller in den meisten Gängen vor das Portal auf die
Vorbühne, so dass dieses Hindernis nicht unnötig angesungen
werden muss, sondern frisch, fromm, fröhlich, frei in den
Zuschauerraum hinein die Töne abgesondert werden können.
Auf den Aushängen tut sich auch sonst nichts. Eine
kümmerliche, gemalte
Wolke schwebt in beiden Stücken an der Szenerie, ein
leichter Wolkenfetzen im Bereich des unteren Hintergrundes
lässt auf
Fraktostratus schließen. Reste einer durchgegangenen
Frontalzone. Aber mit dem Licht in diesem schrägen Raum wird
versucht, Kunst zu machen. Für den Zuschauer bleibt
ungeklärt, warum es mal hell, mal dunkel wird. Sollen
seelischen Stimmungen dargestellt werden? Niemand kann
es sagen.
Die
Verbindung der beiden Ein-Akter wird über die Pause hinweg
durch
ein Paar von Santuzza ausgezogene Stiefel versinnbildlicht.
Die stehen vorne an der Rampe. Aber nicht nur die
schwarzgewandeten chorischen Feldarbeiter in der Cavalleria
haben Stiefel an, nein, auch die Schauspieltruppe von Canio.
Die allerdings zu hellen Anzügen, die gerade wegen staubiger
Bühnen für chemische Reinigungen so vorteilhaft sind,
da die Kostüme jeden dritten Tag gesäubert werden müssen.
Warum nun auch die Komödianten in Gummi-Stiefeln agieren,
niemand kann es sagen.
Vom
Bühnenbild, vom Licht lassen sich kaum Aufschlüsse über das
Regiekonzept der beiden Damen ableiten. Aber das ist nicht
alles. Der Beginn der Cavalleria ist schon sehr frappant.
Der Vorhang geht auf, Turiddu hebt zur Siciliana aus dem
Rang an, da verkündet die Übertitelungsanlage der
Theaterfreunde Regensburg e.V. eine Waschmittelreklame. Es
ist von einem milchweißem Hemd die Rede, was den Zuschauer
verwirrt, denn eigentlich hatte er ein "O Lola rosengleich
blühn deine Wagen" erwartet. Irritiert darüber kann der
Versierte es
kaum fassen, dass, kaum beendet Turiddu seine Siciliana, der
Vorhang
sich wieder schließt.
Ist la Commedia schon finita?
Nein,
jetzt geht es richtig los, der Gazevorhang hebt sich und der
Chor schreitet gemessenen Tai-Chi-Schrittes unter dem
Absingen von "Duftig erglänzen Orangen" zu einer rechts zu
ahnenden Kirche. Warum nun die Damen und Herren des Chores
bei der Prozession ein derartiges
asiatisches Schattenboxen aufführen. Niemand kann es sagen.
Soll damit angedeutet werden, dass die Truppe sich in einem
Schema befindet?
Ein solches gibt es auch in der katholischen Kirche
Italiens, dafür
braucht man keine derartigen Übungen.
Auftritt Santuzza, die nun als unverehelichte Schwangere
ihre Probleme mit den Chorkollegen hat. Hier choreographiert
die Regisseurin die Bewegungen so, dass Santuzza mal
weggestoßen, mal von der Masse geradezu liebevoll
weitergereicht wird. Sie geht zu Mama Lucia, will aber nicht
in deren Haus, was nun bei dem Bühnenbild nur links in der
Gasse erahnt werden kann. Alfio, der typische Macho im Kreis
seiner Mit-
Mannen, ist konfrontiert mit der Ahnung, einen Gegenspieler zu
haben. Nachdem der Chor sich willfährig auf den Bühnenboden
zum "Lasst uns preisen den Herrn" gelegt hat, kommt der
Widersacher, der Gaudibursch Turiddu und man kann nicht
sagen, dass er das "Höre Santuzza reize mich nicht, denn ich
bin nicht dein Sklave" irgendwie bösartig anlegt.
Hier macht auch Santuzza nicht sonderlich handgreiflich
deutlich, dass
sie Turiddu halten will, sie versucht es halt wie eine
typische Lyrische, indem sie sich auf die Bühne legt, die
Beine breit macht und einen Coitus mit ihm während des 5.
Auftrittes, Nr. 6 Duett auf offener Bühne
versucht. Auch fuchtelt sie dann mit einem Messer, denn es
folgt das "Töte mich, ich will es dir danken." Dazu kommt
es, wie bekannt, nicht, denn nun betritt die kesse Lola die
Szene. Die girrt um Turiddu, aber sonderlich ist der auch an
ihr nicht interessiert. Jedenfalls bemüht sich Lola
erheblich, aber Turiddu’s Testosteron-Spiegel scheint -
vielleicht durch die anstrengenden Proben und die nebenbei
laufenden
Vorstellungen – (wie soll Intendant Ernö Weil gesagt haben:
'Ich kann
mein Ensemble nur ausbeuten oder kündigen') abgesenkt. Lola
geht Hüften schwenkend ab und Santuzza bekommt Gelegenheit
ihr "Nein, nein
Turiddu, du darfst mich nicht treulos verlassen" an der
Rampe zu singen. Warum sie hierzu die Stiefel auszieht,
niemand kann es sagen. Alfio, der geht von links über die Bühne und
sieht Santuzza rechts von sich angeblich nicht, Santuzza, die mit dem Blick ins Publikum plötzlich – mit
ihrem "Ah, euch hat Gott hergesendet" dem Text folgt, ohne
sich umzublicken, ruft im Publikum die Frage hervor: Was soll das? Auch
dass Alfio im Duett mit Santuzza vor ihr
an der Rampe kniet, ist von nichts abzuleiten.
Aber da kommt der Chor aus der Kirche auf dem Weg nach Hause
und der kleine Trottel Turiddu erhält die Gelegenheit, sein
"Ihr Freunde kommt und trinkt - Schäumt der süße Wein im
Becher" direkt ins Publikum zu singen. Was scheren ihn die
hinten stehenden Chorherren, die es ja eigentlich angeht.
Lola tanzt derweilen auf einem Flaschenkasten herum, in dem
Wein herein getragen wurde. Warum jetzt wieder ein
Lichtwechsel stattfindet. Niemand kann es sagen.
Turiddu behauptet dann gegenüber Mama Lucia, "Mutter der Rote war
allzu feurig, drum muss ich hinaus ins Freie", für das die
Übertitelungsanlage irgendetwas vorgibt, wie, er, Turiddu, habe
zu viel getrunken. Man merkt ihm aber nichts an. Die
Regisseurin hat wohl nichts angewiesen oder der Tenor Turiddu hat’s
vergessen. Er beißt Alfio ins Ohr, der Chor umkreist die
Beiden. Plötzlich taucht Turiddu aus der Menge mit blutigem
Hemd auf, fällt vornüber und eine Chordame ruft von hinten,
dass Turiddu tot sei.
Der
Abend schreitet nach der Pause fort, in der gleichen
Szenerie beginnt Bajazzo. Tonio monologisiert an der Rampe,
da kommen die Komödianten und bereiten ihre Vorstellung vor.
Kinder – immer gut für jede Art von Inszenierung auf einer
Bühne – toben freudig herum, weil Schauspieler ankommen.
Nedda improvisiert mit den Kindern, Canio halb angezogen,
der umschnallbare Bauch baumelt vor dem Körper, bereitet mit
seinem "Ein herrliches Schauspiel bereiten wir heut’ Abend
um neun" den Chor auf die Vorstellung vor. Er legt den Bauch
ab, dann kuschelt sich Nedda an diesen – merkwürdig, warum
tut sie das. Niemand kann es sagen.
Dass Silvio die
geliebte Nedda mit seinem "auf nächste Nacht denn" um
Mitternacht abholen will, heißt doch nicht, dass es jetzt
und sofort in dieser Szene, in der nur über den Plan
gesprochen wird, plötzlich völlig dunkel wird und dann auch
noch über einem Sternenhimmel auf dem hinteren Aushang das
ach so beliebte "O sink hernieder Nacht der Liebe"
assoziiert wird. Gleich drauf, im grellen Verfolgerlicht,
tauchen Canio und Tonio mit "Ah – die Buhlen gefangen" auf.
Dann ist plötzlich wieder der gesamte Bühnenraum einheitlich hell. Warum?
Niemand kann es sagen. Weitere Beispiele ließen sich
aufführen, wo mit einem Licht-An-und-Ausknipsen wohl
irgendwelche Effekte erzielt werden sollen.
Ein Bruch in der Dramaturgie entsteht beim Aufbau der Bühne
für die Colombinen-Szene. Die Regisseurin lässt einen Hänger
mit Vorhang herunter, hinter dem Beppo sein Lied an Nedda/Colobine
singt und ein
paar kümmerliche Seifenblasen fliegen lässt. Die gesamten
Beleuchtungshänger fahren herunter und sollen so das Theater
auf dem Theater dokumentieren. Dass dies überhaupt nicht zur
Cavalleria-Szenerie passt, scheint der Regisseurin
offensichtlich nicht aufgefallen zu sein. Mit dieser Lösung
hätte sie für den ersten Teil ebenfalls eine Theaterszene:
Tenor gegen Bariton, Sopran mit Bariton gegen Tenor oder
ähnlich dem Vorspiel Ariadne schaffen müssen. Nur dann hätte
die Szenerie Cavalleria nicht mehr gepasst. So aber hängt
die Colombinen-Szene in der Luft.
Viel nachvollziehbare Aktionen gibt es hier
überraschenderweise nicht.
Was das permanente Bewegen der Finger bei Nedda soll,
niemand kann es sagen.
Der Chor steht im Zuschauerraum, der für den Auftritt
erleuchtet wird – wie originell. Und dass Tonio den Silvio
am Ende von der Bühne drängt –
ist nicht verständlich. Will er diesen vor Canio schützen.
Warum, er ist doch der eindeutige Widersacher.
Offensichtlich war das Publikum mit diesen häufig sich
stellenden Fragen überfordert. Als die Schwarzen
herauskamen, buhte das Volk gewaltig.
Von den Sängern wurde allein durch die nur schwer
nachvollziehbare Choreographie Erhebliches abverlangt und
die Partien an sich, singen sich nicht mal so eben.
Herausragend Adam Kruzel in der Doppelrolle Alfio / Tonio.
Regensburg kann sich glücklich schätzen, diesen singenden
Darsteller zur Verfügung zu haben. Die große, in allen Lagen
sicher geführte Stimme, das wunderbare Timbre, das
überzeugende Spiel – wo findet man einen solchen Bariton.
Neben ihm der Bariton-Kollege Jin-Ho Yoo als Silvio. Über
den Posa kam er vom Papageno. Die Stimme ist gewachsen, nur
stellt sich die Frage, wo ist die Grenze. Der Sänger steht
in voller jugendlicher Kraft - und er setzt sie auch ein - auf
der Bühne. Wann muss er reduzieren, um die Zukunft nicht zu
gefährden. Dass auch die italienische Sprache Konsonanten
hat, sollte ihm nicht entgehen. Der Text wird deutlich durch
ein monotones Mulmen überdeckt, was dann ermüdend auf das
Publikum wirkt.
Neben den beiden der mittleren Stimmlage, die beiden ersten
Tenöre des Abends.
Michael Suttner mit der ihm eigenen Technik, die ihm
hoffentlich nicht zu bald Probleme bereiten wird. Er spielt
einen etwas dusseligen Turiddu mit einem strahlenden Lachen,
gehört damit eher in die Operette nach Mörbisch oder Baden
bei Wien oder an die Staatsoperette nach Dresden. Das
dramatische Fach – ein Florestan – oder der gewesene Don
Carlos sind eigentlich nicht so das Rechte für ihn, mit dem
er überzeugen könnte.
Canio ist Juuso Hemminki – das Sorgenkind am Regensburger
Theater. Fände er nur jemanden, der ihm das Singen
beibrächte. So gelingt es ihm nur mit Druck den
Orchestergraben zu übertönen, nimmt er den weg,
klingt die Stimme bröselig und vibriert heftig. Er ist im
Spiel nicht gerade leichtfüßig, was beim Canio auch nicht
unbedingt angebracht ist, aber er tut sich schwer,
überzeugend zu wirken. Natürlich wird das Spiel auch durch
die eigene Sorge – komme ich über die Runden – beeinflusst.
Und was wird beim Florestan? "Schon zag’ ich und schwanke."
Der Beppo von Victor Schiering, buffonesk wie es sein soll,
seine hoch liegende Stimme ist in der mittleren bis tiefen
Lage eingeschränkt.
Dass Nedda sich wegen der ewigen Sorgen um die Stimme ihres
Mannes Canio dem sauberen, gesunden Silvio zuwendet, ist
nicht mehr als verständlich. Mi-Soon Jang schon als Mimi und
Zauberflöten-Königin zu hören, klingt angenehm in den Piano-
und Mezzoforte-Passagen. Die ganz hohe Lage ist im Forte
kehlig und die Töne haben durch die weit aufgerissene
Mundöffnung nicht die nötige Führung.
Überzeugend im Spiel und auch sängerisch Elvira Soukop als
Lola und Teresa Sobotka-Anastasowa als Mama Lucia. Beide
stimmig, die eine die kesse junge Frau, die andere mit ihrer satten
dunklen Mittellage, die typische Mutter.
Neben den beiden Damen die Santuzza von Gail Sullivan. Sie
spielt
gekonnt die gequälte junge, nicht so attraktive, Frau, die
sich an den jungen Turiddu klammern will. Die Stimme
ausladend, dem Verismo entsprechend. Santuzzas mittlere Lage
bereitet Gail Sullivan keine Probleme – wie wird das aber
bei der Fidelio-Leonore, die eigentlich von der Fiordiligi
kommen sollte. Da wird sie sich schlank einstellen müssen,
um bei der hohen Lage beim "Farbenbogen" oder bei "sie
wird’s erreichen" oder bei der "Gattenliebe" oder bei der
"namenlosen Freude" und in den Ensembles mit dem "Retterin
des Gatten sein" nicht einzubrechen.
Auch wenn der Chor zu wenig Einführungen hatte und noch in
den Endproben mit Spickzetteln herum lief, setzt er sich
doch routiniert und trotz der asiatischen Meditations-,
Konzentrations- und Entspannungsübungen und der dadurch sich
ergebenden optischen Gleichschaltungen der Gruppe in Szene.
Georgios Vranos dirigiert das Regensburger Orchester mit
seinem eigenen mediterranen großen Atem. Dass es
gelegentlich zwischen Bühne und ihm auch Unstimmigkeiten
gab, ging irgendwie unter. Die Wahrnehmung der Lautstärke
ist sehr vom jeweiligen Sitzplatz abhängig.
Das Publikum gnädig bis freudig bewegt bei den Sängern,
ungnädig
mit Ingrid Erb wegen ihrer trostlosen Bühne und Tatjana
Gürbaca wegen der Ungereimtheiten bei der Personenführung. (dh)
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Antonio Bibalo
nach Strindberg
'Fräulein Julie' |
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Bayerische Theaterakademie
12.06.04 |
"Immer an der Wand lang" |
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Die
kompositorische Bearbeitung von Strindbergs Schauspiel, 1890
uraufgeführt - fest steht, dieses benötigt keine Musik von
Herrn Bibalo - fand 1975 und 1984 in zwei Versionen den Weg
auf einzelne Bühnen. So nun auf die der Theaterakademie in
München.
Hier durfte Dina Keller, Studentin in der Klasse von Cornel
Franz, Antonio Bibalos Oper ’Fräulein Julie’ inszenieren.
Dass eine Studentin keine perfekte Leistung abliefern kann,
ist verständlich. Es fehlt bei allem Einfallsreichtum die
Erfahrung oder das überragende Talent, aus diesem Manko
heraus, quasi unbedarft ein stimmiges Konzept für szenische
Abläufe zu entwickeln. Problematisch wirkt sich die fehlende
Menschenkenntnis dann allerdings bei der Personenführung
aus.
So auch hier in MUC. Frau Keller quält die Sänger mit
aufgesetzten Choreographien – drei Schritte vor, ein halber
zur Seite, ein Rumpfbeuge nach links, der dramatische Arm
nach vorne ausgestreckt, das linke
Lid um die Hälfte des Augapfels gesenkt - versäumt aber –
wohl weil sie die Durchdringung der Charaktere nicht erfasst
– das Spiel der handelnden Personen. Die hampeln aneinander
vorbei, finden weder zu sich, noch zu dem/der anderen. Die
Problematik im gesellschaftlichen Gefälle von ’Fräulein
Julie’ der Grafentochter zu Jean dem Diener und zur Kristin
der Wirtschafterin wird nicht deutlich. Dass die Regisseurin
’Fräulein Julie’ einen das Spiel hindernden Kokon wie den
einer schlüpfenden Raupe umhängt, dokumentiert zwar die
hormonellen Umstände einer Pubertierenden, macht aber im
Spiel nicht deutlich wie sehr sich die Grafentochter dem
Butler zugeneigt fühlt. Jean – hier ein absolut unerotisches Zigarettenbürscherl – hat nicht im Entferntesten die
Ausstrahlung, eine junge, aus gutem Hause stammende Jungfrau
auf den Gedanken bringen zu können, sich nun ausgerechnet
ihm hingeben zu wollen. Von Knistern keine Spur. Und der
will nach oben, ein Hotel in der Schweiz aufmachen - zum
Lachen.
Dass Kristin angeblich etwas mit Jean hat, bleibt völlig
ausgeblendet. Die kocht unbeteiligt Nudeln, spült oder kramt
sonst wie in ihrer Küche rum. Von Eifersucht oder Angst vor
dem Verlust des Geliebten an das höhere Fräulein, oder
sonstige Einflussnahmen - nichts zu bemerken.
Die von der Regisseurin angewiesenen Choreographien lassen
zwar ein Zusammenspiel ahnen, allerdings wird die Spannung
zwischen den Figuren vermisst. Oder konnten die Darsteller
nicht miteinander ? Dann allerdings fehlt hier
Professionalität, einen solchen Zustand mit Hilfe der
Regisseurin zu überwinden. So werden nur Bewegungsabläufe
vorgegeben, aneinander vorbei rum gerannt, Türen des
Wandschrankes geöffnet und geschlossen, Requisiten
rausgeholt, wieder reingestellt oder auf den Boden geworfen,
wo sie dann bei jedem Schritt im Wege sind.
Leerer Aktionismus pur. Die Beziehung, besser
Beziehungslosigkeit der Akteure zu und untereinander
interessiert die Regie nicht, wichtiger scheint ein
Hantieren, die Schaffung von ’Bildern’.
Zweifellos ist die Regisseurin durch die Vertonung des
Strindberg’schen Schauspiels gezwungen, die Bibalo’schen
leeren Orchesterphrasen zu überbrücken. Irgendetwas muss ja
auf der Bühne passieren. Immerhin
lässt sie die nicht unmittelbar am Spiel Teilnehmenden am
Rande mitagieren, beweist damit, das ihr etwas einfällt,
diese Darsteller sichtbar und teilweise sinnvoll zu
beschäftigen. So wird von Kristin eine Wäscheleine gespannt,
wahllos trockene Wäsche aufgehängt, oder es werden die
Betonwände der Reaktorhalle mit Kreide von den Tonlosen
beschriftet, meist aber schleichen diese in
Drehchoreographien „immer an der Wand lang“.
In den Passagen, da ’Fräulein Julie’ nicht durch ’action’
abgelenkt ist und bei sich sein kann, füllt sie auch die
Rolle, während ’Kristin’ immer nur die handfeste
Hauhaltshilfe spielt. Der müsste es doch gelingen, das
Mantschkerl Jean bei sich zu halten. Unerklärlich das.
Zum Unverständnis für die Handlung trägt auch die
Artikulation der Sänger bei, Texte gehen im Überhall des
Raumes verloren, so dass – wer das Stück nicht kennt – kaum
Zugang finden kann.
Es muss der Eindruck entstehen, dass die Aufsicht durch die
Semesterleiter fehlte. Erstens ist es nicht nachvollziehbar,
dass ein solches Stück für eine Semesterarbeit ausgewählt
wird, wenn die Rollen nicht mit entsprechenden Stimmen zu
besetzen sind und zweitens ist
kaum anzunehmen, dass eine solche Regiearbeit unter Dr.
Peter Kertz jemals abgeliefert worden wäre.
Hinzu kommt, dass auch an der Aufnahme von Sängern zum
Studium gezweifelt werden muss. Was soll aus diesem
Nicht-Sänger des Jean werden. Was er zeigt, reicht nicht
einmal für eine Chorstelle an einem Provinztheater. Da ist
nicht die Spur von Substanz, die eine Entwicklung erahnen
ließe und ein „ich höre da was“ wie es oft von einer
Dozentin einer renommierten Hochschule bei einer
Aufnahmeprüfung dargelegt wurde, reicht nicht für eine
Sängerlaufbahn bei der internationalen Konkurrenz. Wer also
hat bei der Aufnahmeprüfung diesen jungen Mann
auf die falsche berufliche Bahn gelockt ? Hier reicht nicht
einmal der Tenorbonus als Argumentationshilfe für die
Aufnahme an eine staatliche Hochschule.
Wer bedenkt, dass für diese Produktion sechs Wochen
probiert, ein aufwändiges Bühnenbild mit Sandaufschüttungen,
Bauten, technischen Einrichtungen geschaffen wurde und dies
alles in nur zwei Vorstellungen zur Schau gestellt wird,
muss sich fragen, was geschieht da an den Hochschulen und
Akademien in Deutschland.
Sind oft unqualifizierte, aber dafür hübsche, smarte
Studenten/Innen nur dazu da, die Klassen der beamteten
Dozenten – meist ältere Damen und Herren, die oft selbst
niemals auf einer Bühne gestanden haben - zu
füllen ? Wie soll da ein adäquater szenischer Unterricht
erfolgen ? Und was und wohin dann mit den von diesen
'Fachkräften' ausgebildeten darstellerischen
Schwachmatikussen, bleiben die sängerischen Qualitäten
einmal ganz beiseite ? |
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Internationaler
Richard-Wagner-Kongress |
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Augsburg 21.
- 23.5.04 |
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'Richard,
Richard
über alles' |
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Eine Fülle von Informationen
und Events bot der Kongress zum ewig aktuellen Thema
'Richard Wagner'.
Die Referenten
Prof. Eva Märtson
Prof. Dr. Dieter Bochmeyer
Dr. Martha Schad
Dr. Ulrike Kienzle
Sabine Sonntag
Prof. Dr. Udo Bermbach
Eingefügt in Vorträge und
Seminare als
heimliche Uraufführung
angekündigt der erste eines
mehrteiligen Musicals mit dem auch so merkwürdig dem
Betrachter vorkommenden Titel 'Der
Herr des Rings'. Beim ersten Teil 'Des Königs Meistersinger'
behandelt,
der Kommentar der Zuhörer während der Vorstellung:
"Augen zu und durch."
Mag Herr Hummel auch in Insiderkreisen noch so bekannt sein
und durch sein Ludwig II-Musical 'Die Sehnsucht nach dem
Paradies' eine gewisse Popularität erfahren haben, so
scheint es doch bedenklich, wenn ein Musical aus
kaufmännischen Gründen abgesetzt wird. Die Aufführungen
im extra erbauten Theater in Füssen fielen
unglücklicherweise in die Zeit nach dem 11.9.01. Die
Zuschauer aus Japan und Amerika blieben aus
und die Bewohner der näheren und weiteren Umgebung hatten
nach einmaligem Anschauen wohl genug. Wäre die Musik von
'Die Sehnsucht nach dem Paradies' so außerordentlich gut
gewesen, hätte die Performance nicht mit diesem optischen
Aufwand präsentiert werden müssen und wäre wohl auch nicht
in der Versenkung verschwunden.
Bei den vorgestellten Szenen aus dem 'Herr des Rings' mit
Nietzsche, Bakunin, Ludwig, hörte man großen Meister
wie Bruckner, Orff im Hintergrund, während Wagner ganz
vordergründig aufgespielt wurde.
Die Kompositionen Hummels erinnerten an die typischen
Musiken wie die anderer Dirigenten. Diese hatten Musiken im
Kopf, schrieben sie auf und siehe da, auch sie mussten
feststellen: es gab alles schon und besser.
Die Mitwirkenden aus dem ehemaligen Ludwig-Musical-Ensemble
zeigten ihre große Individualität, weil die
Musical-Ton-Verstärkung fehlte.
Hartmut Schröder meinte, ein hoher Tenor zu sein und Richard
Wagner in der richtigen Form darstellen zu können.
Heraus kam eine Karikatur.
Knallhart im ganzen Auftreten mit großer Stimme, überzeugt
von sich: Dorit Bohrenfeldt als Minna und Wilhelmine. Der
als schön anzusehende Andreas Agler als König war noch der
einzige, dem eine gewisse Stimmkultur zugesprochen werden
kann.
Simon Bohrenfeld |
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Dorit
Bohrenfeld |
Reizend das Kind Simon Bohrenfeld, wenn es die alte Weise
'Maikäfer flieg' voller Inbrunst, erfüllt von der Aufgabe,
brennend vor Lust auf der Bühne zu stehen, vortrug. Geradezu
grandios die musikalische Begleiterin am Flügel: Irma
Issakadze.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist dieser Musik und
diesem Stück - auch noch in drei Teilen - kaum Erfolg
vorauszusagen.
Ganz anders 'Der Ring an einem Abend' im
kleinen Theater im Abraxas in Augsburg am Abend
vorher.
Eine Truppe bestehend aus einem Handpuppenspieler, einem
Sprecher und einer Sängerin, die von Hagen über Erda bis
Brünnhilde alles sang, führte das Publikum durch die an sich
schwere Kost des Wagner'schen Rings. Sie beglückten das
Publikum mit einem Feuerwerk akustischer und optischer
Einfälle. Witz, Ironie und Belehrung, alles war zur Freude
des Publikums aufgeboten. In keinem Fall wurde das Werk
desavouiert oder der wagnerbegeisterte Zuhörer verletzt.
Beschwingt verließen die Zuschauer die Vorstellung. Wurde
hier doch vor Augen und Ohren geführt, wie man mit wenigen
Mitteln zaubern und Theater in der richtigen Weise, ohne
Pomp und große Umstände, darbieten kann.
Trotz aller Warnungen und Empfehlungen wurde seitens
Richard Wagner Verband International auf die Vorstellung des
Tannhäuser im Theater Augsburg nicht verzichtet. Allerdings
trat Dr. Ulrich Peters, der Intendant, vor den
Vorhang und bat um Toleranz der Wagnerianer für diese
Produktion. Trotz dieser Beschwörung war das Resultat die
Ablehnung dieses Machwerks durch die Wissenden, wenn sich auch die
offensichtlich Harmlosen, Einfältigen im Publikum von der Darstellung des Tannhäuser
durch Gerhard Siegel überrumpeln
ließen.
Bemerkte dieser nach dem Ersten Akt, dass er mit seiner Art
zu singen,
seinem gequetschten Knödel, nicht ankam, trug er im zweiten
darstellerisch dick auf - hopste wie ein Dilldopp mit seinem
Brierkrügl
herum - und vor allem im dritten Akt übertrieb er derart,
dass es nur als "die Sau rauslassen" bezeichnet werden
konnte. Frei nach dem Motto:
"Euch werd' ich's zeigen, wenn ihr mich nicht gut finden
wollt!"
So war der dritte Akt hart an der Grenze zum Komischen und
so hätte
der Tannhäuser durch Gerhard Siegel zur Klamotte werden
können. Sein Rumgerutsche auf dem Boden mit viel zu
heftigen, schnellen Bewegungen, in der Kutte sah er aus wie
Rumpelstilzchen, als dass ihm das Gequälte nach der
Enttäuschung in Rom hätte abgenommen werden können. Das
Hineinplumpsen in das umgefallene Zahnrad, die Nachahmung
eines fistelnden 90-jährigen Papstes wie mit der Stimme des
Altoum in Turandot, das Kopfwackeln eines Irren - er
wäre darstellerisch wie stimmlich - ein guter Blödsinniger
im Boris. Aber es gelang ihm, was er geplant hatte, er
führte das Publikum am Nasenring vor und zwang es so zu
seinem persönlichen Erfolg. Als die Simplen im Publikum
"Bravo" riefen, sagte er
zu sich bestätigend - wie Heinz Rühmann im Köpenick-Film -
"Na, also!" Dass dies alles sehr an den Buffo Leopold im
Rössl oder den Gogolori oder auch den Mime erinnerte, focht
Gerhard Siegel nicht an. Er hatte erreicht, was er wollte:
Erfolg.
Neben ihm der andere Buffo, Stefan Sevenich, als Biterolf.
Er wirft sich
auf die Sitzgruppe, rauft mit Tannhäuser, gibt mit seiner
wattigen Stimme einen wilden Prahler. Von Hass auf Stefan
Sevenich unsererseits kann keine Rede sein, wie er mit
seinem Link auf unsere Webseite behauptete. Es ist wie und
was er ist, ein Bass-Buffo, der mit seiner Spielastik das
Publikum in seinen Bann zieht. Eben wie der Tenorbuffo
Gerhard Siegel.
Szenisch konnte nochmals verinnerlicht werden, wie Vuokko
Kekäkälinen, die Venus nach ihrer Ermordung entsorgt wird.
Wie ein Sack hängt sie
über der Schulter. Wie auch bei ihrer Herodias schon
beschrieben. Sie schleppt als Venus stimmlich einen schweren
Koffer, das Problem mit der Höhe ist offenkundig. Wie schon
am 11.12.03 sei nochmals gesagt: sie kann froh sein, dass
die Ur-Dresdener Fassung gespielt wird und ihr der
Wiederauftritt mit dem "Willkommen ungetreuer Mann" im
dritten Akt erspart bleibt.
Beachtenswert, wie sich Sally du Randt in den Augsburger
Jahren entwickelt hat. Nun, nach mehreren Vorstellungen
hier in diesem Hause liegt ihr die Elisabeth offensichtlich gut - die Rolle lässt
sich auch wie Butter singen, trotzdem hörte man kürzlich in
Zürich von der Kollegin
ein 'h' am Ende der Arie, das mehr
als geschrieen, denn gesungen angesehen werden musste.
Sally du Randt überzeugt jetzt im Spiel und auch stimmlich.
Die Töne
groß und rund, ihr hoher Sopran kommt gut und
publikumswirksam zur Geltung.
Guido Jentjens als Landgraf wurde schon am 10.12.03
beschrieben. Erfreulich Rolf Romei als Walther. Riccardo Lombardi
mit seinem samtenen Wolfram, etwas mehr Kern hätte
man sich gewünscht, die Dopplungen
der Endsilben - die amerikanische Unart, schon bei Richard
Brunner am 10.12.03 bemängelt, auffallend deutlich.
Die Orchesterleitung durch Rudolf Piehlmayer zeigte
Differenzen mit den Sängern bei der Wahl der Tempi. Der
Beginn, von der Ouvertüre - diese übrigens unapplaudiert -
bis in die erste Szene hinein, könnte delikater dargeboten
werden.
Fazit: Eine überraschend positive Erfahrung mit Sally du
Randt, eine andere mit Gerhard Siegel, zu sehen, wie man als
darstellender Sänger,
das große Publikum zwingen kann. |
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Richard
Strauss
Salome |
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Theater
Augsburg
19.05.04 |
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"Meine
Tochter
hat recht getan" |
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Zur Uraufführung der
Salome am 9.12.1905 in Dresden meldete sich
Cosima Wagner aus Bayreuth mit den strengen Worten:
„Nichtiger Unfug, vermählt mit Unzucht!" –
Dabei hatte es zuvor nicht nur einen ausführlichen
freundschaftlichen Schriftverkehr zwischen Richard Strauss
und der Witwe Richard Wagners gegeben. War vieles bis fast
zur Jahrhundertwende einvernehmlich zwischen beiden
geschehen, immerhin war Richard Strauss in die Bayreuther
Festspiele 1889 und 1891 fest eingebunden wie er auch 1894
den 'Tannhäuser' in Bayreuth dirigierte, führte die
Schaffung eigener Werke für das Musiktheater zur Entfremdung
mit Richard Wagners Lebensgefährtin, die mit den ersten
Opern 'Guntram' und 'Feuersnot' begann. Mit Entwicklung des
eigenen Opernstils – schon angedeutet in
den frühen symphonischen Werken – hatte Richard Strauss den
Weg Richard Wagners nachfolgend verlassen und wie er sich
selber ausdrückte, Richard Wagner umgangen.
Richard Strauss sah Gertrud Eysoldt, die 1903 in Berlin die
Titelrolle in Wilde’s Drama spielte und entschied spontan,
aus dem Schauspiel eine Oper zu machen. Er selber kürzte den
Text der Übersetzung - und legte nicht die zum gleichen
Zeitpunkt erschienenen Übersetzungen von Pavia oder
Teschenberg seiner Tondichtung zugrunde - zusammen auf die
ihm für die Vertonung wesentlich erscheinenden
Text-Passagen. Dabei ging zwangsläufig neben Beiläufigem
auch literarisch Hochwertiges aus der Originalfassung
verloren. Die Kunst Oscar Wildes bestand vor allen im
Schaffen einer zwingenden Farbigkeit der Atmosphäre, die er
mit Worten herzustellen verstand. Richard Strauss überhöhte
die Sprache durch seine Tonschöpfung, so dass Fehlendes im
Text durch die Musik überwunden und die Aussagekraft im
Ganzen noch gesteigert wurde.
Die Wirkung des deutschen Textes ist und bleibt abhängig von
der poetischen Übertragung durch Hedwig Lachmann. Sie, die
im 19. Jahrhundert eine der wenigen Möglichkeiten der
Entfaltung für eine Frau nutze, in dem sie nach einer
Ausbildung als Sprachlehrerin nach England ging, als
Erzieherin arbeitete und so den unmittelbaren Kontakt zur
Literatur Englands erhielt. Sie übersetzte Werke von Edgar
Allen Poe und eben auch Oscar Wilde.
Der Vergleich der vertonten Text-Fassung mit dem Original
von Oscar Wilde, zeigt auf, was von Richard Strauss nicht
übernommen wurde.
Aber die damals noch sehr von Prüderie bestimmte machtvolle
Zensur hätte im einiges wohl kaum durchgehen lassen, während
das "Und die Griechen sind Heiden. Sie sind nicht einmal
beschnitten" unbeanstandet blieb und "Die Juden. Sie sind
immer so. Sie streiten über ihre Religion.
[...] Ich finde es lächerlich über solche Dinge zu streiten"
am Beginn des 20. Jahrhunderts in das Zeitbild in Bezug auf
das Ansehen derer passte und – wohl weil es sich um
Weltliteratur handelt – heute noch Bestandteil des
gesungenen und auch gesprochenen Textes ist. Auch das „Da
drinnen sitzen Juden aus Jerusalem, die einander über ihre
närrischen Gebräuche in Stücke reißen." hat noch nie jemals
jemand beanstandet. Auch die Szene der fünf Juden mit den
Ausführungen, ob der Messias
nun gekommen oder nicht gekommen ist mit dem: "Seit dem
Propheten
hat niemand Gott geseh’n" und das "Der Messias ist nicht
gekommen", blieben und sind unangefochten Bestandteil des
Werkes.
Für den Schluss der Oper wurde von der Zensur in Berlin das
Erscheinen des Sterns von Bethlehem vorgegeben, der die
Ankunft der drei Weisen aus dem Morgenland versinnbildlichen
und so das blutige Ende der
Tochter der Herodias abmildern sollte. Und in Wien war es
trotz des kraftvollen Einsatzes von Gustav Mahler nicht
möglich, die österreichische Erstaufführung der Dresdener
Uraufführung unmittelbar folgen zu lassen. Aber Breslau
durfte 1907 die Salome in Wien als Gastspiel geben, die
Hofoper nahm sich des Werkes erst 1918 an.
Nach wie vor stellt die Besetzung der Titelrolle für die
meisten Theater
das Problem überhaupt dar. Die Instrumentierung erfordert
einen hochdramatischen Sopran, der so gertenschlank sein
sollte, dass er das Kindweib Salome glaubwürdig darstellen
kann. Bei der Uraufführung in Dresden soll Richard Strauss
daher gemeint haben: „Die Wittich ist steif und
matronenhaft, und sie hat sich einen tüchtigen Bauch
hergemästet. Die Stimme ist eins A, alles
andere ist Bauch." So kam er nicht zu der gewünschten
16-Jährigen mit der Isoldenstimme, was bis heute nicht
erreichbar ist, immerhin ist der Orchesterpart für 105
Musiker
geschrieben.
1930 hat Richard
Strauss
nach Kurt A. Roesler Retuschen an der
Instrumentierung der Komposition vorgenommen, die auch einem
leichterem Sopran das Singen der Rolle ermöglichen sollten.
Auch empfahl Richard Strauss später, seine Komposition 'das
Scherzo
mit tödlichem Ausgang' wie Elfenmusik mit leichter Hand zu
dirigieren.
In den 40er Jahren sorgte Ljuba Welitsch für Aufsehen mit
ihrer Rollengestaltung und dem ihr typischen schnellen
Vibrato, einem Flirren
der Stimme, das seine Entsprechung in der Instrumentierung
fand und dokumentiert ist in einer Aufnahme unter Lovro von
Matacic von 1944,
mit dem von Erotik erfüllte „Ah, ich habe deinen Mund
geküsst,
Jochanaan ..."
Ob nun Astrid Varnay, Inge Borkh, Birgit Nilsson, Leonie
Rysanek,
Hildegard Behrens oder jetzt Inga Nielsen, die Anfang der
70er Jahre als Adele in Wien und jetzt als Salome an der
Lindenoper Erfolg hatte –
kommt dem Idealbild der jungen orientalischen Frau, die
durch ihre
trotzige Unbedarftheit Mitleid erregen muss und nicht einer
reifen Nymphomanin gleichgestellt werden darf – wenn auch
nicht Salome als unbedingte Kindfrau – entgegen, verfügt sie
über die Kraft und Ausdauer für diese in ihrer exponierten
Lage schwierigen Partie. Richard Strauss
ging es ganz deutlich um das Kolorit in seiner Komposition,
das Kolorit,
das er in 'Judenopern' vermisste.
In Augsburg unter der Intendanz von Dr. Ulrich Peters stellt
die Bühne
von Christian Floeren kein Wüstenfort dar, sondern
eine glatte Umzäumung aus Stahlstäben fast an den äußersten
Bühnenrändern mit Schiebtüren auf die gesamte Höhe. Über die
Stahlrahmen gehängt, leichte Stoffbahnen – wohl Georgette -
an den Seiten und hinten. Das Orchester zeichnet deutlich
den Wind, den der Tenor fühlt, an den Abhängen nicht eine
Spur von Luftbewegung. Zwei Sessel, eine Couch aus Leder –
ganz heutig. In der Mitte des Bühnenbodens eine hell
erleuchtete Fläche. Es scheint sich um eine Penthaus-Wohnung
in einer Bananenrepublik des vorderen Ostens mit
zweifelhaften Geldgeschäften zu handeln.
Nun galt es für die Regie, diesen Raum zu füllen.
Zum Beginn treten auf, dann stehen rum, von Christian Floeren
eingekleidete schwarz Uniformierte wie man sie von privaten
Sicherheitsdiensten in Kaufhäusern kennt. Narraboth, der
Oberaufseher,
da in gleicher Uniformierung, ist besorgt um Salome, was
sich weder im Spiel als durch die Worte aber kaum bemerkbar
macht, auch da der Text von Zurab Zurabishvili kaum
verständlich gesungen wird - die an sich schön timbrierte
und gut geführte Stimme zeigt bereits einen beginnenden
Schaukler auf - bleibt dem Zuschauer nur zu fragen: „was
will der Mensch?" Erregt redet der Page der Herodias auf
Narraboth ein, in einer Körpernähe, die eine gewisse
Vermutung bestätigt, dass der Page den Narraboth will und
sauer ist. Der typische Konflikt, wenn einer plötzlich sein
'coming in' erlebt und meint, Hetero zu sein.
Bei Kathrin Koch als jenem Pagen zeigt sich auch
bereits ein deutliches
unkontrollierbares Auf und Ab in der Tongebung, wenn er/sie
die Mondscheibe eine Projektion, eines Bildes, das wohl von
der ESA aus Darmstadt freundlicherweise zur Verfügung
gestellt wurde, besingt.
Da auch die Bemerkung des ersten Soldaten wegen eines
Geheuls im Palast kaum zur Erregung von Aufmerksamkeit
beiträgt – von Geheulähnlichem hinter der Szene nämlich
keine Spur – beginnt der an Astronomie interessierte
Zuschauer zwischenzeitlich, die Mondkrater auf dem ESA-Bild
zu zählen. Dass Narraboth Salome immerfort ansieht, was
den Unwillen des Pagen hervorruft, kann vom Publikum kaum
zur Kenntnis genommen werden, da die Orchesterwogen, den Stimmen im
Allgemeinen und der des Pagen im Besonderen das Leben
erschweren und die Textverständlichkeit herabmindern.
Jochanaan scheint aus den
unterirdischen Klüften sich per Megaphon bemerkbar zu
machen, er jedenfalls kommt mit seinem "Nach mir wird
einer kommen" und allem nachfolgendem aus der Versenkung
Gesungenem, von der Phonzahl ganz passabel über die Rampe.
Aber auch die Szenen
auf der später hochgefahrenen Versenkung zeigen, dass
Riccardo
Lombardi der Rolle stimmlich gewachsen ist. Kraftvoll,
voluminös sein klangvoller Bariton, wobei der Zuhörer wegen
der exponierten Lage der Partie kaum die Möglichkeit hat,
dem Text zu folgen. Er verfügt neben seinem in Augsburg
gesungenen sanftmütigen Wolfram der für den Jochanaan
geforderten dramatischen Stimmkonstitution. Völlig
unmöglich, dass dies von einem jungen Bariton gesungen
werden kann, womit
Richard Strauss – wie bei der Rolle der Salome – seine
Vorstellung gemäß dem Text: "Nein, Prinzessin, er ist
ganz jung" nicht realisieren konnte.
Die Rolle des Jochanaan fordert von Riccardo Lombardi neben
erotischer Männlichkeit, eine überzeugende Darstellung der
pathologischen Schübe, unter denen er seine Prophetien
äußert. Eindeutigkeit in der geraden Linie seiner Botschaft,
da er Liebe, Verständnis, Opferbereitschaft, also die
typische christlichen Tugenden predigt und Herodias wegen
ihres zügellosen Lebenswandels und des Quasi-Inzest, den
Schwager geehelicht zu haben, verdammt. Und das kommt nun
nicht überzeugend. Riccardo Lombardi steht von der Regie
verlassen, unbeteiligt herum oder liegt am Boden. Er macht
den Eindruck eines gemütlichen Kollegen, der einen
Charakterbariton im Halse hat.
Beispielhaft für das Ausfüllen der Rolle sei hier allein
Josef Metternich genannt, bei dessen ersten Tönen schon
jeder – ob Mann oder Frau –
eine Gänsehaut bekamen. Heute kann das Bryn Terfel.
Das Gespräch Soldat / Cappadocier geht ebenfalls weitgehend
unter. Da der Zuschauer dem Text nicht mitkommt, freut sich
besonders der Unbedarfte, dass zur Ablenkung plötzlich eine
elegant gewandete Dame auf hohen Stöckelschuhen, so Mitte
vierzig, von links auf die Bühne
kommt und die ledernen Sitzgelegenheiten auf der Bühne ausprobiert.
Es ist Salome. Sie
wolle nicht
drin bleiben, meint sie, weil die Luft draußen besser sei.
Auch findet sie den Anblick des Mondes viel
interessanter, als sich
mit ihrer Mutter und dem Stiefvater für die närrischen
Gebräuche der Juden zu interessieren oder unter der plumpen
Sprache der Römer als Besatzer, wie die plumpe Sprache der
heutigen Besatzer, östlicher von Jerusalem, mehr als
notwendig zu leiden.
Neben der riesigen Amplitude der Partie der Salome vom hohen ’h’ bis
zum tiefen ’ges’ besteht bei dieser Rolle eine
weitere Schwierigkeit, nämlich
die der Textwiedergabe, vor allem dann, wenn Sopranistinnen,
der deutschen Sprache nicht so mächtig, die Partie
übernehmen.
Leider ergibt sich dann für das Publikum kaum die
Möglichkeit, Salome zu folgen, zumal dann, wenn Regisseure
das Werk optisch auf den Kopf stellen, um sich selbst zu
verwirklichen.
Augsburg hat seine Allzweckkraft Sally du Randt als
Salome im Einsatz – sie singt dort Tannhäuser-Elisabeth, die
'Herzogin von Chikago', jetzt Salome und wird doch nicht
etwa auch noch als Annie am Augsburger Roten Tor in diesem
Sommer das: "Ich schieß mit der Knarre, dem Pfarrer die
Zigarre aus dem Mund" oder "Alles was Du kannst, das kann
ich viel besser", das Giulietta Simionato und Ettore
Bastianini so wunderbar als Gäste beim Prinzen Orlowsyki
unter Karajan zu Gehör brachten, von sich geben. Wer weiß,
wenn Not an der Frau ist, steht sie bereit?
Hat sie doch schon Konstanze neben Chrysothemis gesungen und
en passant noch als Hänsel-und-Gretel-Hexe die Kinder
erschreckt und Erwachsene mit der Gestaltung gerade dieser
Rolle überzeugt. Und was wird in diesem Bezug erst bei der
Lady Macbeth sein?
Sally du Randt’s Augsburger Salome ist insofern etwas
Außergewöhnliches, als sie stimmlich etwas vorführt, was
Gundula Janowitz in guten Tagen gelang. Sie zaubert Piani,
Crescendi – die, berühren diese nicht gerade
die ganz hohe Lage unter Druck, denn dann wird der Ton hart
– schlicht und einfach bemerkenswert sind. Hier kann sie
bestricken und Rudolf Pielmayer lässt ihr Zeit, er nimmt das
Orchester zurück und lässt sie drucklos feine Silberfäden
spinnen. Die mittlere und tiefe Lage der Partie liegen ihr
weniger, hier klingt alles eher wie eine Sprechstimme ohne
Volumen und ohne Farbe.
Darstellerisch nimmt man ihr die Kindfrau in einem ersten
Aufwallen von Hormonen nicht ab. Und was soll diese elegante
Dame der Upper Class mit diesem Abgefetzten aus der Wüste,
von dem nichts, aber auch gar nichts ausgeht. Von Fanatismus
der Verkündigung der christlichen Heilslehre,
von animalischer Erotik Jochanaans keine Spur.
Dass Salome da Mühe hat, dem Publikum plausibel zu machen:
’den will
ich, den muss ich unbedingt haben’, ist verständlich. "Sie
quält sich ab,
sie kommt in Schwitz" und so könnte das Stück hier bereits
zu Ende sein, denn jetzt dürfte Salome sich denken: ’in
Wirklichkeit will ich den ja nicht mal zu Hause als Bild an
der Wand hängen haben.’ "Allein, was tut’s."
Die Verliebtheit in den Wüstenpropheten, Ihre Versuche der
Verführung kann Sally du Randt nicht glaubhaft machen. Ihr
"Ich will ihn näher beseh’n", wenn sie neben ihm steht,
dokumentiert auch, wie sie von der Regie allein gelassen
wird. Bei: "Ist er so schön wie du", fragt der Zuschauer,
was hat Salome nur für einen Geschmack, wenn sie den nun
schön findet. Aber angeblich macht Liebe ja blind.
Dann legt sie sich rücklings auf den Boden, in der Hoffnung,
Jochanaan würde nun über sie herfallen. Nichts ist! So steht
sie auf und zupft sich ganz profan ihr Kleid "im Angesicht
alles Volkes" zurecht, das auf der Rückseite zwischen den
oberen Abschnitt der Beine geraten ist.
Ihr körperliches Ringen um Jochanaan sieht aus – da er
beidseitig an langen Banden gefesselt ist – wie Tauziehen
und wenn der angebetete Jochanaan wieder in der Versenkung
verschwindet, versucht Salome
das Hinunterfahren zu verhindern, aber "meine starken Arme
können den Stein von der Stelle nicht mehr bewegen". Salome
schmollt dann, sitzt zwar dekorativ, aber wenig zur Belebung
der Szene beitragend, in einem der beiden Ledersessel oder
lümmelt auf der Couch.
Trotz alle dem oben gesagten: In jedem Fall aber hat in
stimmlicher Hinsicht wie auch darstellerisch bei Sally du Randt eine Entwicklung stattgefunden. Ihre Tatjana,
'Braut-Marie', Konstanze, die drei Damen im ’Hoffmann’ auch
Elisabeth im Tannhäuser in Regensburg – alle litten unter
Statik, mit der Sally du Randt diese Figuren umsetzte und in
der hohen Lage bei Forte-Stellen neigte die Tongebung zur
Schärfe.
Der große Raum im Theater Augsburg, der zunehmende Erfolg
bei der Gestaltung der Rollen, brachte Sicherheit und
offensichtlich hat die Sängerin ein gutes Verhältnis zum
GMD. Das trägt, verbessert auch
die Stimmung. Und ein glücklicher Vogel singt einfach
schöner.
Herodes in einer weißen Gala-Operettenuniform stürzt auf die
Bühne mit Herodias, 'seinem vertrauten Weibe', diese mit
einem Federbusch auf dem Kopf – wie ein Zirkuspferd,
ansonsten elegant, lang mit geschlitztem Rock und großem
Umhang gewandet. Eine 'Klimt-Frau' in dieser Robe, also
Kostüme hier: Zeit der vorigen Jahrhundertwende.
Dass Herodes vom ersten Auftritt an scharf auf Salome sein
soll, kommt nicht rüber. Auch hier, wie bei Salome/Jochanaan,
von Erotik nichts zu bemerken. Das Spiel zwischen dem
Tetrarchen und Salome macht eher
den Eindruck, als wolle er die Dame überreden, mit ihm eine
Partie
'Mensch ärgere dich nicht' zu spielen.
Tadeusz Galczuk als Herodes - meist und
bedauerlicherweise auch der Aegisth in der Elektra - die
Rolle für den älteren Tenor, nun auch für
René Kollo, Wolfgang Schmidt und Siegfried Jerusalem –
unvergessen
Horst Hiestermann – hier ein wohl ehemaliger Operettenbuffo
scharwenzelt, tänzelt herum, das soll ein gefährlicher
Mörder sein? Die Stimme intakt, kernig, wenn auch für das
große Haus und das dicke Orchester etwas wenig
durchschlagkräftig und beim Text weiß man
nicht, ob da nicht irgendwas hingemurmelt wird, was aber mit
Oscar Wilde nicht viel zu tun hat.
Keine gute Meinung hatte Richard Strauss von den hohen
Männerstimmen. Alle Tenorpartien in seinen Opern werden
charakterisiert durch
eine mehr oder weniger ausgeprägte hysterische
Aufgeregtheit. Ob Aegisth, oder Matteo, oder Bacchus, oder
der italienische Tenor,
oder eben Herodes. Unterstrichen wird diese Exaltation durch
den Text, zunächst die Vergesslichkeit des Herodes
darstellend und aber auch die anfänglichen Beschwörungen,
Salome möge für ihn tanzen mit den Versprechen, ihr alles zu
geben, was sie von ihm verlange, dann sein Bedrängen, Salome
möge von ihrem Plan abrücken, mit Penetranz den
Kopf des Jochanaan zu erhalten. Die so genannte 'Juwelenarie
des Herodes' lässt einen Schmuckladen mit schönsten Steinen
und Geschmeiden an den Zuschauern vorüberziehen. Die
Vergleiche der Perlen 'wie Monde an silberne Strahlen
gekettet'; 'wie Monde, die in einem goldenen Netz' gefangen
wurden, 'Topase wie Augen der Tiger' oder 'die der
Waldtaube', oder 'wie Katzenaugen'; 'Opale, die funkeln mit
einem Feuer, kalt wie Eis' wecken Gelüste jeder Frau.
Salomes nicht. Als Prinzessin von Judäa und als Tochter der
Herodias will sie den, der ihre Mutter befetzt und sich ihr
verweigert. Dass sich beim Tanz der Salome durch Sally du
Randt etwas bei Herodes bewegen könnte, ist nicht zu
glauben. Die eleganten aber un-sexy Bewegungen dieser Salome
machen die Gier nach diesem Weib nicht glaubhaft. Und dass
Salome aber aus eigenem sexuellen Antrieb auf Jochanaan
'fliegt', ist nicht plausibel dargestellt. Dies liegt
natürlich auch an der damenhaften Eleganz der Salome durch
Sally du Randt. Und wenn sie sich am Ende den Busen mit Blut
des Jochanaan beschmiert, ist dies noch kein Grund, dies und
alles andere als schlechte Schauspielerei zu brandmarken und
sie durch Kehlkopfschnitt abzuschlachten.
Das "Ich achte nicht auf die Stimme meiner Mutter. Zu meiner
eigenen Lust will ich dem Kopf des Jochanaan in einer
Silberschüssel haben." der Salome steht im Gegensatz zu den
Vorgaben nach Mathäus und Markus, die als Anstifterin für
den Mord an Johannes die Herodias ausweisen. Aus niedrigen
Rachegründen wünscht sie die Köpfung des Mannes der Gott
geseh’n hat.
Herodias, hier vorgeführt von Vuokko Kekäläinen, fiel
bereits als Darstellerin der Tannhäuser-Venus durch ihre
Un-Begabung für die deutsche Sprache auf, die nun einmal für
die Übersetzung des
Wilde’schen Textes durch Hedwig Lachmann so notwendig ist,
damit
der Abonnent und der Kartenfreikäufer der Handlung folgen
kann, wenn
er die Ausgaben für ein Fürstner-Textheft scheute.
Wie im Tannhäuser gelang es Vuokko Kekäläinen durch
Textunverständlichkeit Verwirrung zu stiften, offensichtlich
kapierten
auch die Kollegen auf der Bühne nicht, was sie sang, so dass
die Interpretation der Werkes durch die Kollegen wie auch
vom Publikum
nur schwer, wenn nicht gar nicht, nachvollzogen werden
konnte.
Dabei bietet doch gerade die Mezzosopranpartie der Herodias
so viele Textstellen, die eine völlig realistische
Einstellung dieser Frau dokumentieren wie sie z.B. auf des
Tenors Aussage: "Es ist kalt hier. Es weht ein Wind. Weht
nicht ein Wind?" – mit anderen Worten, "Es zieht" – der
bodenständige Mezzo antwortet: "Es weht kein Wind." Oder
wenn Herodes über den Mond lamentiert, der aussehe wie ein
Weib, das nach Buhlen sucht, antwortet Herodias gemäß der
Regieanweisung "trocken": "Nein, der Mond ist wie der
Mond, das ist alles." Auf die Aussage des Herodes im
Originaltext von Oscar Wilde: "Kann sein, er ist trunken von
dem Weine Gottes" – worauf die zweifelnde und nüchterne
Herodias antwortet: "Was ist das für ein Wein, der Wein
Gottes? Auf was für Weinbergen ist er gewachsen ? In welcher
Kelter findet man ihn?"
Hier ergibt sich eine gewisse Parallelität mit der Szene im
zweiten Akt Lohengrin, wenn Ortrud wegen seiner Niederlage
im Gottesgericht Telramund verspottet.
Nicht passend wäre, sänge Herodes im Falle von Vuokko
Kekäläinen die ganze Wilde’sche Originalphrase mit "Was
kreischst du denn immer? Du kreischst wie ein Raubvogel. Du
musst nicht so kreischen. Deine Stimme peinigt mich." Damit
täte man ihr unrecht, sie dunkelt die Stimme nämlich so ab,
dass es nun zu einem Kreischen wahrlich gar nicht kommen
kann. Allerdings mit dem Erfolg, dass sie den schwer
gemachten Koffer nicht in die Höhe bekommt und sie die 'b'
nur mühsam erreicht. Das "Ich will nicht haben, dass sie
tanzt" klang dann auch bedenklich. Von der Regie wird
die Herodias nicht sehr herausgestellt. Meist steht sie
herum wie eine beleidigte Gouvernante. Auch den Tabledance
der Salome interessiert sie, seitlich am Portal stehend, nur
peripher.
Nach der Hinrichtung Jochanaans nimmt Herodias allerdings
deutlicher Anteil am Bühnengeschehen, es bestätigt sich, dass
Salome ihre Mutter
rächen will, ob der unflätigen Reden des Propheten, worüber
die Mutter sich verständlicherweise freut: "Meine Tochter
hat recht daran getan." Das wird offensichtlich, wenn Salome
mit ihren blutverschmierten Händen die der Mutter berührt
und sie so an der Rache unmittelbar teilhaben lässt. Auch
wie Salome sich an Herodias anlehnt, den Kopf auf deren
Schulter legt, dokumentiert ein herzliches Verhältnis
zwischen den beiden Damen.
Die große Judenszene, die Szene mit den Nazarenern, Soldaten
und Cappadocier gleichen einem allgemeinen Volksgemurmel.
Hier rächt sich, wenn in Stücken, die von der deutschen
Sprache abhängig sind, Sänger an der Rampe stehen, die
besorgt sind um die Tragfähigkeit ihrer
Stimmen und dabei Text Text seinlassen. Die Herren Peter
Bernhard, Wolfgang Theis, Reinhold Zott, Gerhard Werlitz,
Dimitri Ivashchenko, Markus Hauser, Szymon Kubiak, André
Wölker haben ihre Mühe und das Publikum mit ihnen.
Im Ganzen aber hängt die Regie und die Führung der
Einzelpersonen von Pavel Fieber, dem ehemaligen
Intendanten von Ulm – er machte den Ulmern zu viel Musical
und Operette – der nachfolgende Bernd Wilms war den Ulmern
zu intellektuell und der weitere Nachfolger, Ansgar Haag,
ist
den Ulmern als Ulmer Kind als Intendant gerade recht - sehr
in der Luft, wird kaum konkret. Dass z.B. die Juden so
plötzlich auf die Bühne stürzen, statt die Szene permanent
aus dem Hintergrund kritisch zu beobachten, deutet auf die
Maxime hin: ’nur niemand auf der Szene, als unbedingt nötig.
Was soll ich mit dem oder der ohne Text anfangen.’
Pavel Fiebers Salome-Regie erschöpft sich so in
Belanglosigkeiten, Arrangements, "du kommst von links und
geht’s in der Mitte ab."
Generalmusikdirektor Rudolf Pielmayer
zelebriert sein Dirigat, er suhlt
sich im Klang seines Orchesters. Er ist einer der
Dirigenten, der offensichtlich Musik mag. (Es gibt auch
andere.)
Das Stück kann ihm offensichtlich nicht lang genug dauern,
auf dass er Feinheiten der Partitur - Spielzeit von mehr als
100 Minuten dokumentiert dies - herausstellen kann. Dass
durch das Nicht-Tempo Spannung
verloren geht, ist verständlich.
Auffallend im ersten Rang wie wenig sich die
Orchesterstimmen mischen. Sehr deutlich fallen einige
Instrumente heraus und verhindern so einen Gesamtklang. Die
Kehrseite ist, dass der aufmerksame Zuhörer sich an einem
schönen, geschlossenen Bläsersatz erfreuen kann.
Das Publikum dankt durch besonders heftige Akklamation der
Sally du Randt und dokumentiert: Alles in Allem ein
gelungener Augsburger Theaterabend.
Empfohlene Lektüre: Melanie Unseld:
"Man töte dieses Weib!"
Weiblichkeit und Tod in der Musik der Jahrhundertwende;
Metzler-Verlag Stuttgart-Weimar, 2001 |
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Jacques
Offenbach
Les
Brigands |
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07.05.04
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'Banditen
in Regensburg' |
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Theater Regensburg
Intendant Ernö Weil |
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"[...] Dies
führte mich auch auf Ausflüge nach jener Gegend hin,
während
ich des jungen Weißheimers Talent als Orchesterdirigent
durch die
Aufführung von Offenbachs ‚Orpheus’, bis wohin er
einzig in einer untergeordneten Stellung am Theater zu Mainz
gelangt war,
kennenlernte. Ich war wahrhaft entsetzt, durch
die Teilnahme an dem jungen Mann mich bis zur Assistenz
einer solchen Scheußlichkeit herabgebracht zu sehen, und
konnte lange Zeit nicht anders, als Weißheimer meinen Mißmut
hierüber auffällig nachzutragen.[...]"
Dass Richard Wagner auf Jacques Offenbach nicht gut zu
sprechen war, zeigt nicht nur dieses Zitat aus 'Mein Leben'.
Auch später nahm er Kritisches auf. Der Text zu 'Eine
Kapitulation' sollte eigentlich im Stil Offenbachs von Hans
Richter vertont werden. Als ein Berliner Theater
die Posse
mit Musik - in Anspielung auf den Sieg über die Franzosen im
Jahr 1872 geschrieben - ablehnte, zog Richard Wagner das
Stück zurück und veröffentlichte es 1873 in Band 9 seiner
'Gesammelten Schriften und Dichtungen'.
Hier in diesem 'Lustspiel in antiker Manier' lässt Richard
Wagner ein
Mitglied der Regierung – Jules Ferry- ausrufen:
"[...] Erkennt ihr ihn den Wundermann, den Orpheus aus der
Unterwelt, den ehrwürdigen Rattenfänger von Hameln? [...]"
Und er lässt den Chor antworten:
Krak! Krak! Krakerakrak!
Das ist der Jack von Offenback!
Da draußen im Fort nicht mehr kanonirt,
dass man nichts von der Melodie verliert! –
Oh, wie süß und angenehm,
und dabei für die Füße so recht bequem!
Krak! Krak! Krakerakrak!
O herrlicher Jack von Offenback!
Er, der
sich mit Parsifal eine eigene rituelle Handlung im
'Weihfestspiel' schuf – der sonst nur den Mythos, das hehre
Rittertum, die hohe Liebe, die Erlösung des Mannes durch das
Weib im Sinne hatte und zur Basis seiner Werke machte -
spottete der Menschen, die, wie er, 1849 mit der Revolution eine
Veränderung wollten.
Mit
Gift und Galle fiel er über sein damaliges Heute "Die
Franzosen sind
die Fäulnis der Renaissance" her, eiferte
aber seinen Zeitgenossen
Halévy und Meilhac, den Autoren der
Opéra bouffe, vertont von
Jacques Offenbach, nach.
Denn gerade Offenbach hob in seinen Werken die Kritik an den
damaligen aktuellen Verhältnissen auf die Bühne. Die
Zustände in Paris mit Schiebungen, Korruption, Untreue,
Vorteilsnahme durch Beamte, Geschäftsleute und Vertreter
der Politik waren in der Schusslinie und wären auch heute
als Zielscheibe gerade recht, hätten wir jetzt für
musikalisches Kabarett einen Jacques Offenbach – die Verlage
kämen
nicht mehr nach, mit dem Druck musikalischer Werke
"wie aus dem richtigen Leben". Banditen in Deutschland, in
Bayern. Gar in Regensburg?
Wie schwer es
ist, 'mit leichter Hand und leichtem Sinn' Operette und
dann
auch noch französische Opéra-bouffe in Szene zu setzen,
zeigte
sich hier und heute wieder überaus deutlich. Der
Literat unter den Regisseuren und Intendanten,
Wolfgang Quetes - wieso entstand da ein zeitliches Loch
zwischen der Intendanz Kaiserslautern und der in Münster? -
präsentierte seine Inszenierung und seinen neuen Text, wobei
er es mit beidem - auch der Claque - schwer machte, vor dem dritten Akt
das Entree zum Stück zu finden. So sehr sich auch alle
mühten, schwerfällige Anschlüsse, temposchwache Dialoge und
auch ein Dirigat mit wenig Esprit, waren dem großen Erfolg im
Weg.
Ein stattliches Ensemble - ist
nicht mal die Rede davon gewesen, es würden in Regensburg in keinem Fall
mehr Solisten aus der Zeit von Frau List engagiert(?), aber
wer kommt schon an einem schönen
mallorquinischen Tenorbuffo
vorbei - war aufgeboten, die Story in den verschiedenen Rollen mit Verkleidungen zu vermitteln.
Der Chor war in Einzelfiguren aufgelöst, war dadurch
leichter zu führen
und stellte sich nicht nur als Masse dar.
Ob nun Ruth Müller,
Hyuna Cho-Schroeder, Myriam Chávez oder
die soloerprobte Christiana Knaus-Waldmann oder Elena Lemke,
Olga Berchten, Gertrud Judenmann und daneben die Herren
Jong-Il Park, Harald Mück, Gabriel Mondragón
und Daniel
Jaquet – Individuen, die durch die Darstellung der einzelnen
Typen, Würze in den Ablauf brachten. Die unterschiedlichen
Muttersprachen der Räuberdarsteller dokumentierten in den
Dialogen deutlich das Multi-Kulti-Ensemble am Regensburger
Theater.
Bei den Solisten fielen die Damen auf: der ausdrucksstarke Mezzo Elvira Soukop als Prinzessin von Granada – eine
'Carmen'
dürfte ihr sehr liegen – daneben – die zweite tiefe
Damenstimme Carmela Calvano Forte als der Page Adolphe von
Valladolid – auf dem Regensburger Besetzungszettel plump
mit Adolf eingedeutscht. Eigentlich in
der Urfassung mit einem Tenor besetzt.
Wie immer quirlig, überzeugend im Spiel, entzückend
anzusehen: Ilona Vöckel zwitschert die Fiorella. Ingeborg
Hallstein war ihre Lehrerin – hm? – liegt’s nun an der
Schülerin oder an der Lehrerin oder gar schon an deren
Mutter?
Der kräftige Bauernbub Fragoletto – eigentlich eine
Sopranhosenrolle –
von Georg Schießl, der zierlich-schöne
Juan Carlos Falcon als Herzog – könnte der nur ein
Rigoletto-Herzog sein – und Jóhann Smarí Saevarsson mit
seinem Barbavano oder der Bramarbasso von Michael Doumas –
der nun wirklich einfach komisch in seiner Art. Juuso Hemminki litt
als Graf
von Cassis.
Falsacappa - Michael Suttner.
Den kann
man ja nun in fast jeder Rolle
auf die Bretter stellen –
eine nicht so häufig zu findende
Bühnen-Persönlichkeit. Ob
Musical, Oper oder Schauspiel – Suttner kann alles. Da
dürfte sich ja bald das größere Haus vor den Toren
Regensburgs anschließen.
Und doch,
gerade für die singenden Herren wäre die Praxiseröffnung
eines guten, erfahrenen, preisgünstigen Gesangslehrers oder
einer Lehrerin in Regensburg zu wünschen. Da ist bei manchem
manches polierensnotwendig.
Christian
Pätzold füllte mit dem Vortrag seiner Vita als Räuber, Bankier,
Versicherungsmakler und was sonst die Bevölkerung heutzutage
schröpft die Umbaupause zum dritten Akt. Die Aktualität
wurde so wie schon zu Offenbachs Zeiten eingebracht, wenn es
hier auch im Zwischenakt war. Das Bemühen die Kritik auch in das Stück
direkt zu übertragen,
erschöpfte sich in der Forderung nach
Dividende und der in der GDBA -
wie sinnig – organisierten
Räuberbande.
Herausragend der Komödiant Oliver Severin, der als
Kabinettskurier und dann als Finanzminister Antonio die
Register seines Könnens zog und beim Publikum absahnte.
Regisseur
Wolfgang Quetes bemühte sich um Belebung der Bühne, was
trotz
allem öfter leider zu Löchern führte, wenn nun unbedingt der
Abgang des Einen und der Auftritt der Anderen getrennt
werden sollten. Ehe
der/die Andere dann auf der Szene präsent
ist, entsteht ein Loch. Leichtfüßiger müssten diese
Anschlüsse funktionieren. Und etwas zu
häufig wurde der
Pulverblitz bei den fotografischen Aufnahmen gemolken;
zündelt Andrea Mink so gerne?
Das
Bühnenbild von Manfred Kaderk, praktisch in seiner
Holzverschalung mit den beiden Baumstümpfen im ersten Akt –
läst sich leicht für 'Walküre' erster Akt verwenden – der
Bretterbude der Wirtsleute Pipo, Pipetta und Pipa – hier die
universell einsetzbare Rosemarie Beisert – und im letzten
Akt mit den Ornamenten an den Pfeilern im angedeuteten Palast.
Die
Kostüme der Räuber wild, verkommen, dreckig – wie sie halt
so aussehen sollen – die Räuberinnen / Bäuerinnen eigentlich viel
zu adrett.
Hübsch-elegant die Adjustierung der spanischen
Hofgesellschaft.
Selbst
unter Berücksichtigung der musikalischen Raffinesse dieses
Werkes aus 1869, steht es hinter einem 'Blaubart' zurück,
auch wenn dieser - wie Anfang der 90er in Regensburg
geschehen - durch Peter Nüesch als König Bobèche überzogen
wurde und es Berthold Gronwald schwer hatte, als Barbebleu
mitzuhalten. Und ist Walter Felsenstein in Erinnerung,
bleibt der Mut auf der Strecke. So stand Wolfgang Quetes's
'Blaubart' in Nürnberg - auch vor 10 Jahren - auch im
Schatten dieses großen Regie-Zauberers.
Dem Theater Regensburg ist
zu wünschen, dass sich 'Die Banditen' einspielen und die
Vorstellungen dadurch
Tempo gewinnen. Allerdings liegt die Verantwortung hier auch
bei der musikalischen Leitung. Ist die letzte Textsilbe
verklungen, darf es bis zum Auftakt nicht so lange dauern.
Aber das weiß Maria Fitzgerald und macht alles sicher bald aus
eigener Initiative eben auch musikantisch besser.
Dann klappt's auch mit dem Publikum. Und schon vom ersten
Akt an.
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Carlo
Goldoni
Trilogie der Sommerfrische
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24.04.04
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"Wir sind
eine muntere Gesellschaft ..." |
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Theater Regensburg
Intendant Ernö Weil |
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Carlo
Goldoni, Reformator des Sprechtheaters im 18. Jahrhundert
wirkte auch auf die Oper. Die Entwicklung der opera buffa
war vorgegeben
durch Goldonis Komödie des Stehgreiftheaters, der Commedia
dell’arte – bereits im 16. Jahrhundert in Italien bekannt -
zeigte sie sich später
hauptsächlich beim Schauspiel in Frankreich, später auch im
übrigen Europa.
Gab es in den Anfängen lediglich Handlungsmuster mit den
wichtigsten Wendepunkten des Stückes als Rahmen für das
Spiel und die
Schauspieler, kam später die Übernahme von Rollen-Typen und
zusätzlich solche aus der jeweiligen lokalen Szene hinzu.
Dabei wurde
die höfische Gesellschaft stark kritisiert, während die
bürgerliche meist
mit harmlosem Spott bedacht wurde.
Die Trilogie der Sommerfrische nimmt gute drei Stunden
Spielzeit in
Anspruch, zu lang, wenn es sich 'nur' um die Darstellung des
Textes in einer gegenüber dem Original fremden Sprache
handelt. Das Stück bekommt dann einen belehrenden Charakter,
ätzt dadurch und seine Länge.
Das in
der Originalsprache durch seine plappernden Secco-Rezitative
spritzige Commedia-dell'arte-Spiel hat somit seine Mühe mit
der
deutschen Sprache und so ist es recht, dass Giacinta sich am
Ende mit allem Respekt an die wendet, "... die uns mit so
viel Geduld bis hierher
gefolgt sind ...".
Es dauert, bis der Faden vom Publikum aufgenommen werden
kann.
Das Bühnenbild von Maroine Dib - karg, schmucklos und durch
den
Catwalk mittendrin auch noch unpraktisch – macht es den
Darstellern schwer. Der nüchterne
Zitzelsberger-Velodrom-Stahlbau und das nur
zum Teil gefüllte Theater können kaum den Eindruck von
Sommerfrische
in Italien vermitteln.
Ein paar Statisten oder Bühnentechniker mit
Nebenschauplätzen wie Umbauten auf offener Szene,
überlappende Auftritte und Abgänge hätte Regisseur Peter
Lüdi vorsehen sollen, um dem Spiel in diesem Feydeau
des 18. Jahrhunderts auf die Sprünge zu helfen; die langen
Gänge,
selbst wenn sie in Eilmärschen durchmessen werden, ziehen
das Stück, ermöglichen auf der anderen Seite aber, die
schönen Beine der Damen
zu bewundern.
Selten
so schmucke Kostüme verbargen hier kaum etwas und Silvia
Schuh, Ulrike Lodwig, Anja Carolin Pohl und Bettina
Schönenberg
wussten sie und sich als Giacinta, Vittoria, Brigida und
Rosina zu präsentieren. Doris Dubiel, Silvia van Spronsen
und Renate Hünlich als Sabina, Costanza und Bernadino
stützen sich auf ihre Bühnenerfahrung und ihr Talent,
konnten auf 'nackte Beene' verzichten.
Bei den Herren fiel Hubert Schedlbauer als ’Doppeldiener’
auf, da er es verstand, in der kleinen Szene mit Brigida den
Atem stocken und einen Hauch von Atmosphäre entstehen zu
lassen.
Wackere Textbeherrscher: Valentin Stroh, Arthur Werner,
Christian Ballhaus als Tognino, Guglielmo und Filippo.
Michael Haake schrullte als Ferdinando durch das Stück und
Michael Heuberger’s Fulgenzio
erinnerte stark an den Spielmacher Don Alfonso in 'Cosi'
oder den Haushofmeister in 'Ariadne'.
Peter Papakostidis als Leonardo, der Rolle entsprechend und
so wie man ihn aus seinen Anfängen in Regensburg kennt.
Das Publikum dankte kurz und schmerzlos. Armes Ensemble und
armes Publikum, wenn das zeitlich ausufernde Stück in der
Woche abends gegeben wird.
So etwas kann man nachmittags beginnend open air mit
zwischenliegenden großen Pausen machen, oder im kleinen Haus
am Bismarckplatz mit sinnvollen Strichen. |
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- sie blieben aus. Nach dem
'Rössl' wurde ein neuer Reinfall erwartet, von dem sich bis
heute viele in Regensburg nur schwer erholen. Und dieses Musical
fordert mehr als nur Arrangements. Der Wechsel vom 'Ritter von
der traurigen Gestalt' zum Dichter Cervantes bietet dem
Hauptdarsteller vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.
Lutz Ulrich Flöth als Gast nutzte sie und war in den von der
Verwirrung belasteten Stellen glaubwürdig und dadurch anrührend.
Ansonsten in der Darstellung sehr heutig - wenig der
Steuereintreiber, Soldat oder Dichter des Spaniens im 15.
Jahrhundert.
Victor Schiering - das Tenorbüffchen - als Sancho Pansa. Aber
wie soll am Theater Regensburg die Rolle adäquat besetzt werden,
wenn Michael Doumas - der seriöse Bass - schon mit Herzog
und Carrasco im Einsatz ist. Man kann die Leitung des Theaters
Regensburg nicht genug loben und preisen, dass sie den
SängernInnen und SchauspielerInnen - so häufig die Möglichkeit
gibt, fachübergreifend tätig zu sein. Bei Michael Doumas - dem
Verwandlungsdarsteller - führt das dann dazu, dass er mit des
Basses Urgewalt ausgestattet herumsteht, beide Hände vor sich
haltend, die Fingerspitzen aneinanderdrückend somit wohl
Akupressur betreibend.
Elvira Soukop - der Hosenmezzo, aber auch Carmen, hier als kesse
Aldonza / Dulcinea - so eine Art 'Kate' mit satter Kopfstimme
und, wenn nötig, brutal in die Brust gehend - wie die späte
Baltsa.
Heinz Müller als Padre darf singen und das in höchsten Tönen.
Christiana Knaus-Waldmann, routiniert durch die vielen Rollen,
die sie auf der Regensburger Bühne gestaltet hat, als Antonia.
Ruth Müller, die keifende Gastwirtsgattin und Rosemarie Beisert,
die Mehrfachwaffe des Theaters Regensburg, als Haushälterin.
Dass und wie sie mit Knödeln und Braten resolut umgehen kann,
ist gut vorstellbar.
Regisseur Michael Blumenthal stellt die Handlung in ein strenges
Outfit aus Stahlstäben mit (gelegentlich hängenbleibendem
Fallreep) ein spanisches Gefängnis zur Zeit der Inquisition
darstellend. Die übrigen Räume: z.B. freie Landschaft mit
Windmühlen muss man sich denken, oder die Kneipe wird mit
Requisiten und Tischplatten angedeutet. Dass in diesem Gefängnis
unter der Geißel der katholischen Kirche Damen und Herren als
Räuber und Mörder gemeinsam sitzen, ist allerdings kaum
nachvollziehbar. Da der Herrenchor am Theater Regensburg zu
klein ist, mussten die Damen halt mit auf die Bühne, sie saßen
wie die Chor-Herren meist herum und langweilten sich.
Das Publikum braucht einige Zeit, um sich zurechtzufinden,
genießt dann aber nach der 'Rössl-Pleite' und applaudiert heftig
und lang anhaltend am Ende der Vorstellung.
Werner Schwab ist tot. Frechheit und Suff
ermöglichen manchem Autor, seine Stücke zu verkaufen. Bringt
er's einmal an den Mann, plappern's and're Dramaturgen nach.
Jedes Theater giert nach Neuem – gleich, was es ist.
Immerhin brauchte das Theater Regensburg 14 Jahre, bis es auf
'Die Präsidentinnen' kam. Dadurch wird das Stück auch nicht zum
Klassiker. Mag sein, dass es zu der Zeit um 1990 noch etwas
anderes bedeutete – aber über wie viele Stücke ist die Zeit
dahingegangen oder sie sind – anders gesagt - durch das Sieb der
Zeit gefallen.
Hier quergeln drei alte Plunzen über den Finger im Loch im
Hintern oder wie die Scheiße dort herauskommt und was man alles
in einem doch mindestens 100er WC-Fallrohr finden kann.
Merkwürdig, dass alle Closchüsseln in Graz keinen Schwanenhals
als Siphon haben, in dem Wasser steht, das ein Aufsteigen von
Kanalgeruch verhindert. Wie das Mariele sonst bis zu dem
Achselhaaren sich durchärmeln will, um Bierflaschen und
Konservendosen rauszuholen – wie diese da überhaupt reingekommen
sind – bleibt schleierhaft und ist für Jeden – auch ohne
Sanitär-Vorbildung - nicht nachvollziehbar. In Graz ist das
alles möglich. Zumindest aber bei Werner Schwab.
Ein Stück aus der Steiermark - bei pausenlosem Durchlauf
benötigt es unbedingt einen gewaltigen Strich, denn so ermüdet
das sich im Kreis drehende Geplapper nach kurzer Zeit. Nichts
aus der ehemaligen Ostmark schlägt einem entgegen, wenn eine der
drei Schwestern – die Erna von Gesine Berkholz - eher eine
Regine Hildebrand aus einem Berliner Vorort wie
Königswusterhausen oder Strausberg darstellt und die Grete von
Simone Haering wie Hanne Wieder klingt, diese hier allerdings
spitzmäulig, säuselnd, text-unverständlich.
Das Mariedl von Bettina Schönenberg – auch hier durch
Neutralität nichts vom Land der Fritatensuppen. Ohne den 'alpenländlerischen'
Sound aber geht die Brutalität verloren. Breit müsste der Text
kommen, raunzig, nöhlig, ekelerregend, zum Kotzen.
Alle drei Damen aber schnurren - bis auf die o.a. Ausnahme
Berlin-Köpenick - in fast perfektem Hannöversch routiniert den
Wust der Worte herunter, ohne nebenbei das psychologische Elend
der Figuren glaubhaft machen zu können.
Es war nun die Dernière und unklar bleibt, weil die Premiere
nicht besucht, wie sich die Inszenierung durch die
Wiederaufnahme entwickelte oder diese nur liegen blieb.
Der Eindruck des Stückes und seiner Inszenierung
nach der letzten Vorstellung:
"Entscheidend ist, was hinten rauskommt."
Hier war es gequirlte Scheiße.
Das groteskes Musik-Märchen
hatte endlich Premiere, geplant schon in der letzten Spielzeit
List, nach vielen andern Häusern hat es auch Regensburg
gestemmt. Und gar nicht schlecht! Von Langeweile keine Spur,
turbulent, leicht, beschwingt und arg obszön. Der Teufel, auf
der Erd' weil in der Höll' grad Hausputz ist, flieht gerne in
die Spießigkeit zurück, die Welt ist noch viel schlimmer. Das
Regie- und Ausstattungsteam, sofern katholisch, hat mit
Exkommunikation zu rechnen, ob derber Possereien, die so Herr
Grabbe nicht zu formulieren wagte. Die Sangesleistungen, zu
würd'gen sind sie allesamt.
Elvira Soukop, Ilkonka Vöckel, Jin-Ho Yoo, Adam Kruzel, Johann
Smari Seavarsson, Brent L. Damkier, gut allesamt, für Herrn
Dumas erscheint die Partie etwas zu tief (!), Markus Georg
Herzog gibt die köstliche Parodie eines Poeten. Die 4 vom 'running
gag' (Leitgeb, Calvano Forte, Schiering Tosi-Socolov) sahnen ab,
der Counter-Teufel Frank Valentin füllt Bühne und Zuschauerrund
mit Präsenz und Stimme, wenn auch die Voice-Effekte an den
Randplätzen nur rudimentär vernehmlich sind.
Kleinigkeiten zu mäkeln am Libretto:
Warum Oberkirchenrat und nicht Generalintendent? Versteht man
auch im Süden! Die Welt ist gut, der Mensch ist schlecht.
Dutroux, Madrid 11. März 2004, Agenda 2010... Die Höll' ist
besser als die Welt!
Detlefs Glanerts Partitur ist intelligent, raffiniert
instrumentiert, fern jeder Aleatorik und auch dem, der
Zeitgenössischem abhold, gefahrlos zuzumuten. Die Studienleitung
(Maria Fitzgerald) hat erneut auf Textverständlichkeit gepocht,
lästige Übertitelung wird so vermieden, wer's ganz genau wissen
will kann im Foyer für EUR 3,50 das Textbuch käuflich erwerben.
Zuletzt ein Lob dem hundertjährigen Orchester: Kein Kiecksen,
sauber, klar und hörbar voller Spiellust.
Der Oper und der Inszenierung, Ensemble und dem Thema sind viele
aufmerksame Zuschauer zu wünschen.
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4.2.04
Theater Regensburg
Intendant Ernö Weil
"Mein Kampf" |
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"... der das Weinen
nicht gelernt." |
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"Als
die Mutter starb, hatte das Schicksal in einer Hinsicht bereits
seine Entscheidung getroffen. In deren letzten Leidensmonaten
war ich nach Wien gefahren, um die Aufnahmeprüfung in der
Akademie zu machen. Ausgerüstet mit einem dicken Pack von
Zeichnungen, hatte ich mich damals auf den Weg gemacht,
überzeugt, die Prüfung spielend leicht bestehen zu können".
So schreibt Hitler in 'Mein Kampf'.
1910 kommt er nach Wien, erhält Unterkunft in einen
Männerwohnheim. Nachdem er von der Aufnahmekommission der
Kunstakademie abgelehnt wurde, verdichtet sich bei ihm die
Auffassung, alles habe sich gegen ihn verschworen.
Seine Kontrahenten sind zunächst einmal die Juden. Die Stimmung
in Österreich war gegen sie, Hitler schwamm auf dieser Welle mit
und das war der Kardinalfehler.
Hitler nutzte nicht die Möglichkeiten, die ihm das Weltjudentum
mit seiner geistigen Potenz, seiner finanziellen Unabhängigkeit
hätte bieten können. Er legte sich mit der katholischen Kirche
an - war Pius XII. Hitlers Papst ? - und die dritte Weltmacht -
jedenfalls heute - die 'Bruderschaften' bekämpfte er.
Dabbeljuh Busch ist durch die Einbindung dieser Instanzen der
mächtigste Mann der Welt. Hitler hätte es sein können und es
hätte keinen Holocaust gegeben, kein Abwandern der geistigen
Elite aus Deutschland, wohl auch kein Problem in Palästina.
Hitler
ließ sich auch von Richard Wagner beeinflussen. Dieser
stänkerte antisemitisch in seinem Machwerk "Das Judentum in der
Musik". Mendelssohn, Meyerbeer waren gemeint. Hitler liebte Rienzi und Lohengrin und war so
Richard Wagner sehr nahe.
Aber es hätte George Taboris 'Mein Kampf' nicht gegeben.
Nun nimmt sich auch das Regensburger Theater des deutschen
Textes von Ursula Grützmacher-Tabori nach George Taboris Stück
an.
Aus dessen Möglichkeiten zu schöpfen, gelingt Hubert Schedlbauer
als Herzl. Gerade im Leisen überzeugt er in seiner
Mitmenschlichkeit, Gläubigkeit, Sanftheit und steht im Kontrast
zur penetrant aufgesetzten Trotteligkeit in der Darstellung des
Hitler durch Peter Papakostidis. Eine Dämlichkeit, die der Text
überhaupt nicht hergibt.
Warum lässt Regisseur Zametzer dem Darsteller keine Möglichkeit,
im Laufe des Abends eine Entwicklung zu durchlaufen. Dieser Depp
Adolf wurde zu dem Hitler ? Nicht nachvollziehbar.
Bettina Schönenberg darf ihren schönen Body als Gretchen zeigen,
darf aber dann eine Veränderung zum neuen Mitglied im BDM
durchmachen. Neben ihr Frau Tod von Doris Dubiel, die im feschen
Dirndl vom Obersalzberg kommend später die Endlösung der
Judenfrage herbeiführen wird. Dafür braucht sie nach Tabori
Adolf Hitler.
Nur so wie der am Theater Regensburg angelegt ist, sollte sich
die Dame auf ihre eigenen Todesreize verlassen.
Peter Heeg als vermeintlicher Gott raunt Stichworte, Arthur
Werner darf sich vielfach verwandeln.
Die Bühne von Jochen Diederichs, ein intimes Nachtasyl, durch
Einrichtung und Requisiten Herrn Zametzer
Gestaltungsmöglichkeiten die Menge bietend.
Und dieser nutzt sie, bis hin zur Kissenschlacht, dass die
Federn fliegen. Kostüme von Uschi Haug, stückgemäß.
Eine gelungene Produktion, wäre eben nicht die übertriebene
Rollengestaltung des Hitler, die von Peter Papakostidis zwar
konsequent durchgehalten wird, nur kann dem Zuschauer, eingedenk
der Gräueltaten, das Blut eben nicht in den Adern gefrieren. Für
Papakostidis eine vertane Chance.
Oder sollte er Adolf Hitler so als eine Art 'Charlys Tante' dem
Publikum präsentieren ?
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Theater Regensburg
Der Spielplan 2004
- 2005 |
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Da ist er,
der Spielplan für 2004 - 2005
In groben Zügen jedenfalls.
Fidelio
Nathan der Weise
Eine Nacht in Venedig
Räuber Hotzenplotz
Der Raub der Sabinerinnen
My girl and me
Hotel zu den zwei Welten
Carmen
Das Tagebuch der Anne Frank
Mefistofele
Norma
Peer Gynt
Kabaret
Der Liebestrank
Wird er beleuchtet, stellt sich die Frage: wer macht was ?
Wer ist Leonore (vielleicht Sullivan), wer Florestan (vielleicht
doch nicht etwa Suttner?) Damkier - Jaquino, Vöckel -
Marzelline, Saevarsson - Rocco, Pizarro - Kruzel? |
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Und bei Carmen? Die Titelrolle Frau Soukop? Escamillo - Kruzel.
Und sicherlich Herr Suttner als José, Leitgeb als Micaela.
Besonders interessant ist der Fall Norma. Pollione - wieder
Suttner? Flavius ??? Und wer singt 'Casta Diva'?
Liebestrank-Nemorino wieder Suttner und Adina? Wohl Mi-Soon Jang.
Schaun mer mal, dann wern mer schon sehn.
Aber ganz abgesehen davon, erst 1995 war 'Raub', 'Nacht in
Venedig' war 1993, 'Nathan' um 1990 herum, Liebestrank war erst
1994.
Etwas schnell kommen die Wiederholungen.
Der Vorteil:
man kann vergleichen, was war wann besser.
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Così fan tutte |
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Theater Trier 24.01.04 |
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"Für Geld tu' ich gar
manches" |
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Es gibt nur
leichte Retuschen von Dr. Brenner an Lorenzo da Pontes 'Così fan tutte ossia la scuola degli
amanti', das von Eduard Devrient,
Librettist von Heinrich Marschners 'Hans Heiling', Anfang des
19. Jahrhunderts übersetzt wurde.
Diese hebt das "[...] è l'oro il mio giulebbe [...]"
nicht auf und lässt Despina diese für alle Zeiten und
alle Erdteile gültigen Worte sagen:
"Für Geld tu' ich gar manches".
Wer tut nicht was für Geld ? Und mancher eben tut manches für
Geld.
So ist auch Despina schon der Meinung, dass es keinen Grund
gebe, "[...] zu verzweifeln, zu rasen, weil ein Liebhaber
fortging! Sah man je solche Torheit! Für den einen Verlorenen
nimmt man zwei.[...]".
Ist es nicht heute auch noch so, denn "[...]
Kommt ein schlanker Bursch
gegangen, blond von Locken oder braun, hell von Aug' und rot von
Wangen. Ei! Nach dem kann man wohl schau'n [...]" ist es aus mit der Treue.
Heut mehr noch
als früher. Die Hemmschwellen liegen tiefer und es wird schnell
darüber hinweggegangen, auch wenn der Neue nicht so riecht wie
der Andere. Die Hormone wallen. Mann ist Mann - und drauf kommt
es an. Ob 'Unter uns', 'Gute Zeiten, schlechte Zeiten',
'Marienhof', 'Verbotene Liebe'. Jeden Abend gaukeln die
TV-Sender uns 'das wahre Leben' vor. Und dann machen es (fast)
alle nach. Und machen es die Männer anders ?
Verlust alles Wichtigen, Ehre, Moral, Aufrichtigkeit,
Pünktlichkeit, Ehrlichkeit. "[...] Dahin was mir wert war und
teuer [...]"
Und dass Lorenzo da Ponte così fan tutte vorgibt und
nicht tutti, schließt die Männer aus und nur die Frauen
sind an allem Schuld, sind untreu und irgendwie und letztlich
unfähig zu Allem. Das Einzige was ihnen zu tun bleibt, ist die
Erlösung des Mannes durch Liebe. Richard Wagner lässt grüßen.
Wenn schon zur
Zeit der Entstehung des dramma giocoso - und erst recht heute -
wird auch die doch ziemlich unglaubwürdige Story, dass zwei
junge Frauen, eben noch in den Armen ihrer Liebhaber, 15 Minuten
später diese nicht mehr erkennen, nur weil sie sich einen
Rauschebart umgehängt haben. Die Putzfrau plötzlich als Arzt
oder als Notar erscheint und niemand den Schwindel aufdeckt. Und
zum Schluss des Stückes haben sich neue Paare gefunden,
eigentlich diejenigen, die zusammen passen.
Haarsträubend die ganze Sache. Die Exaltation der Damen, sich
wegen der Abreise der Liebsten in den Tod stürzen zu wollen
"[...] Wo ist ein Degen? [...]" oder "[...] Ist kein Gift hier
zur Hand? [...]"
Hier liegt noch immer das Problem jeder Così-Inszenierung. Und
es kann auch kaum im 18. Jahrhundert anders gewesen sein, denn
es machten sich schon damals eine Heerschar von Dichtern und
Denkern über das Stück her, wollten die Musik Mozarts retten und
wenigstens etwas Sinnvolles der ganzen Geschichte geben.
Vergebens, das Stück ernst genommen, konnten sie es nur verschlimmbessern. Arien von
Dorabella, Guglielmo, Ferrando wurden gestrichen, Dorabella sang
die Felsenarie. Erst 1897 stellte Hermann Levi für die
Bayerische Hofoper die alte Form Mozarts Komischer Oper in
eigener Übersetzung wieder her. Am Cembalo saß Richard Strauss.
Mozart hätte eine andere Musik geschrieben, wenn er nicht selber
in diesem Stück den Spaß, die Parodie, den Maskenjux mit einem
zugekniffenen Auge des Verständnisses für das Bühnengeschehen
erkannt hätte.
Die Damen wissen, wer die beiden Verkleideten sind und nach der
Maxime 'Übertreibung macht anschaulich' muss das Ganze in die
Nähe der Klamotte, zur Freude der Sängerdarsteller und des
Publikums, gerückt werden. Die Musik wird dadurch nicht
angetastet oder gar beschädigt.
Am Theater Trier griff - auf Einladung des Intendanten Heinz
Lukas-Kindermann - der Intendant vom Theater Regensburg, Ernö
Weil, nach dem Werk. Und es wird wohl so sein, wie doch so oft
praktiziert: "Gib'ste mir was, geb' ich dir was!" Danach ist es
wohl nur eine Frage der Zeit, dass Herr Kindermann - der Gute
hat leider oft die Art, noch nach der General-Probe die
Choreographie zu ändern - in Regensburg
inszenieren darf. Oder eilen gar Herr Etzel-Ragusa oder K.D.
Köhler für
eine Regie in die Domstadt an der Donau.
"Weißt du, wie das wird?"
Ob aber diese Herren unter den momentanen Regensburger
Gegebenheiten tatsächlich kommen, um "für Geld tu' ich gar
manches" hier zu inszenieren, ist äußerst fraglich.
Das Theater Regensburg hat ein solches Ensemble nicht, es
herrscht auch eine zu bedrückte, krampfige Stimmung, um diese
komische Mozart-Oper adäquat geben zu können. Und Trier ist ein
C- und Regensburg ist ein B-Haus. Die Wertung bezieht sich zwar
auf das Orchester, aber immerhin. Und darüber hinaus, entweder
hat das Theater Trier mehr Geld für die Bühne oder der Intendant
Heinz Lukas-Kindermann mit seinem GMD haben mehr Ahnung von
Sängerstimmen.
In Regensburg werden seriöse der Sänger der Oper in der Operette
verheizt, ohne dass Stimmung aufkäme. Es sei nur an
'Vogelhändler' und 'Rössl' erinnert.
In Trier steht ein feines, junges, souveränes
Stadttheater-Ensemble auf der Bühne, das mit viel Agilität,
Spielfreude, sinnvollen Aktionen und Schöngesang das Publikum
überzeugt.
Lass mal eine Stimme vielleicht und gelegentlich etwas kehlig
klingen, oder einer der Rolle stimmlich schon entwachsen sein,
es bleibt eine Freude zuzuhören und zu schauen. Vor allem die
Weibersleut - g'waschne Madeln, schlank, rank, lebendig, sicher
und trotz des Schlankseins mit rundem vollen Klang in allen
Lagen, ohne zu drücken, ohne unnötig aufzugähnen, ohne künstlich
abzudunkeln: Annette Johansson als Fiordiligi, Eva-Maria
Günschmann als Dorabella und Evelyn Czesla als Despina. Bei den
Herren ist Don Alfonso von Lázló Lukács hervorzuheben, der Mann
sieht gut aus, kann sich bewegen und auch noch singen. Er gibt
keinen überhirnten Philosophen, sondern einen Schlawiner erster
Güte. Daneben - äußerst erfreulich, Thomas Kießling als Ferrando,
kraftvoll die Töne abstemmend und Andreas Scheel - der schön
singende lyrische Bariton als Guglielmo.
Das doch einen langen Abend füllende Werk spielt sich in einem
Einheitsbühnenbild von Dieter Stegmann ab, Bäume, Wände oder nur
Requisiten auf die Szene gebracht, die neue örtliche Situation
andeutend. Dass Ernö Weil wieder die Statisten und
Bühnenarbeiter bei Umbauten 'in action' zeigt, warum nicht. Es
belebt die Szene, aber die Musik hat 'tacet' und diese langen
Pausen stören doch. Besonders liebt wohl Ernö Weil die
Beleuchter. Mal dürfen sie das Licht mal an, mal aus, mal hell,
mal weniger hell machen. Der Zuschauer fragt: Warum ? Im Stück
ist's doch allerweil Tag. Oder sollen das Wolken sein, die der
Sonne den Schein nehmen ? Oder ist es Kunst ?
Die Kostüme so um 1910 von Ulla Röhrs-Stegmann, die Damen
ungeschnürt - ist auch nicht notwendig - Don Alfonso dunkel
elegant mit Panamahut, die beiden Soldaten sehen in ihren weißen
Uniformen aus wie Linkerton im Doppelpack oder aus 'Viktoria und
ihr Husar' entsprungen. Es kleidet die Herren aber vorzüglich.
Der Mummenschanz, die Verkleidung natürlich wie immer ein
Schmarren. Wenn schon, dann müssten die beiden viel mehr
zugehängt werden, um einigermaßen unkenntlich zu sein und die
Damen wissen eh, wen sie vor sich haben. Je umständlicher der
Maskenball, desto deutlicher die Wirkung.
Der Chor hilft den Statisten - es wurden zehn gezählt - Tische,
Bänke, Geschirr, Leuchter so alles Mögliche und Unmögliche
herein und wieder hinauszutragen. Ein Kind durfte die Queus des
Billard-Spiels abtransportieren - dabei gehört es um diese Zeit
doch längst ins Bett. Aber wer sah jemals 10 Statisten in Così ?
"Heut' hast du's erlebt!"
Die musikalische Leitung von Andreas Hennig führte zeitweilig zu
Tempi, denen die Damen und Herren wegen des Geplappers in
deutscher Sprache nur schwer entsprechen konnten.
Und sei's gesagt: es ist unsinnig, wenn kleine und mittlere
Häuser einen völlig falschen Ehrgeiz entwickeln und meinen, alle
Stücke in der Originalsprache aufführen zu müssen. Komödien sind
fürs Publikum in verständlicher Form darzubieten, damit kann man
die Leute ins Haus holen. Aber wahrscheinlich kommt jetzt die
Ausrede: es gibt niemanden, der dies und jenes in Deutsch drauf
hat. Das Theater Trier kann 'Così' in Deutsch bringen. Warum zur
Freude des Publikums nicht auch das Theater Regensburg den
'Liebestrank' oder 'Barbier' in Deutsch ?
Ein Publikumserfolg durch ein Sängerensemble wie er jedem
Theater dieser Größenordnung nur zu wünschen ist, war diese 'Così'
in Trier. Ernö Weil hatte es leicht, mit all diesen
'Mosellanern' Theater zu spielen. Auch war er wohl selber
lösgelöst von seinem Intendantendasein in Regensburg.
Eines wäre auf jeden Fall völlig fehl am Platze:
Den 'Weltverbesserer' von Thomas Bernhard zu zitieren:
"Nie wieder Trier."
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21.01.04
Köln |
BRITNEY BEI
TOP OF THE POPS |
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Zu einem
kurzfristig angesetzten Special hatte sich Britney Spears
angesagt. Nachdem sie am Abend zuvor von London nach Köln kam,
hieß es heute bei RTL in Hürth: "Vorhang auf für die Pop-Queen."
Nach über drei Jahren Konzertpause in Deutschland ging es Spears
darum, ihre anstehende Konzerttour " The Onyx Hotel Tour" zu
promoten. Trotz der weltweiten Schlagzeilen über ihre Trennung
von Justin Timberlake, ihren exzessiven Lifestyle und einer
Neujahrs-Blitzhochzeit in Las Vegas mit Scheidung nach 48
Stunden kann sie sich ihrer Popularität dennoch sicher sein.
Das erste Konzert in der Frankfurter Festhalle am 14.5.04 war
nach wenigen Tagen Vorverkauf bereits fast ausverkauft, trotz
der fast doppelt so hohen Preise wie vor drei Jahren.
In Hürth konnte man vor einem ca. hundertköpfigen Publikum die
Aufzeichnung der TOP-OF-THE-POPS-Sendung miterleben, die am 7.
Februar auf RTL ausgestrahlt wird.
Gastgeber Ole Tillmann moderierte die Sendung in gewohnter
Manier locker, trotz des besonderen Gastes, für den eigens die
Absperrungen vor der Bühne vergrößert wurden. Dennoch hatte man
auch drei Meter von ihr entfernt den optimalen Abstand, um von
der tänzerischen Magie der Sängerin eingenommen zu werden. Die
Clubatmosphäre gab dem Ereignis eine zusätzliche Note.
Britney performte gleich zweimal " Toxic" als
Deutschland-Premiere. Dieses Lied ist die nächste Auskopplung
ihres Albums "In the Zone". Dazu den Song "Boom Boom" sowie das
pianoschwere und fast gehauchte, dafür aber sehr galant und
hingebungsvoll gesungene "Everytime", das von ihr mitproduziert
wurde.
Britney ließ das relativaufwendig gestaltete und für den Laien
wegen der unüberschaubaren Reihenfolge der Kameratakes nicht
nachzuvollziehende Aufzeichnungsprogramm geduldig über sich
ergehen und gab ihren typischen Humor zum Besten.
Die Interviewsequenz beschränkte sich leider nur auf wenige
Minuten, wovon vorher ausgewählte Fragen aus dem Publikum
gestellt wurden.
Nach knapp 2 Stunden war alles vorbei. Britney ließ noch einen
Trailer für das Special aufnehmen ("Hey, I'm Britney Spears! I'm
in Cologne and you can see me on TOP OF THE POPS on RTL!"), warf
einen Handkuss in die noch immer staunend-gefesselte Menge und
stellte fest: " I'll see you guys on tour!"
Die Tourdaten sind.
Freitag, 14.05. 2004 Frankfurt - Samstag, 15.05.2004 Hamburg -
Sonntag, 16.05.2004 Berlin - Dienstag, 25.05.2004 München -
Mittwoch, 26.05.2004 Riesa - Freitag, 28.05.2004 Oberhausen
Preise: Stehplätze zu ca. € 42; Sitzplätze 1. Rang ca. € 55;
Sitzplätze 2. Rang ca. € 45. |
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Die Zauberflöte |
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Theater Regensburg
20.12.03 |
"Ha, des Jammers Maß
ist voll" |
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"[...] Hier ist
es, wo das Weib selbst über das natürliche Gattungsgesetz
erhoben wird, welchem es andererseits nach der Annahme selbst
der weisesten Gesetzgeber so stark unterworfen blieb, daß z.B.
der Buddha es mit der Möglichkeit der Heiligwerdung
ausgeschlossen gehalten wissen wollte. Es ist ein schöner Zug
der Legende, welcher auch den Siegreich-Vollendeten zur Aufnahme
des Weibes sich bestimmen läßt. Gleichwohl geht der Prozeß der
Emanzipation des Weibes nur unter ekstatischen Zuckungen vor
sich. Liebe - Tragik. [...]"
Wird dieses Zitat Richard Wagners, der in seinem Tannhäuser
das sinnliche Weib, die Hure 'Venus' der
'heiligen' Elisabeth gegenübergestellt hat, an den Anfang der
Überlegungen zur Zauberflöte gesetzt, steht dies mit der Frage
der Frauenfeindlichkeit in diesem Werk in Verbindung.
Ob nun Ludwig Giesecke oder Emanuel Schikaneder das Libretto zur
Vertonung verfassten - beiden übernahmen soweit die gültigen
Regeln, dass eine Frau nicht selbstständig denken und handeln
könne und solle oder gar dürfe. Beide waren Mitglieder von
Freimaurerlogen - Schikaneder wurde übrigens unehrenhaft aus der
Regensburger Loge während seines Aufenthaltes in der Stadt
entlassen - deren patriarchalische Bünde die Frauen von
Entscheidungen ausschlossen. Die Freimaurer, als kirchen- und
staatsfeindlich eingestuft, wurden in Verbindung mit den
revolutionären Bestrebungen - 1789 von Frankreich ausgehend -
gebracht und in Österreich 1795 verboten.
Ziele einer Aufklärung im humanistischen Sinne, Nutzung des
Verstandes, Veränderung der Welt durch: Freiheit Gleichheit
Brüderlichkeit der Menschen, bezog aber auch 'die Frau' ein, als
in der Zauberflöte eben auch Pamina zu höheren Zielen "ist
würdig und wird eingeweiht" gelangt.
Gegenübergestellt ihr die Papagena, die nach dem Prinzip: dem
Essen, Trinken, Vögel(n) zufrieden ist und mit ihrem Genossen
"[...] wieder eine Papagena, wieder einen Papageno, Papageno,
Papagena [...]" in die Welt setzt, denn es ist das Höchste
der Gefühle, wenn viele Papageno, Papagena ... der Eltern Segen
werden sein. [...]".
Bei so viel planloser Überbevölkerung ist die Aussage "ein Weib
tut wenig, plaudert viel" oder "bewahret euch vor Weibertücken"
angebracht, denn "ein Mann muss ihre Herzen leiten, denn ohne
ihn pflegt jedes Weib aus seinem Wirkungskreis zu schreiten".
Also das Prinzip, dass der Frau Kinder, Küche, Kirche oblag,
zweifelsohne ein Zeichen der Zeit bis weit hinein ins 20.
Jahrhundert.
Erst mit deren Aufbegehren in den späten 60ern des vorigen
Jahrhundert z.B. mit dem Motto: "Mein Bauch gehört mir" entstand
eine Welle der Frauenbefreiung, die bis bis heute ihre Dynamik
nicht verloren hat, so dass die Emanzipation der Frau immer noch
"[...] unter ekstatischen Zuckungen vor sich [...]" geht .
Aus der Welt der Freimaurer in die Oper übernommen die Drei: die
drei Knaben, die drei Pforten des Tempels - die Wahrheit,
Schönheit und Stärke symbolisierend - die in drei Teile
zerstückelte Schlange, die in den drei Damen weiterlebt, die
Unwissenheit, die Hässlichkeit und die Schwäche darstellend.
Didier von Orlowsky - der kampf- und operettenerfahrene
Regisseur - übernimmt nichts von diesen Vorgaben, reiht sich
aber weitgehend auch nicht in den Reigen von Neu-Deutern ein und
vermeidet so, dem Regensburger Theaterpublikum eine ungeheuer
neue Sicht auf das meistaufgeführte Werk der Opernliteratur zu
geben. Aber es sei vorangestellt: Jede Langeweile wird -
besonders durch aktionsreiche sinnvolle Personenführung -
vermieden. Pathos, sonst durch die Geharnischten, Priester und
Sprecher hervorgerufen, entfällt. Gerade letztere sind wie
Heutige, Normale in den Gang der Handlung eingebunden. Der eine
kommt mit Aktentasche von einer Besprechung, der andere
dirigiert den Chor - sicher ein Probengag, der dann beibehalten
wird. Nicht alles ist stimmig und verhindert dem Publikum oft
den Zugang zum Stück. Ungereimtheiten zum Beispiel: Dass Tamino
schon mit einem Ringelwurm um den Hals auftritt und behauptet:
"Schon nahet sie sich" oder die Damen singen "Bis ich dich
wiederseh" (was soll wichtigtuerisch dieser offene Strich) platt
an der Rampe ins Publikum, Papageno mit Koffer - schon wieder
mal - Kronleuchter oder Leuchtgirlande rauf und runter. "In
diesen heil'gen Hallen" - vom Bühnenbild her scheint es sich
eher um eine Scheune oder Ruine mit billigen Lattentoren zu
handeln.
Wenn das der Weisheitstempel von Andreas Wilkens, dem
Bühnenbildner, sein soll, dann scheint es aber mit der Weisheit
dieser Herren Eingeweihten nicht weit her zu sein. Gammel und
Frust und Geldmangel sind da wohl an der Tagesordnung. Eine
untergehende Gewerkschaft ist vergleichbar. Der Chor im
Einheits-Schwarz-Weiß-Look erinnert an Parteitage oder größere
Meetings und der Chairman an einen Fraktionsvorsitzenden, der
auch einen roten Schal umhat. Die drei Damen sehen aus wie
Revuegirls in ihren Paillettenkleidern, die Königin wie beim
'Besuch der alten Dame', grauhaarig mit Pelzmantel, Pamina in
einem unvorteilhaften - wohl Georgette- Kleidchen, Papageno im
Ringelhemd mit Tirolerhut - die Kostüme von Imke Sturm ohne jede
Hochstimmung. Die Geharnischten fallen etwas heraus, der eine
hat den linken, der andere den rechten Handschuh an, sitzen mit
ihren Brustpanzern auf dem Boden an der Rampe vor dem
Schleiervorhang - schleierhaft, warum.
Und doch, gemessen, was sonst so an großen Häusern szenisch
getrieben wird, läuft hier noch alles in überschaubaren Bahnen
ab.
Hokuspokus und Firlefanz wären auch in Regensburg ohne weiteres
möglich. Es wird weitgehend darauf verzichtet.
Ein Problem ist das multikulturelle Ensemble bei einem
Dialogstück wie der Zauberflöte. Interessant das Tonfallgewirr
bedingt durch: Asiaten, Angelsachsen, Pole, Finne, Isländer, da
fallen die Österreicherinnen angenehm auf. Leider ist es aber
nicht nur der Akzent, der die Sprachverständlichkeit erschwert,
es ist teilweise kaum zu verstehen, was Jóhann Smári Saevarsson
als Sarastro von sich gibt. Hinzu kommt, dass ihm auch die satte
Tiefe für die Rolle des Sarastro fehlt. Bei einem 30-Jährigen
kann sich die Stimme auch noch nicht so gesetzt haben, dass er
problemlos diese Hürde meistern könnte. Für die Königin der
Nacht von Mi Soon Jang gilt: Text kaum verständlich und die hier
nun extreme Höhe, wacklig. Trotzdem noch erstaunlich wie sie
nach der Mimi mit den Stakkati fertig wird. Sie nehme sich in
Bezug auf den Text aber ein Beispiel am Papageno von Jin Ho Yoo,
der die deutschen Worte ganz gut hinbekommt. Stimmlich ist er
wohl durch den Posa gewachsen. Obwohl hier gerade Bedenken
angemeldet wurden, sitzt alles gut und sicher, ohne übermäßig
knödelig zu wirken und ohne zu wackeln. Warum er nun - betont
durch das Bärtchen - immerfort die Mundwinkel runterziehen muss,
kann nicht nachvollzogen werden. So schlimm ist alles um ihn
herum ja nun auch wieder nicht.
Die drei Damen - Gail Sullivan als erste Dame - hat so ihre
Probleme in die Gänge zu kommen, womit das Singen gemeint ist.
Ja, ja - die Lyrischen. Die erste Dame ist schwer zu besetzen,
denn die muss musikalisch auch noch schnell sein. Elvira Soukop,
der straffe Mezzo, übertreibt als zweite Dame schon etwas - sie
meint noch in 'Non(n)sense' hängen geblieben zu sein und Carmela
Calvano Forte - wes Nam' und Art sie ist, bleibt ungeklärt - als
die dritte Dame, stört nicht. Sie scheint aber über einen ganz
satten Alt zu verfügen.
Adam Kruzel, der hocherfahrne Sänger, mit der gereiften, edlen
Stimme als Sprecher und 1. Priester - kauzig in der Darstellung
und schon ein Kabinettstück auch von der Ausführung der Vorgaben
durch den Regisseur. Juuso Hemminki als 2. Priester und
Geharnischter, mit seiner nicht unproblematischen Technik.
Daneben noch Michael Doumas als 2. Geharnischter, nicht weiter
auffallend. Viktor Schiering als Mohrchen Monostatos, mal kein
schwerer alternder Tenor, sondern jung und unverbraucht.
Sehr präsent die 'drei Knaben'. Die beiden Mädchen Stephanie
Neppl und Keren (was ist das nun wieder für ein Vorname) Trüger
und als erster Knabe Martin Sturm. Alle sicher und keck im Spiel
als stünden sie schon jahrelang auf der Bühne. Gemessen an den
Domspatzenknaben seinerzeit in der Köpplinger-Inszenierung, ein
echter Gewinn. Als Füllsel sind Lederboys engagiert, mal als
verzauberte Tiere, mal als Sklaven - halt so Typen für alle
Fälle.
Die Chor optisch eine einheitlich schwarze Masse, kraftvoll als
homogener Klangkörper - die Damen mussten sich schon etwas
anstrengen gegen die Menge der Herren. Alle dezent und doch
beeindruckend im Spiel als Sarastros Parteigenossen.
Brent L. (auch so'ne Abkürzung, wie Dabbelju) Damkier als Tamino
- doch eher ein Pedrillo. Und trotzdem, die Stimme, wenn er
sicher abstützt, wird dann für seine Verhältnisse doch ganz
kraftvoll der Rolle gerecht. Die Bindung zwischen Mittellage und
Höhe könnte besser sein, um einen Gleichklang in der Tongebung
zu gewährleisten. Darstellerisch ein gebremster Buffo, aber
akzeptabel als Prinz. Herauszuheben ist die Pamina von Katharina
E. (whatever it means) Leitgeb. Schon bei ihren ersten Auftreten
fiel sie auf. Die Pamina liegt ihr, wenn darstellerisch auch
etwas junggemachte, leichtfüßige Rösslwirtin dabei ist. Sie
singt kultiviert, die Töne gelingen bei hellen Vokalen wie bei
"Wir leben durch die Lieb allein" etwas breit. Sonst ist sie
sängerisch der Lichtblick in dieser Produktion.
Klappern gehört eigentlich zum Handwerk, aber zwischen Bühne und
Orchestergraben sollte Einigkeit herrschen. Mehr sei hierzu
nicht gesagt. Der GMD geht, was wird er wollen? Wer kommt? Naht
noch einer aus Pforzheim?
Ceterum censeo: Gemessen z.B. an dem problematischen Tannhäuser
in Augsburg, 'Die Zauberflöte' in Regensburg ansehenswert. |
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Tannhäuser in der Augsburger Fassung
11.12.03 |
"Da ekelte mich
der
holde Sang" |
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"[...] Über die Aufführung des
Tannhäuser
Eine nicht geringe Anzahl von Theatern geht mit dem Vorhaben um,
in nächster Zeit meinen 'Tannhäuser' zur Aufführung zu
bringen.[...]"
(Richard Wagner - Eine Mitteilung an die Dirigenten und
Darsteller dieser Oper in Sämtliche Schriften und Dichtungen,
Ausgabe 1871)
Wie der Fliegende Holländer, so
auch 'Der Sängerkrieg auf Wartburg' zeigt die Gegenüberstellung
zweier Welten, der normalen, menschlichen und der
phantastischen, übermenschlichen. Im Holländer: Senta und der
Holländer, im Tannhäuser: Elisabeth und Venus oder Lohengrin und
Elsa, dessen Schema Richard Wagner schon bei Marschner und
dessen Hans Heiling und Vampyr, Webers Freischütz und Hoffmanns
Undine kennen gelernt hatte.
"[...] Die Figur des Tannhäuser könnte man einen Bruder im
Geiste des Fliegenden Holländers nennen. Nicht nur weil der
Stoff ebenfalls, jedenfalls teilweise, auf Heinrich Heine
zurückgeht, sondern auch, weil beide daran leiden, nicht sterben
zu können. Ansonsten herrscht eine christlich-romantische
Gefühlswelt vor, und es ist merkwürdig zu sehen, dass Nietzsche
nicht erkannt hat, wie weit Tannhäuser den Geist von Parsifal
vorweggenommen hat. In seinem berühmten Essay schreibt Charles
Baudelaire, Tannhäuser stelle den Kampf der zwei Prinzipien dar,
die das menschliche Herz zu ihrem Hauptschlachtfeld erwählt
haben, »d.h. des Fleisches mit dem Geiste, der Hölle mit dem
Himmel, Satans mit Gott«.
Musik und Text zu Tannhäuser sind in Wahrheit eine Bearbeitung
in Permanenz. Nach der Veränderung des Schlusses noch in Dresden
schrieb Wagner für die - katastrophale - Pariser Aufführung 1861
vor allem einige Venusberg-Passagen neu und wenige Wochen vor
seinem Tode sagte er 1883, er sei der Welt noch den Tannhäuser
schuldig.
»Das Drama von dem ins Mittelalter zurückversetzten
jungdeutschen Künstler, der auszog, in der >exilierten<
Sinnenwelt der Antike die Emanzipation des Fleisches zu lernen,
verwandelt sich am Ende ... in eine romantische Entsagungs- und
Erlösungsoper.« [...]" (Dieter Borchmeyer)
Richard Wagners Ausnahmegestalten: Holländer, Tannhäuser,
Lohengrin, die Gefahr laufen in der Isolation des Überirdischen
zu versinken, hoffen und bauen auf die Erlösung durch die
Menschlichkeit in irdischen Frauenfiguren: Senta, Elisabeth und
Elsa.
Auch im Tristan und im Ring des Nibelungen wird der Gedanke an
Opferung durch Isolde, Brünnhilde und besonders durch Kundry im
Parsifal deutlich.
Charles Baudelaire analysiert es in
seinem Bericht über die in Paris 1861 stattgefundene
skandalbelastete Aufführung 1861 in Paris so: "[...]
Tannhäuser stellt den Kampf der zwei Prinzipien dar, die das
menschliche Herz zu ihrem Hauptschlachtfeld erwählt haben, d.h.
des Fleisches mit dem Geiste, der Hölle mit dem Himmel, Satans
mit Gott [...]" (Ulrich Schreiber)
Schon fast parallel zum Rienzi, der
Hofoper Dresden auf Vermittlung Meyerbeers zur Uraufführung
angeboten und auch angenommen, dem Holländer, der am 20.
November 1841 fertig wurde, beschäftigte sich Richard Wagner
1841 mit dem Konzept 'Die Sarazenin'
"[...] doch konnte ich mich nie genügend dafür erwärmen, um
ernstlich an seine Ausführung zu denken; wogegen nun ein
anderer Stoff mich auf das allerinbrünstigste einnahm. Diesen
hatte mir ein zufällig mir in die Hand geratenes Volksbuch vom
'Venusberg' eingegeben. [...]"
Die verschiedensten Quellen
sondierte Richard Wagner, er kannte die Fassung von Ludwig
Tieck: 'Der getreue Eckart und der Tannenhäuser' und von E.T.A.
Hoffmann, 'Der Kampf der Sänger' doch
"[...] keineswegs hätte ich dieser
vollständig ausgebildeten Erzählung den Stoff zu einer
dramatischen Arbeit zu entnehmen mich verleitet fühlen können.
[...]"
Entscheidend für die Entwicklung
des Tannhäuser, aber auch für des Lohengrin ist das Nachforschen
über die "[...] echte Gestalt
dieser anziehenden Sage [...]" "[...] Da brachte mir Lehrs ein
Jahresheft der Königsberger Deutschen Gesellschaft, in welchem
Lucas den 'Wartburgkrieg' kritisch näher behandelte.[...]"
Bereits das erwähnte Volksbuch,
was "[...] ein großen
Übergewicht bei mir gab, wer daß Tannhäuser' hier, wenn auch
nur durch flüchtige Beziehung, mit dem 'Sängerkrieg auf Wartburg
in Verbindung gesetzt war. [...]"
So war das mittelhochdeutsche
Epos vom Sängerkrieg ausschlaggebend, denn hier wird die Figur
des Heinrich von Ofterdingen mit der des Tannhäuser
gleichgesetzt.
Dramaturgisch interessant ist bei Richard Wagner die Hinzufügung
von zwei Frauenfiguren, der Heiligen Elisabeth als der Nichte
des Landgrafen von Thüringen, die neben der Figur der Venus in
die Handlung eingreift. Dabei wird dem typischen Rollengefüge
Recht getan: hell: Sopran / Tenor, dunkel: Mezzo / Bariton wie
ja auch im Lohengrin mit hell: Lohengrin / Elsa und dunkel
Ortrud / Telramund übernommen.
Bei der Rückfahrt von Paris nach Leipzig
ab dem 7. April 1842 - der Rienzi war für Dresden angenommen und
der Holländer für Berlin vorgesehen - führt Minna und Richard
Wagner der Weg an der Wartburg vorbei.
"[...] Der Anblick des Bergschlosses,
welches sich, wenn man von Fulda herkommt, längere zeit bereits
sehr vorteilhaft darstellt, regte mich ungemein warm an. Einen
seitab von ihr gelegenen ferneren Bergrücken stempelte ich
sogleich zum 'Hörselberg' und konstruierte mir so, in dem Tal
dahinfahrend, die Szene zum dritten Akt meines 'Tannhäuser',
wie ich sie seitdem als Bild in mir festhielt. [...]"
Bereits im Sommerurlaub am 28. Juni 1842
konzipiert Richard Wagner den ersten Prosaentwurf, der am 8.
Juli 1842 in Teplitz beendet wird und dem ein zweiter Entwurf am
8. Juli 1842 folgt.
"[...] In der Stadtkirche von Aussig ließ ich mir die Madonna
von Carlo Dolci zeigen: das bild hat mich außerordentlich
entzückt, u. hätte es Tannhäuser gesehen, so könnte ich mir
vollends ganz erklären, wie es kam, daß er sich von Venus zu
Maria wandte, ohne dabei zu sehr von Frömmigkeit hingerissen zu
sein. Jedenfalls steht nun die heilige Elisabeth bei mir fest.
[...]" teilt er am 10. September 1842 seinem Freund und
Pariser Elendsgenossen Ernst Bendedikt Kietz mit.
Die nachfolgende Zeit ist mit der Uraufführung des Rienzi am 20.
Oktober 1842 und der Uraufführung des 'Holländer' am 2. Januar
1843 in Dresden ausgefüllt. Erst im Sommerurlaub des nächsten
Jahres beginnt RW mit der Komposition, aber erst zwischen dem
November 1843 und dem 17. Januar 1844 kommt es zum
Kompositionsentwurf des 1. Aktes. Zwischen dem 7. September und
dem 15. Oktober 1844 entstehen der Entwurf zum 2. Akt, zwischen
dem 19. und 29. Dezember 1844 der 3. Akt. Die Ouvertüre wird bis
zum 11. Januar 1845 konzipiert, die Komposition am 13. April
1845 beendet. Bereits im Sommer 1845 beschäftigt sich Richard
Wagner in Marienbad mit dem Lohengrin - die Prosafassung
entstand - neben der für die Meistersinger - in der Zeit vom 3.
Juli bis zum 9. August 1845, auch mit dem Parsifal. Am 19.
Oktober 1845 wurde der Tannhäuser in Dresden uraufgeführt, wobei
wie schon beim Holländer das Publikum dem neuen in Text und
Musik nicht unbedingt folgen wollte. Doch fand der Tannhäuser in
der folgenden Zeit eher noch Aufnahme als der vorhergehende
Holländer.
"[...] Von den besonderen
Schwierigkeiten, welche der Darstellung gerade dieses Werkes
entgegenstanden, gewann zuerst Frau Schröder-Devrient einen
Begriff, und zwar wurden sie ihrem Gefühle und ihrer Einsicht so
deutlich, daß sie hierüber sich zu meinem Unbehagen und meiner
Beschämung mir mitzuteilen wußte.[...]"
"[...] Von dem nur allzu skizzenhaften
Ausfall dieser Partie überzeugte ich mich später so bestimmt,
daß [...]" nach den ersten
Aufführungen Richard Wagner bis zum Sommer 1847 den Schluss
änderte, indem er nach dem Gebet der Elisabeth und deren Tod,
die Venus noch einmal auftreten lässt und so nach der
Romerzählung des Tannhäuser mit der 14. Aufführung des Werkes am
1. August 1847 mit der so genannten Dresdener Fassung einen
dramatischen Akzent setzt.
"[...] Die Sorge der großen Künstlerin
hatte, indem sie sich auf die Leistungen der eigentlichen
Hauptrollen bezog, aber auch noch einen besonderen persönlichen
Grund: sie wußte nämlich selbst nicht, was mit der Partie der
Venus anzufangen, welche sie, trotz ihres sehr geringen
Umfanges, dennoch gerade der Schwierigkeit und Bedeutung der
ideellen Aufgabe wegen und um zum Gelingen des Ganzen
beizutragen, übernommen hatte.[...]"
"[...] Mit einem verzweiflungsvollen Lächeln äußerte sie sich
einmal über die Schwierigkeit, die Venus darzustellen, welche
einfach nur aus der einen Unmöglichkeit entspringe, sie im
richtigen Kostüm zu geben: - Um Gottes willen, was soll ich denn
als Venus anziehen? Mit einem bloßen Gürtel geht es doch nicht!
Nun wird eine Redouten-Puppe daraus; Sie werden Ihre Freude
haben!«[...]"
Augsburg hatte Vuokko Kekäläinen als Venus
zur Verfügung. Eine resche Dame mit hochgewölbten Busenkronen in
einer roten Triumpf-krönt-die-Figur-Korsage, die strammen Wadeln
vorteilhaft zur Geltung kommen lassend. Eigentlich versteht
keiner, warum Tannhäuser diese Dame gleich im ersten Akt
verlässt. Es mag sein, dass der Grund in ihrer
Textunverständlichkeit liegt. Wieder mal eine, bei der sich wie
schon bei vielen anderen die Beteiligung an der Firma Reclam
dokumentiert. "Und die Texte an der Kasse". Es mag natürlich
auch daran liegen, dass er nicht erkennen kann, was für eine
Gesangstechnik seine Frau Venus anwendet. Es wird gemutmaßt, sie
habe bei Berit Lindholm studiert, die sang auch so guttural. Es
gibt ein Lebewesen, dass sich ebenso anhört - der Hinweis, auf
welches es sich handelt, bleibt ausgespart - es könnte außer
Frau Kekäläinen noch jemand auf die Idee kommen, es nachzuahmen.
Schließlich erwürgt der Augsburger Tannhäuser die Venus im
ersten Akt, vielleicht aus Rache wegen der von ihr produzierten
Töne. So genießt Tannhäuser es verständlicherweise geradezu -
der Schluss der romantischen Oper sei vorweggenommen - dass in
der in Augsburg unter Verwendung der Urfassung gespielten
Version - also Tannhäuser in der Augsburger Fassung - in der
von 1845 die Venus mit ihrem "Willkommen, ungetreuer Mann" nicht
mehr auftritt. Aber es sei auch im Hinblick auf Frau Kekäläinen
und sicher auch in ihrem Namen der Leitung des Theater Augsburg
gedankt, dass eben in der Urfassung des Tannhäuser diese sehr
schwer zu singende Passage der Venus in ihrer hohen Lage nach
zweistündiger Gesangspause unterbleibt. Jedenfalls freut sich
Tannhäuser nach seiner Romerzählung so unbändig, dass Frau Venus
nicht mehr leibhaftig auftritt, denn er lacht unter der Regie
von Herr Trees permanent, bis sich der Vorhang schließt.
Nach dem Rienzi, dem Erik im Holländer
ist der Tannhäuser die dritte große Partie für einen Heldentenor
im Gestaltungsbereich Richard Wagners, die sich fortsetzt mit
dem Stolzing, dem Sigmund, Tristan und Parsifal. Alles Rollen
der Extreme, somit auch Stimmlage des schweren, kraftvollen
Tenors.
Vom "Dir töne Lob, dein Lieben sei
gepriesen" gegenüber der Venus über "Ha, jetzt erkenne ich sie
wieder" beim Gedanken an Elisabeth im 1. Akt bis zum inbrünstigem "Nach
Rom" am Ende des 2. Aktes und gedemütigtem "Ich hörte
Harfenschlag" wieder zurück zum "Im Venusberg drangen wir ein" -
immer Extase. Heldentenöre der Welt interpretierten die in jeder
Hinsicht außergewöhnliche Figur dieser großen romantischen Oper
in drei Akten. Nur einige seien genannt:
Leo Slezak, Lauritz Melchior, Max Lorenz, Günther Treptow, Ramon
Vinay, Rudolf Lustig, Karl Liebl, Ludwig Suthaus, Set Swanholm,
Hans Hopf, Wolfgang Windgassen, Hermin Esser, Hans Beirer, René
Kollo und auch Placido Domingo.
Mit Bezug auf den Kollegen Josef
Tischatscheck, der nach dem Rienzi wieder einmal eine Titelrolle
der Werke Richard Wagners übernehmen sollte, äußerte sich
Wilhelmine Schröder-Devrient besorgt "[...] und frug mich, wo
ich denn den Kopf hätte zu glauben, daß ein so kindischer Mensch
wie Tichatschek die Akzente für diesen Tannhäuser finden
könnte.[...]"
"[...] Leider war aber in
dieser wie in keiner Weise für die Lösung der Aufgabe des
Tannhäuser zu sorgen, da mein rüstiger Freund Tichatschek durch
jeden Versuch einer Belehrung nur irregemacht werden konnte. So
mußte ich mich denn ganz allein auf die Energie der Stimme und
des diesem Sänger besonders eigenen scharfen Sprachtones
verlassen.[...]"
Und auch beim Tannhäuser, der in seinem
Bestehen vor Publikum hauptsächlich von der Besetzung der
Titelrolle abhängt. Augsburg hatte Richard Brunner als
Tannhäuser verpflichtet. Gerhard Siegel war für A eingesetzt,
jetzt nun die B-Besetzung. Und wie so häufig, vielleicht ist B
auch die Bessere.
Richard Brunner - stark im Spiel des durch
Venus und später durch Elisabeth und die ganze Inszenierung
Irritierten - mit "wohin soll ich mich wenden" ist es mit "am
besten ab" hier nicht getan. Wie oben beschrieben, erwürgt er
die Venus im 1. Akt und lässt sie einfach auf der Bühne liegen.
Nun käme eigentlich die vorgesehene Verwandlung in das liebliche Wartburgtal, aber nichts verwandelt sich, das Stück spielt
weiter im Venus-Puff. Das Kanapee der Venus bleibt, die
imaginäre Harfe auch, aber es erscheint eine kesse Motte, die
Herr Trees meint als Madonna einbauen und auftreten lassen zu
müssen. In Wirklichkeit handelt es sich um den Hirten namens
Petra van der Mieden, der die Sache mit Frau Holda - etwas
kehlig - à capella zur Sprache bringt. Wie das Taumännchen in
'Hänsel und Gretel' streut diese Schaf- oder Ziegenhüter-Madonna
irgendwas herum und Tannhäuser offensichtlich in die Augen, denn
er erkennt - der Zuschauer nicht - die Jagdgesellschaft um den
Landgrafen. Für den Besucher stehen nämlich so viele Leute auf
der Bühne und hinten - tonlos - in einem Rahmen, dass keiner
weiß, wer, wer ist. Begnadet ist Herr Trees, dem das alles
einfällt. Verwirrung stiften, ist auch eine Methode der Regie.
Herr Brunner singt als Tannhäuser nun auch, was interessant zu
beobachten ist, denn mal sitzt der Ton kraftvoll sehr schön vorn
und erlaubt ihm eine fast perfekte Sprache, dann aber rutschen
die Töne in den Hals und so klingen sie dann auch. Weniger
erfreut ist der Zuhörer, dass Herr Brunner gegen den
Originaltext in Form der "Geschwätzigkeit des sächsischen
Meisters" (Zitat Günter Roth) an die Wort-Enden noch Silben wie
‘haben-ne’ oder ‘lieben-ne’ anhängt - wohl nach Vorgabe der
italienischen Gesangslehrer in Amerika - was eben über den
Originaltext hinausgeht und gar nicht im Kartenpreis enthalten
ist. Hier zeigt sich eine zusätzliche Einnahmenquelle für das
Theater Augsburg, denn: mehr Text, mehr Money.
"[...] Neben ihm trat die Gestalt der
Elisabeth einzig als wirklich sympathisch hervor. Die
jugendliche Erscheinung meiner Nichte, die schlanke hohe
Gestalt, der entschieden deutsche Stempel ihrer Physiognomie,
die damals noch unvergleichlich schöne Stimme, der oft kindlich
rührende Ausdruck halfen ihr, bei gut geleiteter Verwertung
ihres unverkennbaren theatralischen, wenn auch nicht
dramatischen Talentes die Herzen des Publikums entscheidend zu
gewinnen. Sie wurde durch diese Leistung schnell berühmt; und
noch in späteren Jahren wurde mir, sobald von einer Aufführung
des 'Tannhäuser' mir gemeldet wurde, in welcher sie mitgewirkt,
stets berichtet, daß der Erfolg desselben fast einzig nur ihr zu
verdanken gewesen wäre. Wunderlicherweise hörte im bei solchen
Gelegenheiten fast immer nur ihr mannigfaltiges und höchst
einnehmendes Spiel beim Empfang der Gäste auf der Wartburg
rühmen; ich erkannte darin den andauernden Erfolg unglaublicher
Bemühungen, welche ich und mein hierin sehr erfahrener Bruder
uns in betreff dieses Spieles gegeben hatten. Leider ist aber
für alle Zeiten es unmöglich geblieben, ihr den richtigen
Vortrag des Gebetes im 3. Akte beizubringen.[...]"
Das Theater Augsburg hat Sally du Randt für die Elisabeth
engagiert. Die Partie sang sie bereits in einer Produktion in
Regensburg, neben Barbara Schneider-Hofstetter als Venus, die
sie jetzt in Bayreuth singt.
Sally du Randt gelang es in ihrer Regensburger Zeit von der
Konstanze bis zur Chrysothemis über die Tatjana, Marie, Saffi
bis zur Hexe in Hänsel und Gretel, die drei Hoffmann-Damen fast
alles zu singen, was für einen Sopran so geschrieben ist. Dabei
gelang es ihr besonders intensiv, fachübergreifend - gegen alle
Vorgaben im Kloiber - zu wirken.
Hier ist sie nun wieder einmal als 'Lisbeth' - und gerade diese
Rolle scheint ihr mehr und mehr auf den Leib geschrieben. Das
schmale G'sichterl - man erinnert sich an die 17-jährige Johanna
Wagner, die am 19.10.1845 die Rolle sang - der gertenschlanke,
mädchenhafte Körper, wo sollen notgedrungen die Resonanzräume
liegen, es bleibt nur der hintere obere Gaumen im Übergang in
die Nase. Die Töne bleiben schlank und klingen im mezzoforte,
gerade bei Diminuendi, wunderbar ausgeglichen. Natürlich ist bei
Forte schnell der Engpass im wahrsten Sinne des Wortes erreicht.
Da Frau du Randt durch die begnadete Regie von Herr Trees immer
wieder etwas, durch Gänge oder Handlungen wie mit ausgebreiteten
Armen Herumgehen, zu tun hat - sie ist zum Beispiel, optisch
sehr vorteilhaft, im zweiten Akt ans Rad geschnallt - da kann
sie nun wirklich nicht agieren - entfällt das früher häufig
beobachtete zinnsoldatenhaftige Strammstehen mit den Händen an
der Hosennaht weg. Sehr schön so auch ihre vom Regisseur
verfügte Drapage auf dem Laufrad im dritten Akt. Sie liegt da,
wankt dann, als Wolfram mit seiner Frage - Geh'n wir zu dir oder
geh'n wir zu mir- mit bedächtigem Kopfschütteln in die Schranken
verwiesen wurde, torkelnd ab. Warum sie torkelt, weiß keiner so
recht und es steht - als Gebrauchsanweisung für diese
Inszenierung - auch nicht im Programmheft.
"[...] Ich hatte den noch jungen
Baritonisten Mitterwurzer - einen sonderbar verschlossenen,
unumgänglichen Menschen - in einigen seiner Rollen mit
Aufmerksamkeit beobachtet und bei seiner weichen, anmutigen
Stimme die schöne Fähigkeit, den innern Ton der Seele erbeben zu
machen, wahrgenommen. [...] Ihm hatte ich den Wolfram anvertraut
und hatte allen Grund, bisher mit seinem Eifer und dem guten
Erfolge seines Studiums zufrieden zu sein. [...]"
[...] Der Eindruck dieses Gesanges, für dessen
richtige Wiedergabe der ganze Mensch in Haltung, Blick und Miene
sich vollkommen umgewandelt und neu geschaffen hatte, wurde in
sehr merkwürdiger Weise auch zum Ausgangspunkt des endlich
erzielten Verständnisses meines ganzen Werkes von seiten des
Publikums; wie überhaupt die ganze Rolle des Wolfram, welche
Mitterwurzer, durch die Lösung dieser einen Aufgabe zum vollen
Künstler umgeschaffen, durchweg gleichmäßig schön und ergreifend
durchführte, zum eigentlichen Rettungsanker für mein durch den
ungenügenden Erfolg der ersten Aufführung höchst bedrohtes Werk
wurde.[...]"
Es ist immer wieder erstaunlich, wie gerade
Baritone den Intentionen der Librettisten und Komponisten am
ehesten zu folgen in der Lage sind. Riccardo Lombardi ist nicht
nur ein gleichmäßig in allen Lagen schön singender Interpret der
Rolle des Wolfram, sondern steht als Spielmacher dem Regisseur
unaufdringlich und damit überzeugend zur Seite. Allerdings
gelingt es auch ihm nicht, dem Publikum die Frage zu
beantworten: Warum agiert Wolfram so, der doch von der Anlage
der Rolle eher der zurückhaltende Minnesänger ist ?
Die anderen Sänger des Krieges
versammeln sich zu munterem Spiel um den Landgrafen von Guido
Jentjens - ein Bassist mit ausgeformter Mittellage und
Tiefe, wobei allerdings die Höhe gestemmt klingt und damit
wieder stark an das Phänomen des Rufens herankommt.
Es ergab sich während der geführten Interviews mit den Besuchern
der Vorstellung der Hinweis, dass einige Entschärfungen
gegenüber den A-Premiere vorgenommen wurden. Am deutlichsten
zeigt sich dies in der Krankmeldung von Stefan Sevenich, der
sich damit natürlich auch unserer Beurteilung entzog. Er hatte
nämlich gemäß Regieanweisung die von Tannhäuser gemordete Venus
sich wie ein Sack über die Schulter zu legen und zum Kanapee zu
tragen. Offensichtlich hat er sich an der Venus von Frau
Kekäläinen verhoben. Schade, wir hätten gerne gehört, wie er
sich so zum Biterolf weiterentwickelt hat. Herbert F. Adami
sprang für Stefan Sevenich ein und entledigte sich der Aufgabe
mit leicht tremolierendem Bass.
Sehr aufmerksam hörte man Zurab Zurabishvili als Walter zu. Ein
kerniger Tenor-Klang, gut sitzende Stimme, schön phrasierend,
eindrucksvoll in der Darstellung. Da gibt es kein Reden und auch
kein Gebrumm.
Die beiden anderen, Wolfgang Theis als Heinrich der Schreiber
und Dimitri Ivashenko als Reinmar von Zweter störten musikalisch
in den Ensembles nicht. Leider war für den Zuhörer wie auch für
den Zuschauer nicht deutlich auszumachen, wer nun der wohl
sehschwache Sänger war, der immer wieder, trotz
Geleitmannschaft, mit anderen zusammenrumpelte. Auch hier wieder
komödiantische Züge, wo man sie wegen der Tragik des Themas gar
nicht erwartet und wo wieder so schön deutlich wird, was Herrn
Trees so alles eingefallen ist. Hübsch auch der Hüftknick, den
die vier Edelknaben bei ihrem ‘Wolfram von Eschenbach -
geschmissen’ ausführen. Leider fehlt der choreographische
Gleichklang, jede schwingt irgendwie anders. Oder soll dieser
Individualismus sein ?
Außergewöhnlich auch diese grandiose Idee, so eine Art 'Mutter
Jöttesje' als stumme Jule im ersten und dritten Akt auftreten zu
lassen. Dies erleichtert das Verständnis ungemein, denn weiß man
nun, wie Statisten sinnvoll eingesetzt werden können. Mit Elan
wimmeln dann auch so ein paar pferdebeschwanzte
Statisten-Jünglinge wichtigtuerisch um den Landgrafen herum, die
diesem z.B. aus einer mit Trockeneis bestückten Kiste mit
bewegter Miene ein mit kleinen Glühbirnen bewehrtes Brandeisen
reichen, das dieser dann Tannhäuser - Gott wie sinnig - ohne
dass Brandgeruch aufsteigt, auf die Brust drückt.
Leider ist es dem Zuschauer nicht möglich, alle diese Einfälle
des Regisseurs während einer Vorstellung zu erfassen. Es müsste
jede Vorstellung besucht werden, was sicherlich Herrn Dr. Peters
freuen würde, denn viele Plätze waren bei der B-Premiere gleich
von Anfang an frei und das Haus leerte sich in den Pausen. Es
stellt sich nun die Frage, ob diese Herrschaften nur die Regie
von Herrn Trees flohen und zu anderen Produktionen wiederkommen,
oder ob das Abonnenten sind, die dauerhaft wegbleiben so wie in
Hannover die von Herrn Puhlmann verscheuchten. Aber vielleicht
will auch Herr Dr. Peters die alten Abonnenten loswerden, so wie
Herr Puhlmann. Dem wird das ja nun gewürdigt und er kann sein
Spiel in STR fortsetzen. Aber die Schwaben haben ja lange genug
Herrn Zehelein ertragen, die werden auch Herrn Puhlmann
verkraften. Vielleicht strebt Herr Dr. Peters eine ähnliche
Karriere an.
Chor und Extrachor leisten Außerordentliches, kraftvoll wird in
Kostümen die Partie vorgetragen als wäre man in Ascot.
Aufgebrezelt durch eleganteste Kostüme z.B. bei der
Landgrafen-Party - verständlich dass die Damen und Herren sich
wohl fühlen in dieser Optik und dann auch entsprechend engagiert
mimen. Die übrigen Kostüme von Wolfgang Buchner sind schwer zu
definieren und passen so zu seinem unerklärlichen Bühnenbild.
Kostüme und Bauten passen vielleicht zusammen, nur nicht zum
Stück. Richard Wagner wollte doch wie im Lohengrin sein ideales
Mittelalter darstellen. Hier die Minnesänger mit "Dir hohe Liebe
töne, begeisternd mein Gesang" im Gegensatz zum ordinären Sex
der Venus. Und wenn Herr Trees meint, alles aus dieser Zeit um
1300 in eine imaginäre versetzen zu müssen, warum schafft er
sich nicht ein eigenes Werk auf das seine Einfälle passen.
Eigentlich alles wirkt irgendwie
unübersichtlich und damit unverständlich. Ein Stabilbaukasten
mit Einfällen, die irgendwie zu irgendwas zusammengebaut werden
- und dass ja nicht ein Staberl übrig bleibt.
Wieso fährt - dies nur beispielhaft - im
3. Akt plötzlich die mittlere Bühne runter. Bedurfte das Podest
dringend der Bewegung, weil er sonst fest rostet? Und warum
müssen die doch so schönen Pfeiler aus dem 2. Akt so derangiert
im 3. aussehen? Und warum wird hier so eine Gardine vorgezogen,
die den Blick auf die Weite der Augsburger Bühne versperrt? Wo
bleibt die Verwandlung im ersten Akt, auf die und wie sie
gemacht wird, jeder doch so gespannt wartet? Und was sind das
für Frösche, die um den Tannhäuser im lieblichen Tal
rumkriechen? Und was ist das für ein Fummel, den Elisabeth bei
ihrem Auftritt zur Hallenarie anhat? Und warum wird sie beim
Sängerwettstreit aufs Rad geflochten? Fragen über Fragen, die an
den Regisseur und Bühnenbildner gestellt werden müssen - leider
"[...] ohn Antwort ist der Ruf verhallt.[...]"
Ist auch nicht weiter schlimm, es ist nach Herz, Chundela,
Konwitschny, Mielitz, Neuenfels sowieso alles schon da gewesen.
So ist Herr Trees nur ein Epigone. Denn wie er redet wie er
spuckt, hat er's der Berghaus abgeguckt. Und im nächsten Jahr
wird Chaot Schlingensief den Parsifal z’sammrichten, ist doch
schon alles Wurscht, in fünfzig Jahren spricht eh kein Mensch
mehr drüber.
Fraglich ist nur, wie dieses Trees/Buchner-Konglomerat
dem Richard-Wagner-Verband anlässlich seines internationalen
Kongresses im Mai nächsten Jahres verkauft werden soll, wenn der
Augsburger Vorstand meint, zu dieser Inszenierung nur lachen zu
müssen, wenn z.B. der Herr Generalmusikdirektor aufhört, zu
dirigieren, damit man einen Knall auf der Bühne hört. Von der
Lautstärke her scheint Rudolf Pielmayer sowieso fürs Parkett den
Takt zu schlagen, im zweiten und dritten Rang - es gab ja so
viele freie Plätze, dass man sich mal dahin mal dorthin setzen
konnte - klang das Orchester, nennen wir es laut und deutlich.
Differenziert und beseelt wurde nicht musiziert. Um hier besser
urteilen zu können, müssten mehrere Vorstellungen besucht
werden.
Aber ausgesprochen ärgerlich - und deswegen reagiert auch das
Publikum ablehnend - ist die Geheimnistuerei der Leitung des
Hauses. Bei einer solche Fülle von Eindrücken - sinnvoll oder
nicht - sind Einführungen zwingend.
Erstens: wegen des ungewohnten musikalischen Inhalts,
"Unter Verwendung der Urfassung": Was soll denn das heißen?
Tannhäuser in der Augsburger Fassung ist doch wohl nichts
anderes als Anmaßung.
Zweitens: wegen der Flut optischer Eindrücke, die in ihrem
Zusammenspiel erklärt werden müssen. Man tut einem so
einfallsreichen Regisseur keinen Gefallen, wenn man das Publikum
im Unklaren lässt, warum er die Szene so und nicht anders in
diesem und keinem anderen Bühnenbild anlegt.
Die Einführung von Herrn Prof. Dr. Janota ist zwar nett am Text
von Richard Wagner entlang aufgebaut, hatte aber mit der
Inszenierung nichts zu tun. Und das Programmheft beinhaltet
außer Allgemeinplätzen nichts, was Klarheit über diese
Augsburger Produktion schafft. Aber vielleicht hat auch Jörg
Schmidt als Dramaturg nicht verstanden, was Herr Trees und Herr
Buchner eigentlich wollten. Die beiden haben sich sicherlich
darauf rausgeredet, dass Tannhäuser das alles nur träumt.
Ach was! Ist doch alles schon da gewesen.
Ceterum censeo: Nicht jedes Theater sollte jede
Inszenierungsmode mitmachen, um nicht in Zeiten knapper Kassen
das Publikum zu vertreiben.
(Kursiv dargestellte Textpassagen
sind - wenn nicht anders angegeben -
Richard Wagner 'Mein Leben' entnommen.) |
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'Ich'
Uraufführung
Theater Regensburg 05.12.03 |
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"... und treiben
mit Entsetzen Scherz" |
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Ein hochrangiger Ethikrat beschäftigt sich mit der Frage der
Gen-technik - weg mit den alten Skrupeln - und ob die EU mit
Geldern, die auch aus Deutschland zur Verfügung stehen, diese
Forschung unterstützen darf, obwohl hierzulande Bedenken
bestehen.
Darf also der Autor Rainer Lewandowski die Problematik in dieser
leichten Form abhandeln, nur um ein weiteres Stück seit seiner
Zeit 'als Dramaturg noch in Hannover' auf die Bühne zu bringen
und um unbedingt aktuell zu sein?
Lässt man das Thema beiseite, so zeigt Volkmar Kamm eine
leicht-füßige Inszenierung in den leicht beweglichen Bauten von
Tina Kitzing, die das Tempo noch erhöhen, in denen aber auch
'Meine Schwester und ich' gespielt werden könnte. Mit Barcodes
auf ge-stapelten Schuhschachteln.
Ständig wird von den Darstellern aufgebaut, umgebaut, abgebaut,
damit assoziiert: neues Leben schaffen, verwerfen, vernichten
und wieder neues kreieren.
Die abrupten Lichtwechsel von Klaus Herbert Welz intensivieren
zudem den Eindruck eines hastigen Ablaufs.
Alle Darsteller, Peter Heeg als Professor; Peter Papakostidis
als Doktorand und geklonter Sohn; Arthur Werner, der Assistent
und Silvia Schuh, die junge Wissenschaftlerin können dieser
Vorgabe "... steigernde Wirkung durch Beschleunigung des Tempos
..." kaum entrinnen, um dem Stück mehr Tiefe durch ruhige
Passagen zu geben. Bei Frau Schuh zeigt sich außerdem deutlich,
wie eine Geschwindigkeitsüberdrehung der Sprache zu
Wortausfällen bis zur Unverständlichkeit des Textes führt.
Außerdem ist es kaum vorstellbar, dass es in einem
wissenschaftli-chen Institut derartig turbulent zugeht. Die
flott in Szene gesetz-ten zum Teil flapsigen Dialoge des Stückes
werden der Sache, über die die Welt streitet, nicht gerecht. Und
der Autor selber gibt vor: "Ich bewundere sie, wie sie bei einem
so heiklen Thema, so locker scherzen können."
Hätte mehr Ernsthaftigkeit geherrscht, wäre auch diese Art von 'lieto
fine' deutlicher zur Geltung gekommen.
So bleibt nur:
"Das Ganze war halt eine Farce und weiter
nichts."
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Schweig, Bub!
Theater Regensburg 28.11.03 |
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Allmächt' na, su a G'werch
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So oder so ähnlich klingt's wohl im Frankenland - dabei gibt es
doch fränkisch Sprachkundige vor Ort, die im Sinne und zur
Förderung der künstlerischen Entwicklung des Theaters Regensburg
Hilfestellung hätten leisten können, wenigstens den Dialekt
richtig einzustudieren.
So aber kam ein Kauderwelsch zustande, das teilweise auch noch
so lustlos runtergenuschelt wurde, dass der noch so aufmerksame
Zuschauer, klammheimlich nach der Übertitelungsanlage rief.
Michael Heuberger und auch dem übrigen Ensemble sah man es
jedenfalls noch beim Schlussbeifall an, dass es selbst denen
nicht gefallen hat. Was muss bei diesem Strindberg-Verschnitt
das Ensemble gelitten haben. |
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Warum wurde nicht Peter Nüesch als Regisseur geholt, dann hätte
es Klamotte total gegeben und die Produktion wäre wirklich zur
Komödie des Jahres geworden. So hangelte sich der Regisseur
Klaus Tews mit riesigen Textpausen durch das Stück.
Der Erfolg: Eine zähe Tragödie.
Man darf einem offensichtlich völlig humorlosen Regisseur nicht
eine Komödie anvertrauen, es kommt immer irgendein Krampf dabei
heraus.
Die Bauten von Dorin Kroll reißen trotz Drehbühne und schnellem
Szenenwechsel die Produktion nicht aus der 'Atemlosigkeit'. Die
Kostüme von Bianca Schmid-Hedwig stimmig, denn dem Bürger vom
Bauch abgeguckt.
Ansonsten, wieder eine vertane Chance im Theater Regensburg.
"Der Rest ist Schweigen." |
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Der Barbier von Sevilla
Bayerische Staatsoper 27.11.03 |
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"Una voce poco fa" |
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Als am 20.02.1816 Rossinis
'Barbier von Sevilla' in Rom zunächst durchfiel - wohl weil die
Anhänger des Altmeisters Giovanni Paisiellos dessen Barbier
schützen wollten – jedoch am nächsten Abend mit begeistertem
Beifall aufgenommen wurde - war Richard Wagner gerade drei Jahre
alt.
Als er sich 1860 zu seiner von der Fürstin Metternich
betriebenen Aufführung des Tannhäuser in Paris aufhielt,
besuchte er auch Gioacchino Rossini und berichtet in 'Mein
Leben':
"[...] welchem ein Witzereißer für die Journale ein bonmot
untergeschoben hatte, wonach er seinem Freunde Caraffa, als
dieser sich für meine Musik erklärte, bei einem Dinner den Fisch
ohne Sauce serviert und dies damit erklärt haben sollte, daß ja
sein Freund auch die Musik ohne Melodie liebe. Hingegen
protestiert nun Rossini in einem öffentlichen Schreiben sehr
förmlich und ernsthaft, erklärte das ihm unterlegte bonmot für
eine mauvaise blague und bezeugte zugleich, daß er derartige
Scherze sich nie eines Mannes erlauben würde, den er darin
begriffen sehe, das Gebiet der Kunst zu erweitern.. Nachdem ich
hiervon Kenntnis erhalten, zögerte ich keinen Augenblick,
Rossini meinen Besuch zu machen, und ward von ihm in der Weise
freundlich empfangen, wie ich dies später in einem meinen
Erinnerungen an Rossini gewidmeten Aufsatze beschrieben habe.
[...]"
Rossini aus der Tradition des
Kunstgesangs, des Belcanto, der Opera seria kommend, setzte sich
also mit dem Neuerer, dem komponierenden Textdichter Richard
Wagner auseinander. In seinen 1870 herausgegebenen Sämtlichen
Schriften und Dichtungen geht Richard Wagner noch einmal auf den
großen italienischen Tonkünstler Rossini ein, als er auf eine
"[...] Bemer-kung zu einer angeblichen Äuße-rung Rossini's
[...]", die Ferdi-nand Hiller abgegeben haben soll, einen
Kommentar schrieb.
"[...] Herr Hiller
berichtet uns, Rossini habe ihm auf die Frage, ob er wohl
glaube, daß Poesie und Musik je zu gleicher Zeit gleiches
Interesse erregen können, geantwortet: "wenn der Zauber der Töne
den Hörer wirklich erfasst hat, wird das Wort gewiß immer den
Kürzeren ziehen. Wenn aber die Musik nicht packt (?), was soll
sie? Sie ist dann unnöthig, wenn sie nicht überflüssig oder gar
störend wird."
Wir verwundern uns nicht über diese Antwort Rossini's, sondern
darüber, daß er auf jene Frage eine Antwort gab, auf die sich
Herr Hiller sehr leicht ganz dasselbe hätte sagen können. Sollte
es dagegen Herrn Hiller daran gelegen sein, über Probleme
Aufschluß zu erhalten, über die er selbst noch mit sich im
Unklaren ist, so rathen wir ihm, Rossini das nächste mal zu
fragen, woher er sich wohl erkläre, dass Mozart's Musik zu "Cosi
fan Tutte" nicht im entferntesten die Wirkung mache als die zum
"Figaro" oder "Don Juan". Oder um ein näheres Beispiel zu wählen
– warum "Der Advocat" vorm Jahr in Köln durchfiel, trotzdem er –
Herr Hiller – selbst die Musik dazu gemacht hatte. [...]"
Die Spanne
zwischen Rossinis musikalischem Stil, dem Gesang der Kastraten,
dann der Über-nahme der Rollen durch Frauen, als der Code
Napoléon die Kastrierung von Jungen verbot und dem von Richard
Wagner könnte größer nicht sein. Als Rossini 1829 seine
Kompositions-tätigkeit reduzierte bzw. fast einstellte und in
den ihm noch verbleibenden 40 Jahren außer dem Stabat Mater und
der Petite Messe Solennelle keine Note mehr schrieb, könnte sehr
früh die dramaturgischen und musika-lischen Veränderungen
gespürt haben, die sich, gerade von Deutschland kommend,
auswirk-ten.
Sein 'Barbier' ist nur eine der vielen zu seiner Zeit häufig
ge-spielten Werke aus seiner Feder, die sich über die Jahrzehnte
auf den Bühnen der Welt hat halten können, obwohl seine Opern
z.B. seine letzte, 'Wilhelm Tell', immer wieder an der hohen
Tessitura des Arnoldo und der fehlenden Besetzung für diese
Tenorpartie scheiterte.
Immerhin sang auch zum Entsetzen von Rossini 1837 Gilbert-Louis Duprez als Arnoldo
das erste 'do di petto' also das 'hohe C' mit Bruststimme. Bis
da-hin hatten sich die Tenöre des Falsett bedient.
So geht es jetzt auch schon bei der Besetzung des Grafen
Almaviva selbst an der Bayeri-schen Staatsoper. Nicht dass
Reinaldo Macias die Töne nicht träfe, aber es fehlt an
Körperre-sonanz bei der Stimmgebung. So klingt sein Tenor eng
und stel-lenweise sogar gequetscht, |
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wenn es über die reine Mittellage hinausgeht,
hier nur als Beispiel beim "Ubbriaco? ...
Ma
perqué?". Die Canzone der 6.
Szene dann
sehr schön phrasiert, da in relativ bequemer Lage. Die
Koloraturen aus der lockeren Stimmführung heraus, perfekt
gesetzt. Das Spiel des Grafen beim Buhlen um Rosina nach der
Beaumarchais'schen Vorlage wirkt besonders beim Auftritt "He,
ihr vom Hause" als trunkener Soldat stark buffonesk. Es
dokumentiert sein eigentliches Fach. Aber, was soll's, auch in
MUC kann nicht jeden Abend
Juan Diego Florez
den Almaviva
singen.
Ähnlich der Stimme des Grafen fehlt bei Bruno Pratricò als
Doktor Bartolo das Volumen, das mit der Partie assoziiert wird.
Der Bass klingt ungewöhnlich hell timbriert und fast flach, sehr
das Fach des Bass-Buffo betonend. In seiner Darstellung des
Bartolo ist alles schrullig, trottelig, nichts gefährliches,
immerhin ist er der Intellektuelle des 18. und 19. Jahrhunderts,
der Patriarch, der hier an das Geld des reichen Mündels Rosina
durch Heirat will. Nach den Regeln dieser Zeit hat Rosina keine
Rechte ohne Mann. Dass sie die Möglichkeiten der Verbindung mit
dem Grafen Almaviva zu nutzen versucht, ist mehr als
verständlich – allerdings ahnt sie nicht, in welche
Schwierigkeiten sie in der Fortsetzung der Story in der
'Hochzeit des Figaro' kommen wird.
Im Gegensatz zu Bruno Praticò verfügt Paata Burchuladze über das
bassige Volumen in jeder Lage der Partie. Die Stimme klingt
unangestrengt – trotz z.B. des häufigen Zacharias – kraftvoll
füllt er - zum Jubels des Publikums - das Haus.
Auch wenn der Figaro das Faktotum der schönen Welt von Martin
Gantner überzeugend gespielt und kernig auch in den hohen lagen
gesungen wird, fehlt auch hier wieder das eigentlich von vielen
Vorbildern erwartete Volumen in der Stim-me.
Und die eigentlich schönere Stimme als die des Bartolo und auch
des Figaro hat Christian Rieger in der kleinen Rolle des
Fiorillo.
Anne Peelkorne schafft sich niesend mit weichem Mezzo durch die
ungeliebte Partie der Berta und hatte einen berechtigten Erfolg
mit ihrer Arie. Neben ihr in den Wurzen-Rollen Altmeister Ferry
Gruber, Francesco Petrozzi und Wiwo Leeb.
Dann Liliana Nikiteanu. Ein entzückendes rumänisches Püppchen,
das mit einer Natürlichkeit die kesse, trotzige und ihr damals
noch nicht zustehende Rechte einfordernde junge Frau, ohne dass
es aufgesetzt wirkt, spielt.
Wie dunkle Südseeperlen kullern hier die Koloraturen der Rosina
auf den Seidenteppich, den ihr Harry Bicket mit dem Bayerischen
Staatsorchester bereitet. Das samtene und runde Timbre vermag
sie aus der Brust über alle Register zu führen, so dass die
Partie stimmlich wie aus ei-nem Guss geformt ist.
Bicket nimmt das Orchester zeitweilig ganz
stark zurück, um Frau Nikiteanu alle Möglichkeiten der
Ausformung der Läufe und Sprünge der Partie bis ins zar-teste
Pianissimo und ins volle Forte zu geben. Beispielhaft wie
Harmonie zwischen Solist und Dirigent sich bei der Gestaltung
einer Rolle auswirken kann, wenn er auch das Tempo gele-gentlich
wie z.B. bei Figaros "Pronto prontissimo" oder im Duett Figaro /
Graf bei dessen "Su, vediam di quel metallo" zu deutlich
anzieht.
Das Bayerische Staatsorchester in bester Spiellaune bis in die
zartesten Figuren der Partitur, aber auch kräftig auftrumpfend,
wenn es die Dynamik der Partitur erfordert.
Claus von Wildemann am Cem-balo mit einfallsreichem
Accom-pagnement, gerade wenn es gilt, Gänge auf der Bühne
musi-kalisch zu füllen.
Der Chor sehr präsent, sehr präzise gleich bei der Introduc-tion
"Piano, pianissimo", oder dem "Mille grazie" am Ende der ersten
Szene, aber auch in den sehr schnellen Passagen wie dem Finale
1. Akt.
Die Bauten von Carlo Tommasi wie man sich ein Haus in
Anda-lusien vorstellt: Drehbühne, das Äußere des Hauses und
rumge-dreht das Innere. Praktisch, gut zu bespielen.
Und darin die Personenführung des Großmeisters Ferruccio Soleri.
Es stimmt, was er vorgibt und lässt doch noch jedem Dar-steller
die Möglichkeit zur
Entfaltung.
Ein musikalisch aufschlussrei-cher, weitgehend genussvoller
Abend, wenn auch nicht alle Stimmen den Vorstellungen einer
Aufführung in der Bayerischen Staatsoper entsprachen, wo
immerhin Hermann Prey als Barbier und Fritz Wunderlich als
Almaviva Massstäbe setzten. |
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Finnischer
Opernsänger
starb mit seinem Sohn bei Autounfall |
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Der finnische Opernsänger Peter Lindroos (59) und sein
eineinhalb Jahre alte Sohn sind am Montag bei einem schweren
Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Seine Frau, die Opernsängerin
Gabriela Gaál, und seine vierjährige Tochter wurden bei dem
Zusammenstoß mit einem Schwerlaster in der Nähe |
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der
südschwedischen Stadt Malmö schwer verletzt, berichteten
skandinavische Zeitungen. Die in Schweden geborene Gaál liege
auch zwei Tage nach dem Unfall weiter in tiefem Koma, teilte die
Sibelius-Akademie in Helsinki mit, an der Lindroos ebenso wie in
Malmö unterrichtete. |
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Leiter der
Staatsoper Hannover löst Zehelein ab |
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Der Leiter der Staatsoper Hannover, Albrecht Puhlmann, soll nach
Informationen der «Südwest Presse» den Stuttgarter
Opernintendanten Klaus Zehelein ablösen. Der 48-Jährige soll
demnach im Herbst 2006 Zehelein (63) nachfolgen, der nach 13
Jahren Tätigkeit in |
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Stuttgart als
Präsident an die Bayerische Theaterakademie in München geht. Der
Verwal-tungsrat der Württembergischen Staatstheater wolle die
Wahl am kommenden Montag offiziell vornehmen, heißt es in der
Ulmer Zeitung. |
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Rau:
Kultur ist Hefe im Teig |
Bundespräsident
Johannes Rau hat vor einer " um sich greifenden
Kulturfeindlichkeit" in Deutschland gewarnt. |
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Kultur müsse eine Pflichtaufgabe für den Staat
sein und dürfe nicht nur zu den freiwilligen Leistungen gehören,
sagte Rau in Berlin auf dem Kongress "Bündnis für Theater". "Die
Finanzierung von Theater und Oper ist eine öffentliche Aufgabe,
und das muss so bleiben", betonte er. "Nur wenn die Kultur und
die für sie Verantwortlichen auf einer Stufe mit anderen
wichtigen Aufgaben stehen, rücken sie da hin, wo sie |
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hingehören, in die erste Reihe."
Kultur sei "nicht die Sahne auf dem Kuchen, sondern die Hefe im
Teig". Gleichzeitig rief er die Theater zu mehr Mut auf, um der
Finanzkrise zu begegnen. Dazu gehöre die Frage, warum im Sommer
alle Bühnen gleichzeitig Urlaub machten und so Touristen
ignorierten. Tarifverträge müssten modernisiert werden. "
Theater ist schon lange keine Insel der Seligen mehr", sagte
Rau. |
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Scharfe Kritik am geplanten Kulturabbau bei ARD und ZDF |
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Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Professor Klaus
Zehelein, hat die Absicht mehrerer Ministerpräsidenten, das
Kulturangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erheblich
einzuschränken, scharf kritisiert. „Eine Reduzierung des
Kulturangebotes von ARD und ZDF verstößt gegen den auf
Information und Kultur ausgerichteten Programmauftrag der
öffentlich-rechtlichen Sender“, kommentierte Zehelein die nun
bekannt gewordenen Pläne der Ministerpräsidenten. Nach einem
Bericht der Süddeutschen Zeitung sollen die Kulturprogramme 3sat
und arte fusioniert und der ZDF-Theaterkanal eingestellt werden.
Beabsichtigt ist außerdem, die Anzahl der ARD-Orchester zu
reduzieren.
Aus Sicht des Bühnenvereins sind diese Pläne völlig
unverständlich. Man habe in den letzten Jahren die Kultur in den
Hauptprogrammen mit der Begründung stark beschnitten, dafür gäbe
es die auf Kultur spezialisierten Spartenprogramme und digitalen
Kanäle. |
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Nun wolle man die
Gebührenerhöhung dazu nutzen, genau diese Programme abzubauen.
„Das ist der Ausverkauf der Kultur im Fernsehen. Die Kultur ist
einer der entscheidenden Bereiche, mit denen sich ARD und ZDF
von den privaten Anstalten positiv unterscheiden.
Gerade die Kultur rechtfertigt also die Gebührenfinanzierung.
Wenn man zudem das bildungspolitische Desaster bedenkt, das die
Pisa-Studie der Bundesrepublik Deutschland bescheinigt, kann man
die Ministerpräsidenten nur auffordern, von solchen Plänen
weiterer Fernseh-Verflachung möglichst schnell Abstand zu
nehmen“, betonte Zehelein in seiner Stellungnahme.
Offenkundig hätten einige Ministerpräsidenten völlig vergessen,
was Kunst und Kultur im Fernsehen für die Bildung junger
Zuschauer bedeuten. Zehelein fordert alle Zuschauer und alle
Kultureinrichtungen auf, sich dem kulturpolitischen Kahlschlag
bei ARD und ZDF massiv entgegenzustellen. |
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Orchestermusiker
oft durch Lautstärke geschädigt |
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Orchestermusiker
gefährden bei der Arbeit oft ihr Gehör. Wagner-Opern zum
Beispiel könnten eine Lautstärke von bis zu 110 Dezibel
erreichen und seien damit mehr als doppelt so laut wie ein
vorbeifahrender Lastwagen, be-richtet die «Ärzte Zeitung».
Abhilfe solle eine neue EU-Richtlinie zum Lärmschutz schaffen,
die bis 2008 in deutsches Recht umgesetzt werden müsse, heißt es
unter Berufung auf die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeits-medizin in Dortmund. Dann darf die durchschnittliche
Belastung über einen bestimmten Zeitraum nur 87 Dezibel
betragen. |
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Es sei jedoch
schwierig, die Musiker vor dem Klangvolumen ihrer Instrumente zu
schützen, heißt es weiter. So weigerten sich vor allem Bläser,
einen Gehörschutz zu tragen - Oboen und Klarinetten klingen dann
für den Musiker oft nicht mehr sauber. Unklar ist den Angaben
zufolge noch, inwieweit die Lärmschutzmaßnahmen auch zu Umbauten
in Opernhäusern und Konzertsälen führen müssen. Die
EU-Richtlinie 2003/10/EG gilt für den Lärmschutz in allen
Berufen und ist im Amtsblatt L 042 vom 15. Februar 2003, Seite
38 bis 44, zu finden, das im Internet veröffentlicht ist. |
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Anklage gegen
'Dorfrichter Adam' |
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Generalbundesanwalt Kay Nehm hat Anklage gegen den Dorfrichter
Adam aus dem Theaterstück «Der zerbrochene Krug» erhoben. Am 5.
Dezember wird dem Protagonisten der Komödie von Heinrich von
Kleist am Bundesgerichtshof der Prozess gemacht. Das Badische
Staatstheater Karlsruhe stellt die Schauspieler für die
Theaterfiguren. Der BGH liefert mit Nehm und dem Vorsitzenden
Richter Eike Ullmann das Justizpersonal. Die Verteidigung
übernimmt der Rechtsanwalt Hermann Heil.
«Wir fangen da an, wo das Stück "Der zerbrochne Krug" aufhört».
«Die Schauspieler |
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werden sich in
ihren Rollen vor einem ordentlichen Gericht mit echtem Richter,
Staatsan-walt und Verteidiger nach heuti-gen Rechtsnormen
rechtfertigen und verhalten müssen.»
Ihnen werde dafür viel Impro-visationskunst abverlangt. Richter
Adam hat einiges auf dem Kerbholz. Möglich ist eine
Verurteilung unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, Korruption,
sexueller Nötigung und Erpressung. Zahlreiche Figuren aus dem
Personenarsenal des Lust-spiels werden als Zeugen befragt,
darunter der Gerichtsrat Walter, der Gerichtsschreiber Licht und
die Verlobten Ruprecht und Eve. |
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La Traviata
B-Premiere
Staatsoper Hannover |
Verbotene Liebe |
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Was reizte Giuseppe Verdi an der
Beschäftigung mit dem Stoff der Kameliendame? War es die Amoure
eines jungendlichen Bürgers mit einer Kokotte oder gar die
Projektion seiner Beziehung mit der Strepponi, die immerhin drei
Kinder illegitim von drei verschiedenen Männern hatte, den
Nachwuchs Fremden zur Pflege gab und erst später, als die
Verbindung zu Verdi nach Jahren legalisiert wurde, wieder
Kontakt zu ihren Kindern aufnahm. Oder wollte er aus der Nutte
ein weibliches Wesen mit menschlichen Zügen machen, das an der
Prüderie der Gesellschaft zerbricht?
Und gibt es für dieses Werk
die perfekte überzeugende Inszenierung oder musikalische
Ausformung und konsequente Linien in der Personenführung oder
ist alles nur eine Frage der Eigenwilligkeit? Der Lohengrin in
Hamburg von Peter
Konwitschny – eine
Schülerbalgerei im Klas-senzimmer mit Ortrud das Har-monium
spielend – in der Schlus-sszene (mangels Zeit ?) in eine
Standardinszenierung zurückfal-lend. Die Walküre in Stuttgart
mit der Bettenbauenden Brünnhilde. Was ist richtig, was kann dem
Zuschauer angeboten werden als stimmig, was ist Firlefanz was
ist einfach Quatsch ?
Letzteres gilt jedenfalls nicht für die Calixto Bieto
Inszenierung der Traviata in Hannover.
Es wird die Geschichte so einer Art Rosemarie Nitribit – einer
Edel-Nutte erzählt, die weiß was sie will, wenn sie auch
zeitweise vom Gefühl von der Sehnsucht nach Bürgerlichkeit
übermannt wird.
Bieto beschönigt nicht, setzt die Violetta ins heutige Leben der
Callgirls – hier in einem Edelpuff als Einheitsbild mit weißen
Ledermöbeln und Edelstahlbauten im Maisonettestil von Ariane
Isabell Unfried und Rifael Ajdarpasic und in einer
modisch-heutigen etwas überzogenen Kostümierung von Anna
Eiermann.
Kettenvorhänge teilen die Szene in den Bar-Bereich oder im
Obergeschoss die Lustinsel vom übrigen Raum ab. Großflächige
Sex-Projektionen transportieren die Stimmung und animieren
entsprechend.
Ina Kanchewa in schwarzer Triumpf-Korsage mit Strapsen – ein
Püppchen, fast zu schmäch-tig für diese Rolle der Violetta
Valérie mit blonder Nitribit-Perücke hebt sich sogleich auch mit
ihrer Rollengestaltung vom Umfeld ab. Allerdings erschreckt ihr
Auftritt zunächst, denn die Stimme flackert, hat keinen Halt auf
dem Airflow und damit auch nicht die notwendige
Durch-schlagskraft. So stellt sich zu-nächst die Frage: wie soll
das gehen? Aber schon beim „Ich will es, ich gebe der Freude
mich hin“ hat die Stimme Kontur und sitzt bis zum Schluss unter
hohem Gaumen mit leicht vorstehendem Oberkiefer perfekt in allen
Registern auch die extreme Höhe ist abgedeckt. Interessant, dass
Frau Kantchewa in der Bohème sich der Mimi zugewandt hat und
nicht die Mussetta übernimmt. Es ist nachvollziehbar, denn auch
hier als Traviata kommen die Ko-loraturen etwas massig und nicht
so filigran, wie sonst früher von Edda Moser oder der Te Kanawa
gewohnt. So passt die Anlage der Koloraturen aber in den
Gesamtsound, mit dem Ina Kanchewa die Rolle stimmlich gestaltet.
Besonders auffallend ist ihr Mut zu geführten Piani und
Pianissimi. Die Kurse bei
Mont-serrat Caballe
können hierfür der Grund sein. Gerade die Caballe war eine
Meisterin fein ge-zwirbelter Töne. Es macht star-ken Eindruck
wie Frau Kanschewa dieses Können in die musikalische Gestaltung
der Rolle übernimmt. Auch fast tonlos dargebotene Textpassagen
unterstreichen die Durchfor-mung der Rolle mit den Frau
Kanschewa zur Verfügung ste-henden stimmlichen Möglich-keiten.
Absolut überzeugend die Ausformung der Figur in Bewegungen,
Gesten, Körperhal-tung.
In diesem Rahmen laufen die Einfälle des Regisseurs nach seinem
Storyboard ab, das er sich aus dem Stück schafft. Die Flora als
weitere Amüsierdame verschmilzt mit der Annina zu einer Figur,
der Managerin der Violetta oder auch gesagt, zur Zuhälterin. Sie
ist immer präsent, beobachtet die Szene, zieht ihre Schlüsse,
greift ins Geschehen ein und sackt ein – das Geld, das zunächst
mal in einer Schatulle unter einem Sessel gestored wird. Leandra
Overmann füllt diese Rolle großformatig mit mächtigem Mezzo. Wie
sich die Höhenlage ihrer Stimme darstellt, |
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kann aus der
Flora und dem einen Schlusston der eigentlich der Rolle des
Alfredo zugehörigen Cabaletta im zweiten Akt nicht unbedingt
abgeleitet werden. Die Bühnenpräsenz von Frau Over-mann
dokumentiert sich in einem überzeugend natürlichen Spiel, steht
dem der Ina Kanschewa nicht nach, sondern die beiden
Frauenfiguren ergänzen sich zu einer Einheit, die sich auch aus
der rollenbezogenen, beruflichen Tätigkeit der beiden ergibt.
Ebenso nahezu permanent anwesend und als Gegenpol zur Annina
Flora ist Vater Germont, im Versuch den Sohn der, seiner Ansicht
nach, Halbwelt zu entreißen. Ein distinguierter älterer Herr,
mit Geld genug, den Sohn zur Not auch freizukaufen. Andreas
Förster wird aber auch handgreiflich, wenn es gilt die
Familienehre zu retten, denn wer, auch in der heutigen Zeit, hat
gerne eine Nutte als Freundin des Sohnes im unmittelbaren
Familienumfeld. Selber nicht zimperlich greift auch er zur
Gewalt und damit nach Violetta, was er in der Schlussszene nach
Libretto bedauert. Dazu gehört viel gestalterische
Überzeugungskraft, aus einem Vergewaltiger einen reuigen Macho
zu machen. Andreas Förster ist dieser Macho-Vater. Stimmlich ist
in seinem kraftvollen Charakterbariton ein Altersvibrato zu
hören, dass er aber im zweiten Teil der Arie 'Hat dein
heimatliches Land ...' in den Griff bekommt und die Stimme
wieder perfekt geführt den Edelsound entfalten kann, der die
Zuhörer schon seit langem immer wieder berückt.
Neben ihm Wilhelm Hartmann als Alfredo. Ein ehemaliger lyrischer
Bariton, der sich in wenigen Jahren zu einem stattlichen Tenor
entwickelt hat. Der Pelléas hat ihm sicher geholfen, über die
Partie, für einen hohen Bariton konzipiert, den italienischen
Tenor zu erarbeiten. Wilhelm Hartmanns Stimme hat als Basis den
baritonalen Klang behalten, der hinzukommende Glanz, bruchlos
bis in die hohen Lage geführt und Italianita geben der Stimme
das für die Verdi Partien notwendige Kolorit. In der Darstellung
des Alfred wird vom Regisseur auf der einen Seite ein kräftig
pubertierender Jüngling, auf der anderen Seite eine sich am
Vater oder Violetta klammernde Heulsuse vorgege-ben, die sich
allerdings merk-würdigerweise schnell immer wieder fängt.
Hier werden durch diese Wechsel Brüche in der Gestaltung der
Figur offenkundig, die Frage aufwerfend, was hat der Mann nun
für einen Charakter? So ist es aber auch kein Wunder, dass
Violetta mit beiden, Vater wie Sohn, am Schluss ’Schlitten
fährt’ und sie verdutzt sitzen lässt. Eindrucksvoll die
Stimmgewalt und Präzision des Chores. Die Einstudierung durch
Johannes Mikkelsen zeigt immer wieder, wie gerade er auf das
Wachsein des Chores achtet und so ein Verschleppen von Einsätzen
und somit ’Klappern’ in den Auf-führungen vermeidet.
Die Nebenrollen sind durch-geformt, die Regieeinfälle
ermög-lichen sinnvolle Aktionen auf der Bühne, die bis auf
wenige Ausnahmen, opernhafte Herum-stehklischees vermeiden. Ob
ein Counter unbedingt die Rolle des Marquis von Obigny
übernehmen muss, oder ein ungehängtes Penismonstrum, mit dem
realiter kaum jemand etwas anfangen, geschweige denn eine Frau
beglücken kann, die Lage klärt, bleibt offen.
In toto ein schlüssiges Konzept, das seinen Höhepunkt im Schluss
des Werkes findet.
Violetta und Flora mimen das Elend der zu behandelnden
Schwindsüchtigen vor laufender Kamera, Violetta vertanzt das von
der Straße in den Raum dringende Karnevalsgetöse und
mit dem "Gewiss, ich werde leben. o Wonne" erhebt sie sich aus
dem Rollstuhl, greift nach dem ihr von Flora hingehaltenen
Koffer und reist ab, in ein neues Leben.
Der Abend findet seine Bestätigung in der musikalischen Leitung
von Enrique Mazzola. Selten, dass ein Dirigent so einfühlsam auf
das Bühnen-geschehen und damit auf die Sänger eingeht, Einsätze
gibt, das Orchester zurücknimmt, dass die so eindrucksvollen
Pianissimi der Ina Kanchewa gebührend zur Geltung kommen können.
Das Publikum im ausverkauften Haus der Nds. Staatsoper war
beglückt.
Mit solch überzeugenden Produk-tionen findet die Bevölkerung
auch zurück ins Theater.
(Dieter Hansing) |
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'Im weißen Rössl' |
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Theater
Regensburg 17.10.03 |
"Zu
Roß !
Daß ich dich rette !" |
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...das gälte
besonders auch für das Musiktheater in Regens-burg, um es zu
retten.
Wenn dieses Ross nur nicht so lahmte. Wolfgang Dosch, ein
ehemaliger Buffo als Regisseur müsste doch wissen wie es geht.
Tempo, dem Stück entsprechend und zumal noch als Musical
aufgezogen, hatte fast nur der Ablauf der in-szenierten
Applausordnung.
Und dennoch:
'Rösselwirtin' Katharina Leitgeb - als holde Maid, jauchzend
kommt sie daher, singt und spielt sich in Operettenseeligkeit.
Nebenbei ist sie im Theater Regensburg auch noch 'Mimi'
oder 'Musetta', die 'Carlos-Elisabeth'. Crossover wird das
genannt. Jeder ist jetzt alles. Der seriöse Bass 'Sarastro' und
'Großinquisitor' hüpft dann als 'Sigismund' herum und 'Don
Carlos', 'Tamino' und 'Rodolfo' ist auch der 'Leopold' und
Mi-chael Suttner singt ihn wie er strahlt. Elvira Soukop, die
'Ottilie' singt schön wie sie ist. Ilona Vöckel als 'Klärchen',
Soubrette wie sie sein soll. Christiana Knaus-Waldmann, wieder
im Solo, als 'Holdrio-Kathi'. Stefan Rüh, der Piccolo, ein
Grasaff wie er im Buche steht. Victor Schiering, mit der
merkwürdigen Technik, die auch so klingt, als 'Dr. Siedler'.
Derb der 'Jiesecke' von Thomas Beyer "... doch da müssen Sie mal
Ahlbeck sehn!"
'Der Kaiser' von Berthold Gronwald - ohne die erwarte-ten
Extempores. Die kommen hoffentlich als Würze, wenn der Regisseur
abgereist ist. Es fehlt einfach etwas, wenn Herr Gronwald nur im
vorgegebenen Text bleibt.
Heinz Müller, ausgeborgt vom Schauspiel, der schüchterne, aber
Schmetterlinge mordende 'Dr. Hinzelmann'. 'Sigsimund' ist Brent
Damkier, später eben
alternierend mit Michael Doumas,
dem 'Sarastro'.
Die Bühne beim Rössl wie auf dem Oktoberfest. Wären nicht Chor
und Ballett, diese Schieß-bude belebend. |
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Und ganz
außergewöhnlich: Was muss da für eine Stimmung aus dem Graben
auf die Bühne kom-men, sieht man Georgios Vranos lachend
dirigieren.
Was sagt der Zuschauer zu dieser 'Vielfalt' bei der Besetzung
der Rollen?
Theatermacher in Utzbach?
Oder soll des Publikums Leidens-fähigkeit ausgetestet werden?
Den Sängern, die wollen alles ma-chen, schadet es, wenn ein
guter Intendant ihnen nicht bremsend gegenübertritt. Aber hier
wir noch Vorschub geleistet. Jeder wird für alles verbraucht.
Wenn der Zuschauer Glück und der Sänger Pech hat, wird auch noch
der Italienische oder Kavalier-Bariton als Wurzen 'Kaiser Franz
Joseph' über die Bühne schlurfen.
Kann das Niveau im Musiktheater Regensburg noch tiefer abgesenkt
werden?
Wenn kein Geld da ist, müsste der Spielplan eben eingeschränkt
wer-den. Und wenn die Stücke dann gut gemacht sind, strömt auch
das Publikum.
Was nutzt es, den Ehrgeiz zu ha-ben, große Oper und klassische
Operette machen zu wollen, wenn die Partien aus eigenem Ensemble
nicht mehr fachgerecht besetzt werden können. Stückverträge sind
die Konsequenz.
Hier ist wirklich die Stadt gefor-dert. Ein Haus, nur mal so mit
mi- nimalen Mitteln bespielt, schadet ihr selbst schon
kurzfristig.
In der Vor-Ernö-Weil-Zeit ging mit eigenen Kräften z.B.
'Othello', 'Peter Grimes', 'Hoffmann', ging 'Onegin', ging sogar
'Tannhäuser' mit einem Gast, 'Tiefland' dann mit zwei Gästen -
das musste schon nicht sein. Und was sollten die 'Hugenotten' -
nochmal, weil der GMD sie in FRA nachdirigieren durfte? Oder
'Loreley' - Kulturauftrag hin - Kulturauftrag her.
Das 'Rössl' muss im Velodrom gespielt werden, weil man von
al-len Sitzen etwas sehen kann, im renovierten Theater am
Bismarck-platz können laut Intendant nur 450 Besucher am Spiel
teilhaben. Bei offiziell 538 Plätzen !!!
(Dieter Hansing) |
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Staatstheater Nürnberg startet mit drei Premieren
Gleich mit drei
Premieren hat am Wochenende das bisherige Theater Nürnberg seine
neue Staatstheater-Ära begründet. Den Abschluss des Premieren-
ereignis bildete am Sonntag die Oper «Don Giovanni». Das
Schauspiel war bereits an den beiden Vortagen mit Bertolt
Brechts «Mutter Courage und ihre Kinder» in der Inszenierung von
Georg Schmiedleitner sowie dem Klamauk-Stück «Shake-speares
sämtliche Werke - leicht gekürzt» in die Saison gestartet.
Der scheidende bayerische Kunstminister Hans Zehetmair (CSU)
hatte das Drei-Spartenhaus Ende September in den Rang eines
Staatstheaters erhoben. Bayern will sich bis zum Jahr 2008 zur
Hälfte an der Finanzierung der Bühne beteiligen; bisher liegt
der Anteil bei 28 Prozent. Nürnberg hat damit das erste
Staatstheater in Bayern außerhalb der Landeshaupt-stadt München.
Die von der Dresdner Oper übernommene «Don
Giovanni»-Inszenierung wurde vom Premieren-Publikum mit lang
anhaltendem Beifall gefeiert. Willy Deckers rundum stimmige
Inszenierung des Dramas um den «heldenhaften Schurken» Don
Giovanni riss die Zuschauer immer wieder zu Szenen-Applaus hin.
Vor der Kulisse einer überdimensionalen Seite aus Don Giovannis
Notiz-Buch mit Aufzeichnungen seiner Frauen-Eroberungen
begeisterte vor allem die künstlerische Leistung von Jouni
Kokora in der Rolle von Don Giovannis Diener «Leporello».
Ursprünglich hatte Schauspiel-direktor Klaus Kusenberg den «Don
Giovanni» selbst inszenie-ren wollen, war daran aber
gescheitert. Die Probetage hätten nicht gereicht, hatte das
Staatstheater damals den Abbruch begründet. Statt der Premiere
bekam das Nürnberger Opern-Publikum daraufhin nur eine
halbszenische Aufführung geboten. Schließlich entschloss sich
die Theaterleitung dazu, Deckers Dresdner Inszenierung zu
übernehmen.
Seit 18. Oktober wird im Schauspielhaus als deutsch-sprachige
Erstaufführung «Das Mädchen auf dem Sofa» des norwegischen
Dramatikers Jon Fosse gespielt. Die erste «echte» Opernpremiere
der ersten Staatstheater-Saison ist «Jenufa» von Leos Janácek am
25. Oktober.
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Das
Ballett schließlich zeigt am 8. November unter dem Titel «Zooming
2» neue Choreografin der Nürnberger Ballettdirektorin Daniela
Kurz.
Luc Percefal
wird Hausregisseur
an Berliner Schaubühne
Der belgische
Theaterregisseur Luk Perceval («Schlachten!») wird neuer
Hausregisseur der Berliner Schaubühne.
Perceval komme nach dem Ende seines Vertrages mit dem Ensem-ble
«Het Toneelhuis» in Antwerpen im August 2005 nach Berlin, teilte
die Schaubühne mit.
Im deutschsprachigen Raum wurde der 1957 in Lommel geborene
Regisseur vor allem durch seine Inszenierung «Schlachten!» nach
den Königsdramen von Shakes-peare bekannt. Die zwölfstündige
Produktion war 2000 zur «Insze-nierung des Jahres» gewählt
wor-den.
Percevals Theater sei «politisch in seiner unverbesserlichen
Hoffnung auf die Katharsis des Zuschauers», erklärte die
Schaubühne. «Seine Regiearbeiten stehen für ein zeitgenössisches
Theater, das nicht selten Kritik und Publikum gleichermaßen
polarisiert.» Nach «Schlachten!» inszenierte Perceval unter
anderem Tschechows «Der Kirschgarten» in Hannover, Jon Fosses
«Traum im Herbst» an den Münchner Kammerspielen und «Das kalte
Kind» von Marius von Mayenburg an der Schaubühne.
Ioan Holender bleibt Direktor der Wiener Staatsoper bis 2010
Der Direktor der
Wiener Staatsoper, Ioan Holender, soll bis 2010 im Amt bleiben.
«Holender hat die Wiener Staatsoper auf hohem künstlerischen
Niveau ins 21. Jahrhundert geführt», erklärte
Kunststaatssekretär Franz Morak. «Es ist also nur logisch, dass
Ioan Holender diese in Österreich und international anerkannte
Arbeit für die Staatsoper und ihre Künstlerinnen und Künstler
fortsetzt».
Die frühzeitig vorgenommene Verlängerung des bestehenden
Vertrages über 2007 hinaus solle dem Haus Planungssicherheit
garantieren.
Der Staatsopern-Direktor leitet das Haus seit 1992
wirtschaftlich erfolgreich und hat auch die Entlassung der
ehemals in Bundesverwaltung stehenden Bühne in die
Selbstständigkeit finanziell positiv bewältigt. Seine
künstlerischen Entscheidungen bringen den 68-jährigen Direktor
jedoch häufig in die Schusslinie der Medien. So wird ihm
beispielsweise vorgeworfen, ein «Opernmuseum» zu verwalten. |
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Hamlet Theater
Regensburg 10.10.03 |
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"[...] der eine schläft, der andre wacht
[...]" (Hamlet, 3. Akt, 2. Szene) |
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Wer die 'Stimmlage' in
der Oper Regensburg "... so ganz im Allgemeinen ... " kennt, müsste mit Bleiziffers Schauspiel sympathisieren. Sein 'Galileo' gelungen,
die 'Lysistrata' ging an seinem Können vorbei und Hamlet ? "...du
bist mein Weib, und zuvor warst du das Weib meines Bruders." Den
Text leitet Oscar Wilde für seine 'Salome' aus dem Evangelium des
Markus, Kapitel 6, Vers 18 mit "Es ist dir nicht erlaubt, deines
Bruders Frau zu haben" ab. Regisseur Michael Bleiziffer leitet
nichts ab, denn wie er im Einführungsgespräch am 21.9., betonte,
habe er Hamlet noch nie auf der Bühne gesehen. War das
Koketterie oder wollte er verdeutlichen, dass seine Sicht auf das
Stück und die handelnden Personen neu, unbelastet sein werde
? Für ihn sei nach Faust II der Hamlet wie ein Wintermärchen, was
zu inszenieren besonders die Phantasie und das Handwerk
herausfordere. Er habe sich vorgenommen, dem Publikum eine ganz
klare Geschichte zu erzählen. Jetzt habe er im Hamlet ein Stück, das
irgendwo anfange und irgendwo aufhöre, bei dem aber die Komplexität
und Rätselhaftigkeit des Stoffes sowie die Charakterstudien der
Rollen den Darstellern sehr viel seelischen Einsatz abverlangten.
Wie er, haben sich jeder Leser und Zuschauer des Hamlet, seine
Gedanken gemacht, "was will uns der Dichter mit dem Stück sagen" und
was entnehmen wir heute ihm zu unserem Vor- oder
Nachteil. Immerhin hat einer der großen Shakespeare-Forscher,
John Dover Wilson, noch 1935 die überaus interessante Frage
gestellt: "What happens in Hamlet".
Von Überschwang bis zur
ironischen Kritik spannt sich der Bogen der Eindrücke illustrer
Dichter und Denker beim Hamlet. Meint Bräker: [...] Hamlet, du König
unter allen Spielen, du Kern aller Werke, das je ein Dichter von der
Art machen konnte [...] Zierde aller Bühnen [...]" (Ulrich Bräker /
1735-1798 / Etwas über William Shakespeares Schauspiele, Basel,
1942) so hält dem Benedix entgegen: "[...] Compositionsfehler sind
vor allem eine Reihe ungemein überflüssiger Episoden, die auf die
eigentliche Handlung nicht den geringsten Einfluß, ja beinahe keinen
Zusammenhang mit ihr haben, und die man, wie mir scheint, unbedingt
als Fehler bezeichnen muß. [...]" (Roderich Benedix / 1811-1873 /
Die Shakesperaeomanie. Zur Abwehr. Stuttgart 1873)
So werden
eine Vielzahl von Interpretations- und Inszenierungsmöglichkeiten
der eigentlichen Story z.B. im Sinne eines Kriminalstückes
zugelassen: Ermordung des Vaters, Übernahme der Witwe des Gemordeten
durch den Bruder, Aneignung der Macht und damit des Geldes,
Rachegelüste des Sohnes, Zweifel desselben, ob die zugetragenen
Informationen über den Mord richtig sind, Kaschierung der eigenen
Persönlichkeit, Auflösung der Problematik durch Zufälligkeiten wie
Verwechslung der Waffen, Trinken der falschen Person aus einem
Giftbecher.
Schwerpunkte lassen sich setzen durch Gestaltung
der Figuren und Hervorhebungen im Text. Bertold Brecht sieht
diese in der politischen Färbung. Von Krieg sei die Rede, Norwegen
gegen Dänemark, Norwegen gegen Polen und in der Textentsprechung
"Etwas ist faul im Staate Dänemark" sieht er die Verrottung des
Gemeinwesens und die Herrschenden als moralisch verkommen, da sie
durch Taktieren und Verstellung dem Thronräuber dienlich
sind.
Der Zuschauer erwartet konsequente psychologische
Durchformung der Figuren, speziell der
Hauptrollen:
Claudius aktiv, durchtrieben, bemächtigt
sich des Throns, vor Mord am Bruder nicht zurückschreckend und nach
der Frau des Bruders greifend. Peter Heeg, ein Macher,
erreicht für die Rolle das Ziel, spielt den eckigen Herrscher über
ein zerrüttetes System, das auf Intrigen aufgebaut ist. Spät erst
kommen bei ihm leise Töne - eigentlich erst im Gespräch mit Laertes
- die Tücke in der Figur verdeutlichend, die aufkeimende Erkenntnis
des Durchschautseins beim Spiel im Spiel ist schwach ausgeprägt und
nur ein abrupter Reflex am Ende der Szene. Kaum eine Reaktion beim
Zweikampf bis auf ein amüsiertes Lachen vor dem überraschenden
Streich gegen ihn selber.
Gertrud, möglicherweise
durchdrungen von der Erhaltung ihrer eigenen Macht durch schnelle
Verheiratung mit Schwager Claudius, weniger dominante als laute
Mutter die Verminderung der Entwicklungsfähigkeit des Sohnes Hamlet
aber kaum beeinflussend. Beim Spiel der Ermordung von Hamlet
eins im Spiel auf der Bühne reagiert Ulrike Lodwig kaum
irritiert und nicht als eine Mitwisserin oder gar Schuldige. Die
Figur ist durch Frau Lodwig eine schwache und leicht beeinflussbare,
sie macht schnell das, was man ihr einredet oder von ihr
verlangt. Der einzige Vorwurf, der Figur zu machen, ist die
schnelle Wiederverheiratung mit dem Schwager. Das Gespräch mit
Hamlet ist durch die Regie verknappt, kaum wird diese Entscheidung
der Eheschließung mit dem Mörder des eigenen Mannes als falsch und
Hamlets Wunsch, sie möge nicht länger mehr das Bett mit Claudius
teilen, deutlich.
Polonius, Oberkämmerer in Claudius
Diensten, gestaltet das Spiel auf subversive Weise oder sind es
Zufälle und er ist nur ein alternder, schwächelnder Mitläufer ?
Christian Ballhaus spielt einen trottelhaften,
überservilen Atlatus, der jede Situation, in die er gerät, meistern
möchte.
"[...] In der Rolle des Polonius ist zwar ein
herkömmliches Spiel gebräuchlich, aber doch setzt sie die meisten
Darsteller in Verlegenheit und es gelingt nur selten, die
scheinbaren Widersprüche harmonisch aufzulösen. "[...] die
meisten Darsteller nehmen ihn als einen schlauen alten Mann, dessen
Schwäche es ist, klüger zu thun, als er sich in Wahrheit fühlt, und
der eben dadurch die Zielscheibe des witzigeren Hamlet wird: oft
grenzt sein Betragen an Blödsinn; das recht Verständige, was er
sagt, ist mehr wie ein auswendig gelerntes Pensum, als dass es auf
dem Gemüthe kommen sollte. [...] Ich sehe im Polonius einen wahren
Staatsmann, der klug, politisch, einsichtig, mit Rath bereit, nach
Gelegenheit schlau, dem verstorbnen König wichtig war, und dem neuen
Herrscher für jetzt unentbehrlich ist. [...]" "[...] Die Ursache
von Hamlet's Wahnsinn ist die Liebe zur Tochter des Ministers, dem
Vertrauten des Königs. Der Vater muß doch irgend einmal diese Liebe
geduldet, vielleicht gebilligt, wol gar befördert haben; dies ist
dem König verschwiegen worden, bis es sich nicht mehr verbergen
lässt. [...]" "[...] Polonius, allzu geschäftig, weil er sich
nicht schuldlos weiß und seine Unschuld eben deshalb mit Gewalt
darstellen will, schlägt eine Zusammenkunft der Tochter mit dem
Prinzen vor, die er und der König dann belauschen wollen.
[...]" "[...] Der Vater fühlt nicht, was Hamlet sagen will, und
sieht immer nur den Wahnsinn der Liebe. Es ist weit mit ihm
gekommen, sehr weit! sagt er zu sich selbst, - und wahrlich, meiner
Jugend brachte mich die Liebe auch in große Drangsale, fast so
schlimm wie ihn. [...]" "[...] Mir hat es immer weh getan, wenn
ein Schauspieler die so Worte so sagte, dass sie nur Gelächter
erregten. [...]" "[...] Um es dem Könige nur recht zu machen, um
den Prinzen nicht aus den Augen zu lassen, erniedrigt sich der alten
Staatsmann immer mehr zum Botenläufer, damit nur kein Zweifel
obwalte, zu welcher Partei er gehöre. Er meldet die Schauspieler und
lässt sich wieder von Hamlet verspotten. So eilt er, den Prinzen und
seine Tochter zusammen zu bringen, so schlägt er vor, dass die Muter
nach dem Schauspiele den Sohn scharf befragen soll, indeß er sich in
das Gehör der Unterredung stellen will; und so rennt er,
überdiensteifrig, verblendet, von einem nicht reinen Gewissen aller
Haltung beraubt, auf ähnliche Art, wie Rosenkranz und Güldenstern,
in sein Verderben. [...]" (Ludwig Tieck / 1773 - 1853 /
Dramaturgische Blätter - Kritische Schriften, Leipzig,
1852)
Laertes durch Arthur
Werner, ein kraftvoller Gegenspieler der Titelfigur. Durch
seine Darstellung wird deutlich, wie er trotzdem in seinem Wesen
beeinflussbar ist, zunächst durch den Vater vor der Reise nach
Frankreich und stark genug, um seinerseits Ratschläge an Ophelia zu
geben. Regelrecht ins Hysterische aufgestachelt nach der Ermordung
des Vaters durch Hamlet und den Tod der Schwester beeindruckt Herr
Werner in der von Jaques Malan grandios
choreographierten Fechtszene durch Exaktheit und
einer schwereren Eleganz als der des leichtfüßigeren Hamlet.
Ophelia, an sich eine Rolle im Schema der
Sentimentalen, naiv, einfach. Danielle Clamer spielt eine
muntere Naive in ihrem Ausgegrenztsein in die Welt der Frauen, kaum
in der Lage eigene Gedanken und Entscheidungen aufzubauen, hier
abhängig vom Vater und vom Bruder, auf die Erweckung durch den
eigenen Mann wartend und blockiert durch ihren Empfindungsreichtum
im Denken und damit Hamlets Verhalten nicht verstehend, an sich
selber im Selbstmord scheiternd.
Hamlet,
Melancholiker, immer wieder Zaudernder, Zögernder, beeinflusst durch
die Kraft der Mutter Gertrud. Michael Haake stattet die Figur
mit großer Leichtigkeit aus, kann die
Unsicherheit, die
Entscheidungsfindung, Wahnsinn vorzugaukeln, um andere zu täuschen
und Geheimnisse zu hinterfragen, besonders durch teilweise wenig
präzises Sprechen aufzeigen.
"[...] Und da der
Geist verschwunden ist, wen sehen wir vor uns stehen? Einen jungen
Helden, der nach Rache schnaubt? Einen gebornen Fürsten, der sich
glücklich fühlt, gegen den Ursurpator seiner Krone aufgefordert zu
werden? Nein! Staunen und Trübsinn überfällt den Einsamen; er
wird bitter gegen die lächelnden Bösewichter, schwört, den
Abgeschiedenen nicht zu vergessen, und schließt mit den bedeutenden
Seufzer: Die Zeit ist aus dem Gelenke; wehe mit, dass ich geboren
ward, sie wieder einzurichten. [...]" (Johann Wolfgang von Goethe /
1749 - 1832 / Wilhelm Meisters Lehrjahre, Leipzig, Festausgabe
1926)
Hamlet "[...] ist ein Geist von hoher Bildung, ein
Prinz von königlichen Sitten, mit dem feinsten Sinn für
Schicklichkeit begabt, edeln Ehrgeizes empfänglich, der Begeisterung
für fremde Vortrefflichkeit, die ihm fehlt, in hohem Grade offen.
[...]" (August Wilhelm Schlegel / 1767-1845 / Kritische Schriften
und Briefe, Stuttgart, 1967)
Dass in der Zeit der Romantik
die Zuschauer vom Werk beeinflusst wurden und nach der Lektüre von
Goethes ‚Wilhelm Meister' die Selbstmordrate stieg, bestätigt auch
Friedrich Schlegel, als er seinem Bruder mitteilt: "[...] Unter
Umständen könnte dieß Gedicht augenblicklichen Selbstmord
veranlassen, bei einer Seele von dem zartesten moralischen Gefühl.
Ich weiß noch was es auch mich wirkte als ich vor anderthalb Jahren
es in der erbärmlichsten Vorstellung sahe. Ich war mehrere Tage
außer mir. [...]" (Friedrich Schlegel / 1772 - 1829 / Briefe an
seinen Bruder August Wilhelm, Berlin, 1890)
"[...] Hamlet ist
ein Feiertagsmensch, ganz unverträglich mit dieser Werkeltagserde.
Er verspottet das eitle Treiben der Menschen, und diese tadeln
seinen eitlen Müßiggang. Ein Nachtwächter, beobachtet und verkündet
er die zeit, wenn andere schlafen und nicht von ihr wissen wollen,
und schläft, während andere wachen und geschäftig sind. Wie ein
Fichtianer denkt er nichts, als ich bin ich, und tut nichts, als
sein Ich setzen. Er lebt in Worten und führt als Historiograph
seines Lebens ein Schreibbuch in der Tasche . Ganz Empfindung,
verbrennt ihn das Herz, das ihn erwärmen sollte. Er kennt die
Menschheit, die Menschen sind ihm fremd. Er ist zu sehr Philosoph,
um zu lieben und zu hassen. [...]" "[...] Hamlet ist ein
Todesphilosoph, ein Nachtgelehrter. Sind die Nächte dunkel, steht er
unentschlossen, unbeweglich da; sind sie hell, ist es immer nur
einen Monduhr, die ihm den -Schatten der Stunde zeigt, er handelt
ungelegen und geht irre im trügerischen Lichte. Das Leben ist ihm
Grab, die Welt ein Kirchhof. Darum ist der Kirchhof seine Welt, da
ist sein Reich, da ist er Herr. Wie liebenswürdig scheint er dort!
Überall betrübt, da ist er heiter; überall dunkel, da ist er klar;
überall verstört, da ist er ruhig. (Ludwig Börne / 1786 - 1837 /
Sämtliche Schriften, Düsseldorf, 1964)
Die Gestaltung der
Charaktereigenschaften der Rollen war und ist geprägt vom jeweiligen
Zeitgeist, nimmt man David Garrick hier als Vertreter des 18.
Jahrhunderts als Beispiel: er wirft sich bei der Erscheinung des
Geistes von Hamlets Vater "[...] plötzlich herum und stürzt in dem
selben Augenblicke zwei bis drei Schritte mit zusammenbrechenden
Knien zurück, sein Hut fällt auf die Erde, die beiden Arme,
hauptsächlich der linke, sind fast ausgestreckt, die hand so hoch
als der Kopf, der rechte Arm ist mehr gebogen und die Hand
niedriger, die Finger stehen aus einander, und der Mund offen, so
bleibt er in einem großen, aber anständigen Schritt, wie erstarrt
stehen, unterstützt von seinen Freunden, die mit der Erscheinung
bekannter sind, und fürchteten, er würde niederfallen; in seiner
Miene ist das Entsetzen so ausgedrückt, dass mich, noch ehe er zu
sprechen anfing, ein wiederholtes Grausen anwandelte. (Georg
Christoph Lichtenberg, Briefe aus England, London,
1844)
Michael Bleiziffer gestaltet mit seiner Regie eine
eigene Sicht auf das Stück. Sinnvolle Striche und eine schlüssige,
einfallsreiche Choreographie beschleunigen den Ablauf der Handlung.
Die Sprache ist heutig, fast ein wenig zu fetzig, nur den
Schauspielern durch Renate Hünlich und Silvia van
Spronsen wird ein gewisses Pathos zugestanden.
Ältlich
die Idee der Kofferparade - Claudius mit Flight Kit, allerdings holt
er kein Route Manual, sondern eine schöne Gewandung für seine
Gertrud heraus - der psychisch Unbehausten und lästig das
häufige Fauchen des Nebelwerfers als sei Fafner aus seinem Schlaf
erwacht und daraufhin 'dämpfig Gedünst staut sich dort
auf'. Die Musikeinblendungen schaffen Atmosphäre, wobei
die Beantwortung der Frage, warum die Verbalhornung des
musikalischen Themas aus der Schubert'schen Unvollendeten mit 'Ida
wo kommst du her, wo gehst du hin, wann kommst du wieder'
ausgerechnet beim Erscheinen vom Geist von Hamlets Vater präsentiert
werden muss, bleibt offen.
Die Bühne von Ingrid
Erb und das Licht
von Klaus Herbert Welz kommen der Inszenierung mit ihrem Tempo noch zusätzlich entgegen.
War Frau Erb mit ihrem Bühnenbild an dem grandiosen Reinfall des
'Oberon' zur Eröffnung des renovierten Hauses am Bismarckplatz
beteiligt, so gelingt es ihr hier durch die Nachbildung einer Art
von Reichskanzlei oder Gibichungenhalle auf der Drehbühne
schnelle Wechsel und interessante Einblicke in die so sich immer
wieder neu schaffenden einzelnen Räume. Zwangsläufig resultiert aus
den fast schon abrupten optischen Veränderungen eine Atemlosigkeit, die dem
Zuschauer ein Besinnen verwehrt, dadurch eine gewisse Langweile
aufkommt, da er schnell genug nicht folgen kann. Aber besser so, als
die unsäglichen Löcher zwischen den Szenen wie jetzt wieder beim
'Don Carlos' oder früher bei 'Mahagonny'. Die Kostüme von Frau
Erb in ihren Andeutungen zeitlos und für fast jedes Stück
gültig.
Der Beifall zur Pause als eine etwas ratlose Reaktion
zu werten, am Schluss herzlich, zeigte alle Mitwirkenden wie Michael
Heuberger als Horatio, Peter Papakostidis als Rosenkranz,
Oliver
Severin als Güldenstern, Valentin Stroh und Zbigniew Cieslar auch
als Totengräber und alle Statisten, gestaltet bis hin in die
geschlossene Applausordnung.
Der
Beifall weitete sich zur fast schon befreiend wirkenden
standing ovation, die diesmal sogar das Regieteam einschloss.
Nicht ganz ohne Gegenwind, aber diese Mischung am Ende der
La Traviata-Premiere nahm den heftig angefeindeten
Katalanen Calixto Bieito bei seiner dritten Inszenierung in
Hannover als Regisseur ernst - und nicht nur als
personifizierten Vorwand für den wütenden Sprung aus dem Anzug
bürgerlicher Contenance, weil Intendant Albrecht Puhlmann auch
in seinem zweiten Jahr unverdrossen bei seinem Kurs in
Richtung ambitionierte Gegenwärtigkeit der Oper
bleibt. Sicher schlagen die Abo-Kündigungen (4800 sind
drastisch) und Einnahmeminderungen an der Abendkasse zu Buche,
wenn kein Publikumsrenner gelingt (zu dem Bieitos Don
Giovanni nach der Anfangsaufregung immerhin wurde), machen
die Ein-Sparvorgaben, die sich jetzt für das Staatstheater auf
zwei Millionen Euro pro Jahr belaufen, Abstriche etwa bei der
Anzahl der Neuproduktionen unumgänglich und den Kampf um die
Rückgewinnung des Publikums zur Daueraufgabe. Aber schon,
dass im Ergebnis der gerade überstandenen Verhandlungsrunde
die leidigen Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes
abgefangen und nicht an das Budget des Staatstheaters
weitergereicht werden, ist ein Erfolg, der nicht mehr
allgemein üblich ist. Was auch daran liegen mag, dass
vergleichbare Häuser - wie die in Frankfurt, Köln oder
Stuttgart - fünf bis zehn Millionen Euro mehr zur Verfügung
haben. Auf die Dauer werden künstlerische Resultate und
Publikumsakzeptanz an diesen Häusern gemessen werden. Aber man
sollte nicht vergessen, dass heute erfolgreiche Häuser - das
Paradebeispiel ist immer noch Stuttgart - auch einige Jahre
für den durchschlagenden Erfolg gebraucht haben. Diesmal
jedenfalls gab es für Albrecht Puhlmann in Hannover einen
erste kleine Rendite für Geduld und Konsequenz. Bieito ist mit
Verdi und Traviata ganz bei sich und seinen Mitteln.
Wer allerdings den vordergründigen Skandal erwartete, wurde
enttäuscht. Er holt zwar die Melange von Sex und Geld ziemlich
rabiat ins Hier und Heute, doch welches offenherzige Jeder mit
Jedem (und Jede mit Jeder) schockiert schon noch, in Zeiten wo
Lilo Wanders im Fernsehen Swingerclubs durchtesten lässt.
Keine Spur von Tabubruch sondern Spiel mit dem medial
existierenden Bildervorrat. Bieitos drastischer Realismus,
der kaum eine mögliche Verlängerung musikalischer Emotion in
den körperlich motorischen Exzess auslässt, bietet nicht nur
stöckelnde Kerle und strapsbewehrte Weiblichkeit inklusive
Quicky zwischendurch und vorgeschnalltem Riesenphallus als
Party-Gag, sondern auch große Emotion und große Oper. Was
Bieito hier jenseits aller optischen Opulenz im Ernst
versucht, ist eine Verschiebung der moralischen Perspektiven
beim Blick auf die Figuren. Bewegt sich das beim verliebten,
verzweifelten, aufbegehrenden, dann am Boden zerstörten
Alfredo noch im Bereich der Erwartungen, so bleibt vom Vater
Germont (Trond Halstein Moe) nichts übrig, als ein Ausbund von
eiskalter Doppelmoral mit Smoking und Fliege. Ohne die
(ohnehin kaum nachvollziehbare) rehabilitierende Wende ins
Moralische des einsichtigen Vaters. Der kommt nur zu Violetta
zurück, weil er davon ausgeht, dass es eh bald ein Ende mit
ihr hat, und für den Notfall hat er das Scheckheft
dabei. Doch auch Violetta und ihre Freundin und (ziemlich
coole) Geschäftspartnerin Flora gehen nicht in der gewohnten,
edlen Größe durch. In ihrer luftigen, durchgestylten
Großraumsuite mit Privatclub-Ambiente (ein so offener wie
praktikabler Einheitsraum von Ariana Isabell Unfried und
Rifail Ajdarpasic) ist Sex ihr gemeinsames Geschäft. Und
Violetta zählt nach Feierabend die Scheinchen in die Kassette
unterm Sessel. Alfredo wird da mit seinem Sexappeal der
Unschuld zu einer zeitweise irritierenden Störgröße. Freilich
keine, die sie beim erzwungenen Scheitern des
Beziehungsexperimentes vernichten könnte. Ihre Lebensplanung
lässt, wenn sich's rechnet, sowohl den Ausstieg aus dem
eigenen Geschäft als auch den Wiedereinstieg, wenn was schief
geht, zu. Selbst eine mehr oder weniger freiwillige
Standortverlagerung ist da kein Tabu. Flora jedenfalls hat die
Flugtickets nach Rio bereits in der Tasche. Sie kann auch auf
die Schecks von Germont senjor mit wegwerfender Geste
verzichten. Wenn dann Violetta und Flora ihre
Todes-Krankheit nur für eine Videoaufnahme spielen und das
Aufleuchten der Utopie eines anderen Lebens in ihrer
Schlussarie zur Wahrheit eines starken Abgangs mit gepackten
Koffern und triumphierenden Lachen wird, dann kollidiert das
zwar mit der Erwartung eines tragisch schluchzenden
Bühnentodes, aber zugleich entflieht die Oper mit der
Schubkraft ihrer eigenen Utopie der Gefahr einer falschen
Gefühligkeit. Bieito hat dieser Oper eine neue,
wiedererkennbare Wahrheit verpasst. Nach dem ersten Akt fand
auch Enrique Mazzola zu einer dramatischen Geste, die
gleichwohl sehr sängerfreundlich blieb. Auch wenn Natalia
Ushakova erst allmählich einen gewissen Überdruck bändigen und
Schärfen in der Höhe glätten konnte. Insbesondere die Rolle
der Flora wurde durch Leandra Overmanns nie peinlich wirkende
Bühnenpräsenz (und die Übernahme von Alfredos Stretta)
deutlich aufgewertet. Will Hartmanns Alfredo bestand nicht nur
stimmlich, sondern vor allem mit seiner exzessiv ausgespielten
Emotionalität. Man darf wohl getrost davon ausgehen, dass
diese Traviata, ohne den drohenden Druck der
Publikumsdistanz, auch noch musikalisch reifen
wird. |
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Debatte über NS-Drama in
Erlangen |
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Nach einer öffentlichen Probe
des umstrittenen Theaterstücks «Die Wölfe» aus der
Feder des NS-Autors Hans Rehberg schließt
Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis
(CSU) eine Absetzung des Stückes weiterhin nicht
aus. Vor rund 120 Teilnehmern der Veranstaltung
äußerte Balleis Verständnis für die öffentliche
Kritik. Das Stück isoliert und ohne
Kontext in den Spielplan aufzunehmen, sei «sehr
gewagt» gewesen, kritisierte Balleis Versäumnisse
der Theaterleitung. «Die kritische Distanz des
Theaters muss vermittelt werden», forderte das
Stadtoberhaupt. Wenn dies nicht gelinge, müsse
eine Absetzung erwogen werden. Dies sei jedoch die
«ultima ratio». Die geplante Aufführung
des 1944 in Breslau uraufgeführten Stückes hatte
bundesweit Diskussionen ausgelöst. Der Publizist
und Holocaust- Überlebende Ralph Giordano hatte in
einem Protestschreiben an die Stadt die
Inszenierung als einen «Akt der Versöhnung mit den
Tätern auf dem Rücken der Opfer» bezeichnet und
die Absetzung gefordert. Nach der
öffentlichen Probe stellten sich Intendantin
Sabina Dhein und Regisseur Marc Pommerening der
Kritik. Beide räumten ein, sie hätten mit einer
öffentlichen Diskussion gerechnet. «Wir haben den
Diskurs gewollt, aber nicht auf dieser Ebene»,
sagte Dhein. «Man hätte», so die Intendantin
selbstkritisch, «im Spielplanheft auf die Brisanz
des Stückes hinweisen müssen.» Regisseur
Marc Pommerening, der dem Publikum
unterschiedliche Lesarten vorstellte, sprach von
einem «zwiespältigen Stück», das aber einmalig
sei: «Der Autor ist mittendrin.» Pommerening
betonte, es gehe ihm auch darum, zu zeigen, was in
dieser Situation mit Sprache passiert. Der
Regisseur sprach sich dafür aus, den Text für das
Publikum, das eine Aufführung mehrheitlich
befürwortete, allgemein zugänglich zu machen.
Unterdessen verteidigte Erlangens
Kulturreferent Dieter Rossmeissl in einem
Antwortschreiben an Giordano die Aufführung des
Stückes am 23. Oktober. Ohne Annäherung sei eine
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht
möglich. «Dazu ist es aber nötig, auch zu ihren
Hinterlassenschaften - seien sie architektonisch,
politisch oder literarisch - nicht in sicherer
Distanz zu bleiben», schrieb Rossmeissl.
Nach Angaben des Kulturreferenten habe
Giordano in einer weiteren Entgegnung deutlich
gemacht, dass er die Argumentation der Stadt und
des Theaters respektiere, sie aber weiterhin nicht
teile. Am 8. Oktober wird sich der Kulturausschuss
des Stadtrates mit der geplanten Aufführung des
Stückes befassen. |
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Verliert die Deutsche
Staatsoper unter den Linden Daniel Barenboim
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Die am vergangenen Dienstag
vom Berliner Senat beschlossene Opernstiftung für
eine gemeinsame Verwaltung der drei
Hauptstadt-Häuser stößt vor allem bei der
Staatsoper Unter den Linden auf Widerstand. Der
Vorsitzende des Fördervereins für die Staatsoper,
Peter Dussmann, befürchtet einen Weggang von
Generalmusikdirektor Daniel Barenboim. Dieser
werde in der Stiftung nicht einmal Rederecht
haben. «Weltstars können diese Situation nur als
Aufforderung verstehen, doch besser zu gehen»,
sagte der Mäzen in Berlin. Zuvor hatte auch
Staatsopern-Intendant Peter Mussbach die
Stiftungspläne heftig kritisiert. Dussmann
drohte, wenn der Senat die Stiftung als Dach für
alle drei Opernhäuser wie geplant durchsetze,
werde er «keinen Cent» mehr für eine Berliner Oper
spenden. In letzter Zeit habe er 1,2 Millionen
Euro für die Staatsoper bereitgestellt. Unter
einer Stiftung müsste die Lindenoper aber für die
Verluste der anderen beiden Häuser aufkommen.
Dussmann kritisierte auch die weit reichenden
Befugnisse des künftigen Stiftungs-Direktors.
Damit würden die Intendanten zu «Oberspielleitern
degradiert». Auch der Kultursenator werde in der
Stiftung über den Generaldirektor in die Opern
hineinregieren können. «Mehr Staatsnähe geht
nicht», kritisierte er. Der Berliner Senat
hatte am Dienstag die Opernstiftung beschlossen,
um die gegenwärtig bei rund 115 Millionen Euro
liegenden Kosten der drei Häuser zu senken. Das
Gesetz sieht vor, Staatsoper, Deutsche Oper und
Komische Oper bei künstlerischer Eigenständigkeit
verwaltungsmäßig und technisch zusammenzufassen.
Dazu ist auch ein Generaldirektor vorgesehen. Das
Stiftungsgesetz soll am 1. Januar 2004 in Kraft
treten. Staatsopern-Intendant Peter Mussbach
befürchtet, dass alle drei Opern durch die
geplante Stiftung ihr Profil verlieren könnten und
zudem der Politik direkter unterstellt seien. Er
warnte vor einem «Schlachtfeld um Kompetenzen und
Geld». |
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Eröffnungspremiere im Theater
Regensburg Don Carlos 26.9.03 |
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Ich kenne
Eure Macht .... Ihr kennt die meine nicht ! |
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Das Stück hieß Eboli und Posa -
der Abend gehörte Carola Guber und
Adam Kruzel. Beide mit Abstand
rollendeckend. Carola Guber vom leichten - eben
noch 'Rosina' - sich weiter entwickelnden Mezzo -
warm strömende Stimme, ohne Drü-cker, ohne zu
übergähnen, si-cher die hohe Lage, die
Spitzen-töne abgedeckt, perfekter
Regi-sterausgleich, im Spiel überzeu-gend,
die verschmähte Liebende. Und das war Adam
Kruzels Abend. Dieses betörend männli-che Timbre,
ideal für den italie-nischen Bariton, an Ettore
Basti-anini erinnernd, die Stimme satt in allen
Lagen - viel hat er den Regensburgern schon
geboten, aber das war das highlight. Der
hehre Malteserritter, stark in allen Szenen,
besonders im Ge-spräch mit Philipp. Das
Publikum
lauschte
atemlos. Neben den Beiden hatte es
Jo-hann Smari Saevarsson schwer, einen
Herrscher der Welt darzu-stellen. Zu erkennen,
dass er stimmlich erfreulich gewach-sen ist -
hat er in den Ferien viel russische Bässe gehört?
- trotz Jugend schon ganz profunde Tiefe
- es fehlt halt noch an szenischer
Ausstrahlung für einen König Philipp, in dessen
Reich die Sonne nie untergeht. Bei
Michael Doumas ist die Höhe im Leben des
90-jährigen Großinquisitors offensichtlich
verloren gegangen und in das bekannte Rufen der
Töne gewechselt, wobei eben diese aus dem
Körperklang, der Deckung herausrutschen. Die
Mittellage, die Tiefe akzeptabel und so war es
auch aufschlussreich, seinen Sarastro beim
Begrüßungsskonzert zu vernehmen. Hört die
Prinzipalin das nicht? Da hat der Intendant
eine - wie die MZ sie nannte - arrivierte
Sängerin an der Seite und der Intendant
engagiert den für Regensburg, der ohne ausreichend
Stimme auch noch Gesangsunterricht
erteilt. Faszinierend wie bei dramatisch
gewordenen Lyrischen sich das Vibrato auf die
Kinnlade über-trägt. Bei Gail Sullivan ist das
leider auch so zu bemerken. Aber sie schafft
schöne Dimi-nuendi und Crescendi, sehr schön
die Romanze Verabschie-dung der Gräfin von
Aremberg, gelegentlich zeigt sie als Elisabeth
unnötig forte. Doch sie verfügt über ein schönes
Timbre, die Töne nicht scharf, schön unterm Hut -
für Regensburg ist sie ein Gewinn. Nicht
nachvollziehbar sind als Regieeinfall die
Rangeleien auf dem Fußboden, wenn es auch nur
eine Spur von amour gibt. Egal wer, runter auf den
Boden, ist die Devise des
Regisseurs. |
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Klar ist jetzt auch, dass der
regie-führende Intendant ganz offensichtlich
Umbaupausen liebt, schon bei Mahagonny war das zu
beobachten. Das Publikum hat Zeit, hier beim
Carlos, bei geschlossenem Vorhang, nachzudenken,
während die Spannung nachlässt. Die Sänger
sind gezwungen, währenddessen sich durch Übungen
warm zu halten. Hauptsache, Dorin Kroll kann
ihre technisch diffizilen Büh-nenbilder
umbauen, wobei sich die Wirkung des Plafonds im
Laufe des Abends verschleißt. Ihre Kostüme
zeitlos, ohne großen Bezug zum Stück - die
Adjustie-rung des Großinquisitors allerdings
macht die Rolle zur Witzfigur - die Reaktion
des Publikums war ein-deutig. Warum lässt man ihn
auf Koturnen gehen, gerade klein-wüchsige Menschen
sind gefähr-lich ! Der Chor unter Direktor
Meh-lings Leitung, auffallend vollstim-mig,
szenisch allerdings bedenklich z.B. das Fächern im Takt
beim Schleierlied und beim Autodafé planloses
Wimmeln, mit Hütchen auf dem Kopf, gemäß Ascot:
'wo laufen sie denn', hier Ketzern
hinterherschauend. Zum Sänger der Titelfigur
wagt man kaum etwas zu sagen. Er kommt
über die Runden, aber es tut weh, wie
er sich bei schönem Timbre und
guter Bühnenpräsenz plagen muss.
Juuso Hemminki hat in den Ferien
offensichtlich geübt, aber es reicht nicht und wie
soll es weitergehen. Jetzt wartet schon der
Rodolfo zusätzlich wieder auf ihn. Bezeichnend wie
das Kehlige in der Stimmgebung bei ihm
verschwindet, singt er mit Adam Kruzel die
Posa-Carlos-Szenen. Gutes Vorbild erzieht zum
Guten.
Auch die kleineren Rollen ohne
Ausfälle besetzt: Der Mönch von Mikhail Kuldyaev,
die Stimme vom Himmel durch Mi Soon Jang, der
Herold von Victor Schiering, Graf Lerma von Brent
L. Damkier und Tebaldo von Ilonka
Vöckel.
Die neu gewonnene
Übertite-lungsanlage - Genickstarre ist auf den
teuren Plätzen in den ersten Reihen des Parketts
angesagt - schwieg häufig bei wichtigen
Stellen wie z.B. "[...] die Tat der ich euch zieh,
ich selber hab sie begangen.[...]" Nun ja,
allein was tut's.
Alles zusammengefasst:
Don Carlos in der 'Regensburger Fassung' -
musikalisch aufschlussreich - häufig
unsensibel grob und z.B. laut beim Schleierlied
durch Guido Johannes Rumstadt - und wenn der
Zuschauer sich seinen Teil denkt:
'interessant', was so im Kopf eines
Regisseurs in Bezug auf die Szene vor sich
geht.
In jedem Fall die Empfehlung:
Hingehen, ansehen, anhören - eigene Meinung
bilden. |
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21.9.03 Eröffnung der Spielzeit im
Theater Regensburg |
Begrüßungskonzert |
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Weiter
so! Und wenn das beherzigt und die
Stimmung so über die Spielzeit weitergetragen
wird, dann bleibt Applaus nicht aus. Wir
wollen es aber nicht beru-fen. Das Theater
Regensburg bot einen Gang durch durchs
Re-pertoire. Musiktheater mit Oper und Operette,
Schauspiel, Bal-lett - alle Sparten durften sich
zeigen, taten es mit großem Eifer und überzeugten
das ausverkaufte Haus. Erstaunlich, mit welchem
Beifall das fast totgesagte Ballett überschüttet
wurde. Gehört doch auch der Tanz zum
Kulturauftrag, selbst wenn auch mal 'Bodenturnen'
bei einer Inszenierung herauskommt. |
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Der GMD "sieht finster drein". Bei ihm
lang die musikalische Lei-tung und beim vom
Intendanten Pforzheim-lich hinzuengagierten ersten
Kapellmeister, Georgios Vranos. Wenn dessen
Strahlen gegenüber dem Publikum so auf der Bühne
ankommt, macht im Musiktheater alles doppelt so
viel Spaß. Eine besondere Freude bereitete
Ernö Weil dem Publikum durch die für alle
überraschende Verpflich-tung von Berthold Gronwald
als Kaiser Franz Josef im weißen Rössl. Was soll
Berthold Gronwald, dieser Vollbluttheatermann, als
Pensionär auf der Bank im Park sitzen. Auf die
Bühne mit ihm und auf seine Extempores geachtet
!!! Toi, Toi, Toi - allen auf und hinter der
Bühne für 2003/2004. |
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Theaterfest |
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"Gäste
kamen und Gäste gingen". Es war ein
ständiges Kommen und Gehen. Man strömte trotz oder
wegen des Wetters zum Theaterfest. Regensburg
giert nach der Eröffnung der neuen Spielzeit. Lang
genug war Pause. Die Theatermacher hatten sich
schon in der Vorprobenzeit et- was einfallen
lassen, das dem Publikum in der neuen Spielzeit
präsentiert werden soll. Ernö Weil stellte mit
Dorin Kroll sein Konzept für Don Carlos vor,
das Stück mit den meisten Verlierern. Die
katholische Kirche obsiegte damals und ist mit
ihren Dog-matikern heute noch immer am Werk. Jetzt
besteht zumindest die Möglichkeit zum Kirchenaus-
tritt. |
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Das hätte 1560 zum Verbrennen auf dem
Scheiterhaufen geführt.
Bleiziffer, der
Begeisterer, er- schien mit einem Teil des Schau-
spiel-Ensembles, um den Lau- schern zu bekennen,
er habe 'Hamlet' noch nie gesehen. Ja, ja, sind
halt a so die Schauspielleut. Für 2003/04
wurde das Gesamt-ensemble aufgefüllt. Was man
jetzt sah und hörte, lässt hoffen, dass es
aufwärts geht mit dem Regensburger Theater.
Vielleicht hat Ernö Weil nun nach der
ersten Spielzeit Tritt gefasst. Es wäre ihm, der
Mannschaft und der Stadt zu wünschen. Wenn der
Herr Intendant nur nicht immer mit so
miesepetrigem Gesicht rumliefe. Vielleicht erhei-
tert er sich ja mit zunehmenden
Erfolgen. |
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Text
der Theaterdramaturgie Vorhang auf zur neuen
Spielzeit Mit einem Theaterfest am
Sonntag, 21. September, lädt das Theater
alle Neugierigen, Theaterfreunde, und solche, die
es werden wollen, ins Theater am Bismarckplatz.
Bei freiem Eintritt ist umfangreiches Programm für
Jung und Alt geboten.
Hereinspaziert heißt
es um 11 Uhr - und wer vom Bismarckplatz
aus kommt, wird von Bläsern des Philharmonischen
Orchesters musikalisch zur neuen Theatersaison
begrüßt.
Dann geht es rund: In der
Kutschendurchfahrt gibt es ganztags Informationen
aller Art und qualifizierte Gesprächspartner. Am
Abo-Stand besteht zur persönlichen Beratung die
Möglichkeit, Ihren künftigen "Stammplatz" im
Theater auszuprobieren. Wer beim Theaterfest
abonniert bekommt pro Abo-Platz zwei
Eintrittskarten für die Reihe "Lieder um fünf"
oder die "Kammerkonzertreihe" gratis
dazu!
Um 11.15 Uhr steht im
Foyer Neuhaussaal die Matinee zur
Eröffnungspremiere "Don Carlos" an - GMD
Rumstadt, Intendant Ernö Weil und
Ausstattungsleiterin Dorin Kroll geben Einblicke
in die Konzeption des Werkes. Natürlich dürfen
musikalische Kostproben nicht fehlen.
Bei
der Kinder-Malaktion zum diesjährigen
großen Kinderstück "Eine Woche voller Samstage"
kann man den ganzen Tag über im
Studienleiterzimmer mitmachen. Um 11.30
Uhr sind hier die Schauspieler Bettina
Schönenberg, Ulrike Lodwig und Oliver Severin zu
erleben, die aus dem "Sams" vorlesen
werden.
Auf der Bühne zeigt das
Ballettensemble von Ricardo Fernando ab
12 Uhr ein Ballett-Training und
Ausschnitte aus dem ersten großen Ballettabend der
Spielzeit, dem "Nussknacker" von Peter Ilijtsch
Tschaikowskij - am Nachmittag haben um 15 Uhr
tanz- und bewegungsfreudige Kinder Gelegenheit,
selbst bei einem Training mitzumachen, denn das
Theater sucht noch "Ballett-Mäuse" im Alter von
8-11 Jahren für die Aufführungen des
"Nussknacker".
Immer wieder zieht die
Bühnentechnik die Theaterbesucher in Bann.
Beim Theaterfest kann man erst mal schauen und
staunen, und dann beim Gang auf die Bühne alles
ganz genau in Augenschein nehmen. "Technik total"
bieten Kollegen von Technik, Ton und Beleuchtung
um 13.15 Uhr und um 14 Uhr.
Zu den
Highlights eines Theaterfestes gehört immer wieder
eine Kostümversteigerung. Lassen Sie sich von
Michael Heuberger zum Kauf der wunderbarsten
Kostüme verleiten! |
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Vieles
wird auf der Probebühne geboten: Wer schon alle
Vorurteile, die er je über Theater gehegt hat,
bestätigt sehen möchte, der ist richtig bei
Probe-Ausschnitten von "Gretchen 89 ff.",
das Variationen von "Faust"-Proben auf die Schippe
nimmt. Mit Silvia Schuh und Hubert Schedlbauer um
12 Uhr und um 14.30 Uhr.
Der
neuengagierte Theaterpä-dagoge lädt die
kleinsten Theaterbesucher (ab 3 Jahren) um 15
und um 16.30 Uhr zum Klang-Workshop zu
"Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm"
ein.
"Die Präsidentinnen" machen vor
nichts halt, auch nicht vor
den Publikumstoiletten - eine Werner Schwab
Lesung um 13.30 Uhr, um 14.30 Uhr und um 15.30
Uhr!
"Gershwin, Porter and Friends"
kann man um 14 Uhr im Foyer Neuhaussaal
treffen - und die neuengagierte Sängerin Gail
Sullivan und Korrepetitor Josef L. Trafton
kennenlernen, Dramaturgin Christina Schmidt
moderiert.
Michael Bleiziffer und Bühnen-
und Kostümbildnerin Ingrid Erb stellen das
Hamlet-Konzept um 15 Uhr im Foyer
Neuhaussaal vor. Mit dabei alle neuengagierten
Schauspieler, sowie Danielle Clamer und Peter
Heeg.
Michael Haake, der sich in Regensburg
mit dem "Hamlet" vorstellen wird, gibt
Abonnenten um 17.15 Uhr darüber hinaus eine
ganz ungewöhnliche Gelegenheit auf der Probebühne:
Einmal den Hamlet so inszenieren, wie Sie es sich
vorstellen - der Hauptdarsteller steht mit
gelerntem Text zu Ihrer Verfügung: Sein oder
Nicht-Sein!
Rosemarie Beisert verführt mit
frechen Berliner Chansons und
Christian Ballhaus lädt wieder ein zu Ihrem
ganz persönlichen Gedicht - diesmal in der
Fürstenloge des Theaters.
Zum Abschluss des
Tagespro-grammes werden auch dieses Jahr "Die
Zofen" in der Publikumsgarderobe unplugged
aufspielen! Alle Tagesprogramme sind
kostenlos!
Die Theatergastronomie
"Dal-bergs" versorgt Sie zu
familien-freundlichen Preisen.
Um 20 Uhr
(nicht wie teilweise angekündigt 19.30 Uhr)
beginnt das Willkommenskonzert (Einheitspreis 9
Euro) im Theater am Bismarckplatz
-
Kostproben der bevorstehenden Premieren,
Schauspiel, Ballett, Musiktheater, der Opernchor
und das Philharmonische Orchester unter der
Leitung von GMD Rumstadt und dem neuengagier-ten
1. Kapellmeister Georgios Vranos freuen sich auf
Sie!
Text der Theaterdramaturgin
Friederike Bernau |
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Zum
Archiv
2002/2003
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Wir veröffentlichen unsere Meinung zu Themen, die unser Leben, auch unser
Kulturleben, regional und überregional, betreffen.
Wir kommentieren Dinge des
Zeitgeschehens, ob es sich um Politik oder Veranstaltungen aller Art handelt.
Wir
verstehen unsere Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf nach unserer Meinung zu Geglücktem oder Misslungenem.
Neben
Sachaussagen enthalten unsere Texte auch Überspitztes und Satire.
Für diese nehmen wir
den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch.
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